Alien Earth - Phase 2
ich habe dir schon so viele Karten gebracht. Hunderte. Und keine von ihnen hast du eindeutig als ihre erkannt. Woher willst du es so genau wissen, dass sie nicht …«
»Ich spüre es«, sagte Rodrigo. »Und bald werde ich es wissen. Ich ziehe Erkundigungen ein.« Bald. Bald würde ihr Plan so weit sein. Rodrigo arbeitete daran.
»Bist du dir sicher?«
»Ja. Ich bin auf eine Spur gestoßen. Ihr Weg … in einer Woche habe ich vielleicht schon Klarheit. Ich stehe vor dem Durchbruch.« Bald. Bald hieß in einer Woche. Rodrigo schüttelte sich. »Mir ist kalt. Ich gehe wieder zurück.« Er kroch auf allen vieren zum Wasser, als wäre er tatsächlich eine Schildkröte. Am Rand machte er Halt. »Gehst du auch zu Hero?«
Wilbur nickte.
»Richte ihm einen Gruß aus. Ich würde ihn gern wiedersehen.«
Mit einem Gleißen baute sich der Kokon um Rodrigo auf, als er in das dunkle Wasser glitt. Wilbur sah ihm hinterher. Langsam wurde aus dem Menschen ein leuchtender Punkt, dann ein Stern. Und irgendwann verschluckte die Schwärze den Stern.
Es ist furchtbar, recht zu behalten.
»Aufhören!«, haben sie gejammert, als das Haupthaus aus den Nähten platzte. »Es reicht!«, als das Nebenhaus niemanden mehr aufnehmen konnte. »Wozu das alles? Wir sind längst genug, um jeden Weltuntergang zu bestehen!«, als das zweite Nebenhaus nicht mehr ausreichte.
»Lasst euch nicht täuschen!«, habe ich dagegengehalten. »Die Katastrophe kommt. Die Menschheit kann so nicht weitermachen. Es ist unmöglich. Wir müssen viele sein, so viele wie nur möglich! In der Vielzahl liegt unsere einzige Chance.«
Sie gehorchten, aber ich spürte ihren Widerwillen. Sie wurden aufsässig, sorglos, hochmütig. Manche begannen sogar, mich hinter meinem Rücken zu verlachen. Als münde aus der Tatsache, dass wir diesen Tag überlebt haben, eine Gewähr, dass wir den nächsten überleben würden.
»Bleibt demütig! Bleibt wachsam!«, habe ich ihren tauben Ohren gepredigt. »Wappnet euch für das Übel!« Sie lachten mich aus, nannten mich einen ängstlichen, alten Mann.
Bis gestern.
Unsere Gemeinschaft ist um 26 Seelen ärmer. Drei von ihnen wurden von den Entführern ermordet, als sie sich zu wehren versuchten. Die Übrigen wurden auf den Feldern zusammengetrieben und mit vorgehaltenen Gewehren weggezwungen. Seitdem ist es ruhig geworden in unseren Häusern. Niemand lacht mehr, niemand spricht mehr. Die Gedanken aller weilen bei den Entführten. Werden sie je zurückkehren?
Das werden sie nicht. Ich bin ein alter Mann, ich habe viel gesehen. Ich habe den Entführern in die Augen gesehen. Sie wollten mich nicht. Sie wollten die Ernte unserer Mühen. Die Entführer haben uns die erste, selbst gezogene Generation genommen. Die Saat, aus der viele weitere Generationen hätten wachsen sollen.
Es ist, als hätten sie einen Teil von mir selbst genommen. Was sie haben. Acht der Brüder und Schwestern habe ich selbst gezeugt, sind Fleisch von meinem Fleisch. Es ist ein furchtbarer Schlag. Mehr als ein Mensch ertragen kann. Aber ich muss ihn ertragen. Unsere Gemeinschaft schaut zu mir auf, wie sie es vom ersten Tag an getan hat. Fällt mich dieser Schlag, fällt er uns alle. Ich muss durchhalten, weitermachen. Dieser Schlag ist nicht das Ende unserer Überzeugungen, er ist eine Bestätigung.
Noch in dieser Nacht werde ich die Runde unter den Frauen machen, Trost und neues Leben spenden. Es ist furchtbar, recht zu behalten.
- Aus dem Tagebuch Natans des Fruchtbaren, Gründer und Vorsteher der Kommune Lebensquell. Eintrag vom 17. 7. 2066
KAPITEL 27
»Wozu haben Menschen Haare?« Ghi strich sich mit einer Hand über den Schädel, mit der anderen Hand fasste sie sich an den Schritt. Im Berg hatte man den Aliens und Paul alle Haare abrasiert. Aus hygienischen Gründen hatte es geheißen. Jetzt, drei Wochen später, sprossen sie wieder. Es war nicht zu übersehen. Und es juckte und kratzte unerträglich.
»Und wieso haben Menschen sie nur an bestimmten Stellen?«, fuhr Ghi fort. Sie und Paul saßen im Schatten eines Baums am Rande der Lichtung, wie meistens. Es war Ghis Lieblingsplatz, man hörte den Bach rauschen, hatte Anteil an der Geborgenheit, die der menschengemachte Wald versprach, und hatte gleichzeitig freie Sicht. Zumindest erklärte sich Paul so ihre Vorliebe, Ghi hatte ihm ihre Gründe nie dargelegt. Ihre endlosen »Wozu/Wieso/Warum?«-Fragen ließen keinen Raum dafür.
»Die Brauen …«, Paul fuhr sich
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