Alien Earth - Phase 2
kämpft gegen die Krankheit an.«
»Das heißt, das hier ist nur eine Phase, und sein Körper wird wieder gesund werden?«
»Wahrscheinlich ja.«
»Wieso ›wahrscheinlich‹? Siehst du es ihm nicht an?«
»Nein, ich bin kein Arzt. Ich kann nur Vermutungen anstellen. Mit etwas Glück hat er sich einen einfachen Infekt geholt. Das ist normal. Jeder Mensch holt sich ab und zu einen.«
»Und dann fallen euch die Haare aus?« Ghi öffnete ihre Hand; ein Teil der kurzen Haare fiel auf den Boden, ein Teil blieb an ihren Fingern hängen.
»Nein, das muss einen anderen Grund haben. Vielleicht fehlt uns ein wichtiger Bestandteil der Nahrung, ohne dass wir es wissen. Vielleicht enthält unsere Nahrung etwas, das krank macht. Der Wald ist experimentell. Vielleicht sind es auch die Nachwirkungen der Monate im Berg. Vielleicht die Kombination von mehreren Dingen.«
»Aber sind Menschen nicht in der Lage, Krisensituationen zu überleben?« Ghi streifte sich mit der anderen Hand Ihemes Haare von den Fingern.
»Doch, aber die ›Krisensituation‹ hat sehr lange angedauert. Und außerdem sind eure Grundlagen nicht die besten. Ihr lebt in den Körpern von Überschussmenschen. Das sind Menschen, die von der Mehrheit ihrer Mitmenschen verstoßen worden sind.«
»Wieso das?«
»Weil sie nicht funktioniert haben, wie man es von ihnen erwartet hat. Sie waren krank, zu langsam, zu gebrechlich, zu dumm oder ungebildet, um für mehr als einfache Arbeiten zu taugen, sie waren drogenabhängig oder was auch immer. Man hat sie in Züge gesperrt, um sie aus dem Weg zu haben. Ab und zu hat man sie zu Arbeiten eingesetzt, um einen Wert aus ihnen herauszuholen, aber die meiste Zeit hat man sie einfach sich selbst überlassen. Wolf hat sie gerettet. Er hat ihnen einen neuen Lebenssinn gegeben. Ihre Seelen sind jetzt auf Sigma V...« Paul machte eine Pause, wartete darauf, dass Ghi in irgendeiner Weise auf den Namen reagierte. Sie tat es nicht.
»Sie sind weg, und ihr habt ihre Körper bekommen. Die Körper von Gezeichneten, von Verbrauchten. Es ist kein Wunder, dass sie krank werden. Im Gegenteil, es wäre ein Wunder, wenn sie es nicht täten.«
»Schlafen hilft ihm, nicht?«, fragte Ghi.
»Ja.«
Sie nickte, stand auf und führte ihn zurück an ihren Platz am Bach. Sie fragte ihn nach Finger- und Zehennägeln und warum sie so weich waren, dass sie abbrachen, sobald man sie benutzte, und wieso sie ihren Kopf nicht so weit drehen konnte, dass sie nach hinten sah, und weshalb ihre Zunge nicht lange genug war, sich die Nasenlöcher frei zu lecken … immer weiter, in ihrer üblichen Sprunghaftigkeit, als sei nichts geschehen.
Aber Paul spürte, dass es nicht so war. Ghi hörte seinen Antworten kaum zu, einmal verlor sie sogar den Faden und stellte ihm dieselbe Frage ein zweites Mal.
Etwas beschäftigte Ghi.
Und als es Zeit für Paul war, in die Küche zu gehen und für die Aliens zu kochen, platzte es aus ihr heraus.
»Diese Krankheit, dieser Infekt. Du sagst, jeder Mensch bekommt ab und zu einen.«
»Ja.«
»Ist er ansteckend?«
»Ja.«
Am nächsten Morgen lagen fünf weitere Aliens neben Iheme auf dem Boden, zu schwach, um mehr als ein gelegentliches Stöhnen von sich zu geben. Am Morgen darauf waren es elf geworden, am nächsten Morgen 23 - und Paul und Marita wurden vom Schlagen der Tür aus dem tiefen Schlaf gerissen, in den sie regelmäßig nach ihrer nächtlichen Darbietung verfielen.
»Aufstehen!«
Es war Atsatun. Er hatte eine TAR-21 auf sie gerichtet. Die Mündung des Gewehrs zitterte.
Der Alien war krank. Seine Haut war blass und wächsern,
auf der Stirn standen ihm Schweißperlen. Er stützte sich mit dem freien Arm auf einen Stock.
Marita lächelte mütterlich. »Du bist krank«, stellte sie fest. »Du solltest dich hinlegen. Dann wird es dir bald …«
»Du!« Der Lauf der TAR-21 richtete sich auf Paul. »Du gehst zu den Kranken. Halte sie am Leben!«
»Und du!« Der Lauf schwenkte zu Marita. »Du kommst mit!«
Paul und Marita zogen sich an und stiegen die Treppe hinunter. Atsatun ging vor ihnen. Auf jeder Stufe machte er Halt und klammerte sich an das Geländer, bis er genug Kraft für den nächsten Schritt fand. Im Flur dirigierte er Paul mit dem Gewehr in das Wohnzimmer, Marita vor die Mühle.
Es war düster im Wohnzimmer. Die Fenster der alten Mühle waren winzig, bessere Schießscharten, und schmutzig, und die Aliens hatten die Vorhänge vorgezogen. Die Kranken lagen auf einem Haufen. In der Mitte des
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