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Alien Earth - Phase 1

Titel: Alien Earth - Phase 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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bemühte seine Fantasie vergebens, das Mädchen lief ihm nicht über den Weg. Daraufhin überlegte er und änderte seine Strategie: Er sicherte die Tür der Werkstatt mit einer Elektrofalle. Alles, was er fing, waren Mäuse. Auf diese Weise kam er Blitz nicht bei. Wieselflink überlegte weiter und besann sich schließlich auf das, was er am besten konnte: flitzen.
    Blitz’ »Buh!« war sein Startschuss. Wieselflink ließ fallen, was er in diesem Moment in den Händen hielt, schnellte ohne sich umzusehen hoch und stürzte in die Richtung des Rufs. Wie eine Schlange, die auf ein Kaninchen zuschoss. Bildete er sich ein. Doch alles, was er sich einhandelte, waren mehr blaue Flecken, als er zählen konnte, und einmal - ein einziges Mal! - ein Fetzen ihres T-Shirts zwischen den Fingern und der Anblick von Blitz, die auf ihren dürren Streichholzbeinen davonsprintete.
    Es war ein ungleicher Kampf. Blitz hatte den Vorteil der
Überraschung, sie war wendig und geschickt, ein Fliegengewicht, welches das seine noch weit unterbot. Eine geborene Sprinterin. Dennoch, Wieselflink war sich sicher, sie nach hundert, spätestens zweihundert Metern einholen zu können - wenn er sie nur zur Verfügung gehabt hätte. Doch im Zug gab es keine ununterbrochene Strecke, die viel mehr als zwanzig Meter gemessen hätte. Dann war der Wagen zu Ende, wartete eine Tür und der unvermeidliche Posten aus Gardisten.
    Die Posten schienen ausnahmslos auf Blitz’ Seite zu stehen. Keiner machte Anstalten, das Mädchen aufzuhalten. Im Gegenteil, sie rissen die Türen für sie auf, verstellten anschließend Wieselflink den Weg und schüttelten sich vor Lachen, wenn er versuchte, sich an ihnen vorbeizudrängen, mit rotem Gesicht und schimpfend. Wieselflinks Jagd brachte Aufregung und Unterhaltung in ihren eintönigen Dienst, und sie dachten nicht im Traum daran, sich selbst den Spaß zu verderben, indem sie ihm das Mädchen auslieferten. Nicht ohne Not. Und Not bestand keine, denn Fischer ignorierte Blitz hartnäckig.
    Wieder etwas, das Wieselflink nicht verstand. Fischer, der penible Perfektionist, der wie ein Getriebener selbst den winzigsten Abweichungen vom Großen Plan nachging, ließ es zu, dass ein Kind durch den Zug streunte und trieb, was ihm gerade einfiel. Blitz tanzte ihm, dem Bordelektriker Wieselflink, dem gesamten Großen Pack auf der Nase herum. Wie konnte Fischer das zulassen? Es wollte einfach nicht zu ihm passen. Oder übersah Wieselflink etwas? Er kam ins Grübeln, nachdem er wieder einmal vergeblich versucht hatte, Fischer davon zu überzeugen, dass er das Mädchen von den Gardisten einfangen ließ. Da war ein Zögern gewesen, eine winzige Unsicherheit, als wäre Fischer nicht ganz wohl bei dem, was er tat, aber als könnte er nicht anders. Was mochte der Grund sein? Wieselflink versuchte, sich in Fischer zu versetzen.
    Fischer war ein alter Mann. Hätte sein Leben nicht eine üble Wendung genommen, würde er jetzt draußen seinen Ruhestand genießen. Wieselflink brauchte nicht viel Fantasie, um
es sich vorzustellen: Fischer hätte vorgesorgt, er besäße ein Haus mit einem großen Garten, aus dem er sich ernährte. Und in den Pausen und an den Abenden würde er sich ausruhen, zufrieden auf ein erfülltes Leben zurückblicken und sich an seinen Enkeln freuen. Ja, das wäre Fischers Leben draußen. Doch Fischer hatte es unter die Bahnnomaden verschlagen. Er hatte nicht aufgegeben. Er hatte sein altes Leben hinter sich gelassen und sich ganz auf das neue konzentriert. Er hatte es zu etwas gebracht im Großen Pack, wahrscheinlich so weit man es nur bringen konnte; über den Zugführern stand nur Wolf persönlich. Das Große Pack stellte seine neue Familie, seine Angehörigen, seine Kinder. Und Blitz … vielleicht sah er sie als die Enkelin, die ihm verwehrt geblieben war, die sein Abstieg zu den Bahnnomaden ihm genommen hatte. Es passte. Blitz gab ihm etwas, nach dem er sich sehnte.
    Deshalb schützte Fischer sie, ohne mit dem Großen Plan in offenen Konflikt zu geraten: indem er beide Augen zudrückte. Ja, das musste es sein. Einfach eigentlich. Wie meistens, wenn man sich die Mühe gab, etwas zu durchdenken. Und beruhigend. Fischer schien ihm mit einem Mal auf ein menschliches Maß geschrumpft. Das Große Pack, die Lange Reise, Sigma V - trotz der ganzen großen Worte war Fischer letzten Endes nur ein ganz gewöhnlicher Nomade. Jemand, der sein »Früher« nicht hinter sich lassen konnte, auch wenn er so tat. Trotz der neuen Namen,

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