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Alien Earth - Phase 2

Titel: Alien Earth - Phase 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Borsch
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hinsehen.«
    Melvin tat es.
    »Sei ehrlich, ist er nicht hässlich?«
    Melvin nickte. Ja, das war er. Aber warum eigentlich? Für sich genommen, waren die einzelnen Teile des Smarties nicht hässlich. Gut, das große Gesicht war einfältig, das Grau, welches die Haut unter Lichteinfall annahm, wirkte ungesund - aber das war es nicht, was dahintersteckte. Es war … ja, es war die Kombination aller Teile. Es war, als hätten die Designer sich bedient, wo es ihnen gefiel. Hier ein wenig Robbe, dort etwas Otter. Hier mehr Fisch, dort etwas Kuh. Hier ein paar Flossen, dort Arme. Alles in einen Topf geworfen, umgerührt, eine winzige Prise Mensch hinzugefügt - für den beschränkten Verstand - und warm serviert.
    »Smarties haben von so vielem etwas«, sagte Eric. »Das macht sie so hässlich. Und so stark. Sie halten den Druck der Tiefe aus. Die 600 oder 800 Meter, die wir hier am Hydrate Ridge erreichen, sind noch weit entfernt vom Limit. Sie können tiefer, viel tiefer. Und sie können oben leben. Ihre Designer
haben ihnen Kiemen und Lungen mitgegeben. Sie sind schnell und wendig und kräftig und ausdauernd und wahrscheinlich klüger, als wir denken. Klar, andere Tiere sind schneller, wendiger, kräftiger, ausdauernder, und zumindest wir sind definitiv klüger als sie. Aber das macht nichts. Es ist die Summe ihrer Teile, die die Smarties ausmacht. Nimmt man alle zusammen, dann sind sie die konkurrenzfähigste Spezies, die es jemals auf der Erde gegeben hat. Die Natur hat es in Milliarden Jahren nicht geschafft, etwas auch nur annähernd Vergleichbares hervorzubringen, und wahrscheinlich wird sie es auch in den Milliarden, die ihr noch bleiben, bis die Sonne sich aufbläht und die Erde verschluckt, nicht hinkriegen. Und wir Menschen, was haben wir getan? Wir haben keine zehn Jahre dazu gebraucht. Wir sind Gott. Und wir sind es nicht. Denn Gott liebt seine Schöpfungen. Wir sehen auf die unseren herab, geben ihnen Spottnamen wie ›Smarties‹, belächeln oder verachten sie. Oder nehmen sie einfach nicht wahr. Sie sind tote Dinge für uns. Wie Gläser, aus denen wir trinken. Fällt uns eines herunter, ärgern wir uns kurz über unsere Ungeschicklichkeit, kehren die Reste weg und holen uns ein neues.«
    Wenn Pinedo nicht flickte, neigte er dazu, mit dem Kreuz in der Hand zu philosophieren. Das war ein weiterer Grund, weshalb die Häftlinge ihn mieden. Für Melvin, der niemals an einen Gott geglaubt hatte, war es der Grund, seine Nähe zu suchen. Pinedo dachte nicht wie er, aber wenigstens dachte er.
    »Bettie ist so ein Mensch. Sie denkt sich nichts dabei, dir Befehle wie diesen«, er zeigte auf den bewusstlosen Smartie, »zu geben. Sie ist blind. Der Smartie ist für sie nur ein Ding. Dabei kann sie sehen. Hast du gewusst, dass sie Familie hat? Vierlinge. Sie ist bei der Geburt beinahe draufgegangen. Als sie nach einer Woche wieder bei sich war, war ihr Typ davon. Einen anderen hat es seither nicht gegeben. Wer will sich schon vier Gören ans Bein binden? Bettie hat es allein geschafft. Für ihre Kinder gibt sie alles. Für sie ist sie hier heruntergestiegen. Die Prämien sind üppig, solange eine Schürfstation
ihre Quote erfüllt. So üppig, dass man sogar vier Kindern die Eliteuni bezahlen kann …«
    Der Arzt zog die Hand, die den Smartie gestreichelt hatte, mit einem Ruck zurück. Er schüttelte den Kopf, als habe er eben erst gemerkt, was er gesagt hatte, dann langte er nach dem Tragegeschirr des Smarties, das er gelöst hatte.
    »Aber das bleibt unter uns, verstanden?« Er klickte die Schnallen des Geschirrs wieder ein. »Wenn Bettie mitbekommt, dass ich …« Der Arzt brachte den Satz nicht zu Ende. Er klickte die letzte Schnalle zu und sagte: »Der Bursche ist wieder so gut wie neu. Sieh zu, dass er in den nächsten Tagen nicht zu hart arbeitet, dann ist die Sache bald vergessen.« Er gab dem Smartie einen abschließenden Klaps und wollte sich abwenden.
    Da löste sich aus einer der Taschen des Geschirrs ein dunkler Umriss, und etwas klatschte mit einem nassen »Pleng!« auf den Boden. Eric beugte sich vor, um es aufzuheben. Er führte die Bewegung nicht zu Ende.
    »Eric, was ist los?«
    Melvin ging um den Tisch herum. Vor ihm auf dem Boden lag ein Kreuz. Es war unterarmlang und aus Plastik; ein Jesus hing daran. Nackt bis auf einen Lendenschurz, aber ohne den Bart und die Dornenkrone, ohne die ein Jesus nach Ansicht von Melvin - einem Atheisten, der Besseres mit seiner begrenzten Lebenszeit hatte anfangen

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