Alison Wonderland
haben, wie ich arbeite.
Ein wachsender Bereich in unserer Branche ist die Überprüfung von Nachbarn für potenzielle Hauskäufer, jetzt, wo der Immobilienmarkt angeblich wieder anzieht. Innerhalb der letzten sieben Jahre hatte es in Großbritannien siebzehn Morde und Selbstmorde wegen Lärmstreitigkeiten gegeben, deswegen ist das nicht ganz so verrückt, wie es klingt. Mrs. Fitzgerald führt gerade eine Überwachungs- und Nachforschungsoperation mit dem Codenamen
Projekt Brauner Hund
durch und sie hat mich gebeten, mit ihr daran zu arbeiten. Sie macht ein großes Geheimnis darum. Wir habennormalerweise keine Codenamen für die Jobs, die wir machen. »Weibliche Agenten müssen sich in dieser Branche mehr beweisen als Männer«, sagt sie mir ernst. »Erinnerst du dich an den McLibel-Fall? Die junge Agentin hatte eine Affäre mit dem Mann, den sie beobachtete. Genau das gleiche wie bei Deborah Winger und Tom Berenger, als sie wegen der Rassenhass-Morde ermitteln sollte. Die öffentliche Wahrnehmung ist, dass Frauen schwach und leicht zu verführen sind. Ich bin stolz, dass meine Organisation nicht so gesehen wird.«
Ich bin mir nicht sicher, was sie mit dieser Einleitung bezwecken will. Glaubt sie wirklich, dass ich Sex haben könnte mit jemandem, den wir überwachen? Es passiert selten, dass sich die Männer gegenseitig überbieten, um an mich ranzukommen, wenn ich verdeckt ermittle. Der Punkt ist ja gerade, so wenig Aufmerksamkeit wie möglich auf sich zu ziehen. Wenn ich manchmal frühmorgens zur Arbeit laufe, geben mir Männer in Lieferwagen sehr deutlich zu verstehen, dass ich nur ein Wort sagen müsste und sie würden es mir besorgen. Aber ich glaube nicht, dass das wirklich zählt, weil ich nie in der Stimmung bin und außerdem glaube ich, dass sie jede Frau, an der sie auf ihrer Tour vorbeikommen, so anmachen. »Feine Titten«, schrie mir einer von denen heute Morgen zu. Oder war es »kleine Titten«? Als ich darüber nachdachte, fiel mir auf, dass es mir egal war.
»Wir sind mit einer sehr heiklen Aufgabe betraut worden«, unterbricht Mrs. Fitzgerald meine Gedanken. »Wir sind beauftragt, einige verdächtige Aktivitäten an der Südküste zu untersuchen. Es kann sein, dass es gar nichts ist, aber es gibt Anzeichen dafür, dass etwas Unmoralisches oder Illegales vor sich geht. Ein alter Feind von mir ist angeheuert worden, ein Netz von Fehlinformationen um diese Aktivitäten zu spinnen und Sicherheitslücken zu kontrollieren. Das bedeutet üblicherweise, dass sich da etwas ziemlich Ernstes abspielt.«
»Ihr Feind?« Ich stellte mir Mrs. Fitzgerald vor, wie sie sich an einem Wasserfall duelliert, so wie Sherlock Holmes mit Moriarty.
»Ja, also, im Prinzip ist er nicht mein Feind. Er ist ein Ermittler wie wir, obwohl er seine Organisation eine Agentur für Geschäftsnachrichtendienste nennt und traditionell die Art von Aufträgen übernimmt, die ich niemals anfassen würde. Deshalb befinden wir uns auf entgegengesetzten Seiten.«
»Wer hat uns beauftragt?«
»Das kann ich dir nicht sagen. Wenn ich es dir sagen würde, könnte dich das in Gefahr bringen. Du musst allerdings mehr wissen über die Art von Leuten, hinter denen wir her sind. Wusstest du, dass es da eine Agentur gibt, die ungefähr drei Millionen Pfund verdient hat mit Fotos der Gegner der Newbury-Umgehungsstraße und die aktenweise Informationen über sie angelegt hat?«
Mrs. Fitzgeralds Moralvorstellungen erlauben es ihr nicht, selbst solche Aufträge anzunehmen. Sie würde eher Geld von den Gegnern nehmen, wenn sie welches hätten, aber natürlich haben sie keins. Sie holt einen Stapel beschrifteter Fotos von zwei Männern aus dem Ordner vor ihr, nimmt eins nach dem anderen und knallt es mit dem Bild nach oben vor mich auf den Tisch, als ob sie Tarotkarten auslegen würde. »Flower«, sagt sie, »und Bird, meine alten Gegenspieler. Ihre Dienste wurden eingesetzt von Emphglott, einem pharmazeutischen Unternehmen, das sich auf Tierversuche und genetische Manipulationen an Tieren spezialisiert hat. Vor kurzem haben sie ohne Betäubung die Beine von siebenunddreißig Beagle-Hunden gebrochen, um ein neues Medikament zu testen, das Knochenbrüche heilen soll.«
»Warum haben sie keine Betäubungsmittel benutzt? Oder warum haben sie nicht einfach Hunde genommen, die bereits verletzt waren? Davon gibt es haufenweise bei
Animal Hospital
.«
»Ganz genau«. Anscheinend habe ich das Richtige gesagt. »Kennst du die Bedeutung des Codenamens
Brauner
Weitere Kostenlose Bücher