Alison Wonderland
hatte schon immer Schwierigkeiten, Freunde zu finden und zu behalten. Warum sollte es also mit Toten anders sein? Wenn man mit ihnen in Kontakt treten konnte, warum sollten sie dann ihre Zeit mit Clives Kartenspielertricks verschwenden, wenn sie genauso gut zwischen Präsidenten den Weltfrieden vermitteln könnten?
Clive ist ein intelligenter Mann, aber er ist total überspannt. Er scheint sich nicht für Arbeit zu interessieren und Mrs. Fitzgerald ist sich nicht sicher, wie er sein Geld beschafft, obwohl er behauptet, ein Einkommen aus seinen Investitionen an der Börse zu haben. Außerdem wettet er auf Pferde, wenn er einen Tipp aus dem Jenseits bekommt. Sie hofft, dass er damit mehr Glück hat als mit den Rubbellosen. Wenn sie ihn mal im Büro allein lässt, erwarten sie bei ihrer Rückkehr oft kleine graue Staubhäufchen auf ihrem Schreibtisch, an dem er wie wahnsinnig die ungleichen Felder mit einer Münze freirubbelt, bevor er die Lose in den Papierkorbschmeißt.
Wenn ich ein Pfund für jedes dieser Lose hätte, dann wäre ich reich
, denkt Mrs. Fitzgerald grimmig.
Damals glaubte Clives Familie, er sei für Höheres bestimmt, als er seine durchschnittlichen Verhältnisse hinter sich ließ, um nach Cambridge zu gehen. Aber er verbrachte seine Zeit mit anderen überspannten jungen Männern, die seinen Wahnsinn noch förderten statt zu unterdrücken und als er durch die Aufnahmeprüfungen fürs Außenministerium fiel, erholte er sich nicht mehr wirklich davon. Aus den jungen Männern, die sich 1960 gegenseitig Blödsinn zugeflüstert hatten, sind Männer mittleren Alters in wichtigen Jobs beim Außenministerium oder beim Militär geworden, verstreut über alle Kontinente. Trotzdem hört Clive immer noch von ihnen und immer noch flüstern sie zusammen, denn Mrs. Fitzgerald erwischt ihn manchmal am Telefon mit ihnen. Wenn sie wüsste, wer die Männer sind, mit denen er da Komplotte schmiedet, wäre sie ziemlich verstört.
Mrs. Fitzgerald lässt ihre Finger über das warme Holz ihres Schreibtischs gleiten und überlegt, die Agentur zuzumachen und wegzuziehen von Clive und seinen Geistern.
Wenn ich woanders leben könnte
, denkt sie,
wäre ich gerne in Torquay und würde Palmen züchten
. Palmen könnten im vornehmen Torquay jedoch eine Enttäuschung sein wegen ihres langsamen Wachstums, spitze Blätter, die kaum wahrnehmbar Richtung Himmel wachsen, jahrein, jahraus. In ihrem Garten in Brixton züchtet sie Kamelien, eine Magnolie, Begonien, Rosen und Fuchsien, wobei ihr entweder duftende oder auffällige, zarte Blüten gefallen. Sie liebt ihren Garten. Spät nachts, wenn ihre Gedanken nicht zur Ruhe kommen, wenn die Geisterwelt erwacht und der Großteil Londons schläft, sieht Mrs. Fitzgerald im Mondlicht manchmal einen Fuchs über den Rasen laufen. Der Fuchs hat sich, genau wie Mrs. Fitzgerald, an das Leben in der Stadt angepasst und ist normalerweise auf der Suche nach den Resten eines Marks-&-Spencer-Fertiggerichts in ihrer Mülltonne.
Mrs. Fitzgerald hat irgendwo gelesen, dass, falls man die Schweinerei von einem Fuchs oder Dachs im Garten hat, der einzigeWeg, die Tiere davon abzuhalten, den Garten als Toilette zu benutzen, das Deponieren von Fäkalien eines größeren Raubtiers ist. Wenn sie es richtig versteht, heißt das, dass man sein Geschäft im eigenen Garten erledigen sollte, damit nicht andere Kreaturen ihren Dreck abluden. Doch das war nichts, was sie jemals in Erwägung ziehen würde. Sie hat auch gelesen, dass das Anpflanzen von Lilien Geister davon abhalte, umherzuwandern. Rote Lilien, gelbe Lilien, weiße Lilien und orangene Lilien lassen ihre leuchtenden, lebendigen Farben von Juli bis September in ihren Rabatten leuchten. Falls der Zauber funktioniert, sollte ihr Garten im Sommer geisterfrei sein.
Kapitel 4 – Untreue
Ich habe im Moment einige Fälle laufen. Eine Frau sagt, ihre Katze sei von Nachbarn gestohlen worden und erzählt mir, sie sähe sie aus deren oberem Fenster starren, mit einem, wie sie es nennt, anklagenden Ausdruck. Außerdem habe ich noch ein paar UntreueNachforschungen anstehen.
Wenn ich einen Fall annehme, bei dem der Mann eine Affäre hat, besuche ich immer erst die Ehefrau zuhause. Was verspricht sie sich von der Ermittlung? Wenn der Fall einem gängigen Affärenmuster entspricht – und üblicherweise tut er das – dann will die Ehefrau einfach nur eine Risikoeinschätzung. Es gibt immer irgendwelche ehefraulichen Fotos von ihr, mit Haarreif und an der Seite
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