Alien Earth - Phase 2
wollen, als sich mit absurden Glaubensschulen abzugeben - nicht auskam. Das Kreuz leuchtete von innen heraus, als wäre es eine Laterne.
»Eric, was ist? Was hast du?«
Der Arzt zog sein Kreuz unter dem Hemd hervor, küsste es und bekreuzigte sich. Er flüsterte ein lautloses Gebet.
»Was hat das zu bedeuten?«
Der Arzt wich zurück, ohne den Blick von dem Kreuz abzuwenden. Er war totenbleich, tastete nach Gummihandschuhen, streifte sie über. Mit einer Hand nahm er eine Zange, mit der anderen suchte er nach einem der druck- und wasserdichten Behälter, in denen Medikamente von oben geliefert wurden.
»Eric, sag doch etwas! Was hast du? Das ist doch nur ein gewöhnliches Kreuz. Ramsch, wie man ihn überall in den Läden entlang der Küste kaufen kann!«
Pinero beachtete ihn nicht. Er beugte sich über das Kreuz, nahm es mit der Zange auf und legte es in den Behälter. Es passte knapp. Er verschloss den Deckel, erhob sich und wandte sich zu Melvin.
»Du hast nichts gesehen, hörst du? Nichts .« Der Arzt stellte den Behälter in den Medikamentenschrank und schloss ihn ab. Zweimal. »Und jetzt verschwinde mit deinem Smartie. Die Burschen können in der Luft leben, aber im Wasser fühlen sie sich wohler.«
Melvin machte einen letzten Versuch. »Eric, ich …«
»Halt den Mund verschwinde! Habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt, Häftling Siukovich?«
»Doch, Sir!«
Melvin stellte sich schwerfällig zu dem Smartie auf die Plattform. Noch während er den Tauchhelm verriegelte, senkte sie sich ins Wasser. Das Letzte, was er sah, bevor die Tiefsee über ihm zusammenschlug, war, wie der Arzt sich bekreuzigte, dabei eine neue Flasche aus seinem Vorrat nahm und sie an die Lippen setzte.
Helden der Menschheit:
HERO*
• Profil: der U-Boot-Fahrer der Strawberry Bitch . Als erster Mensch ist er der Alien-Insel auf den Grund gegangen - allein in seinem winzigen U-Boot!
• Gegenwärtige Aktivität: Hero hat eine neue Heimat gefunden. Die Tiefsee, die Aliens - sie erfüllen seine Sehnsucht nach einem Jenseits im Diesseits. Mit Hochdruck arbeitet er daran, sich dort einzurichten.
• Herkunft: Hero - das ist nicht sein ursprünglicher Name, und lange hat Hero sich dagegen gesträubt, als »Held« bezeichnet zu werden. Hero erfüllt lediglich seine Pflicht. So wie es seine Familie tut, die seit Jahrhunderten erst dem Shogunat, anschließend dem Tenno und schließlich der Präsidialautokratie diente, die Japan nach dem Super-GAU von Monju vor dem Bürgerkrieg bewahrte.
• Stärken: In der Ruhe liegt das Geheimnis seiner Kraft. Hero handelt stets wohlüberlegt und unauffällig.
• Schwächen: Seine Schweigsamkeit wird oft als Schwäche missgedeutet. Hero wird unterschätzt - und das ist seine Stärke.
• Tipp: Hero ist die unerschütterliche Säule, auf der du dein Spiel aufbauen kannst!
* Erfolg bringt nicht nur Freunde. Aus diesem Grund nennen wir Heros Nachnamen nicht. Das Bild ist eine künstlerische Impression.
- Karte aus dem Trading-Card-Game »Our Alien Earth«, Subset »Strawberry Bitch forever!«. Herausgeber Human Company Press, Freetown, Januar 2066
KAPITEL 26
Wilbur brannte.
Behütet von der irrlichternden Luftblase seines Kokons, eingeschlossen in einen Schacht aus Tausenden von schwarz verbrannten Alien-Artefakten, sank er nach unten, gemächlich, aber beharrlich vom Gewicht seines Rucksacks in die Tiefe gezogen. Eine Schwimmbewegung genügte, und er berührte die von der Reibungshitze glatt geschmirgelte Oberfläche eines Artefakts. Noch vor einem Jahr hätte er alles dafür gegeben, in die Nähe eines Artefakts zu kommen. Jetzt umgaben sie ihn, und wenn er wollte, musste er nur nach einer der Führungsschienen des Schachts greifen und sich daran festhalten, um ein solches Artefakt in aller Ruhe im Licht seiner Luftblase zu ergründen. Niemand würde ihn dabei stören. Der Schacht war verlassen, sich selbst überlassen, bis zu dem Tag, an dem er den Aliens als Fahrstuhl dienen würde.
Bis dahin gehörte der Schacht Wilbur.
Sanft glitt er in die Tiefe. Der Schacht schien endlos, war es aber nicht. Es gab keine Beleuchtung. Keiner benötigte sie, weder Alien noch Mensch. Die Kokons, die es ihnen erlaubten, im Wasser zu überleben, spendeten genug Licht, damit sich ein Individuum in der Tiefe nicht selbst verlor, und das genügte. Ihr Leuchten war nicht mehr als ein Nebenprodukt des Prozesses, mit dessen Hilfe der Kokon den Sauerstoff, der ihren Träger am Leben erhielt, aus dem
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