Alison Wonderland
Haar, leuchtende Augen, ordentlichrasiert, sein Mund ein Amorbogen. Taron bringt mich beinahe dazu, die zarten und teuren Düfte zu schmecken, die ihre freche kleine Nase immer auf seinem Hals gesucht hat, wie sie mir erzählt – frisch gewaschene Baumwolle, Rosen und Zitronen in der Seife, die er benutzte, eine Rauchwolke von Zigarren, Zimt oder angebrannter Orange in seinem Aftershave, Pfefferminz von Küssen, bei denen Taron ihren Kaugummi in die Backe steckte und seine Haut ableckte, um sie mit ihrer Zunge zu schmecken. (Im Französischen ist das Wort für Geschmack und Duft dasselbe, erzählte sie mir. Ist es nicht, ich habe nachgeschaut, als ich nachhause kam.) Ein anderes Mal beschreibt sie, wie Humor und Spitzfindigkeit aus ihm herausquollen wie flüssiges Quecksilber auf der Arbeitsfläche bei den Naturwissenschaften in der Schule, silbrig und glatt. Ich sehe einen lächelnden, kleinen, schmächtigen, jüngeren, agilen Mann mit lockigen Haaren und einer eher zerknitterten Erscheinung vor mir. Manchmal ist er freundlich und mutig und manchmal ist er verschmitzt.
»Wir lernten uns auf einer fantastischen Party kennen, auf der das Ende des Jahrzehnts gefeiert wurde«, sagt Taron und schildert sich in einem zu engen, zu kurzen Kleid, einem schimmernden Sex-Signalfeuer mit ausgepolsterten Brüsten, wie sie fast in der Mitte des Raumes steht.
Große, glitzernde Discokugeln, die paradoxerweise an der Decke herumwirbelten, hörten vorübergehend auf sich zu bewegen, die hämmernden Bässe und die Sirenen-Diva-Stimmen der House-Musik stockten, andere Leute mit weniger atemberaubenden Kleidern wichen zurück, als
wie hypnotisiert
der
wunderschöne Mann
auf Taron
zulief,
auf die Frau, die fähig war,
die Welt anzuhalten.
Der Mann, der ihr Ehemann werden würde, nahm sie in die Arme, und ließ die Welt sich wieder drehen.
»Wir lernten uns in einem Café kennen und kamen ins Gespräch, weil wir beide das gleiche Buch lasen«, erzählt Taron, kann sich aber nicht mehr an den Titel des Buchs erinnern. In dieser Version sitzt Taron, zerbrechlich und wunderschön, in dem künstlichen Licht eines billigen kleinen Schnellimbiss an einem Resopaltisch am Fenster, liest ein Buch und nippt an einer Tasse mit sehr starkem Tee – während sie sich eigentlich nach einem großen, frittierten Frühstück sehnt, wie alle dünnen Menschen. Sie beugt sich konzentriert über ihr Buch, ihre winzigen Füße auf dem Stuhl gegenüber, ihre Beine frieren in ihrer Jeans, denn es ist ein früher Morgen im Herbst. Sie verschränkt die Arme über ihren perfekten Brüsten, die durch die Falten ihres schludrig übergroßen, cremefarbenen, lässigen Pullovers entschärft werden, um sich warmzuhalten. Sie strahlt Jugend aus. Ein attraktiver junger Mann, unordentliches braunes Haar, ovales Gesicht, riesige, braune, intelligente Augen, lächelnder Amorbogen, kommt schüchtern in das leere Café und setzt sich auf den Stuhl ihr gegenüber. Er ist ebenfalls jung. Er hat sie durchs Fenster gesehen und sich verliebt. Er erwähnt das Buch; seine Bemerkungen sind geistreich, bescheiden und intelligent und sie verliebt sich auch. Er ist der Mann, der einmal ihr Ehemann werden wird und sie erwärmen die Welt mit ihrem Lachen.
»Ist er nicht Franzose?«, fragte ich einmal und machte damit den Fehler, eine ihrer Geschichten zu ernst zu nehmen.
»Franzose?« Ihre Augen weiteten sich ein ganz kleines bisschen. »Er ist französischer Abstammung, ja. Er sieht französisch aus.«
»Den Seiten eines Magazins entsprungen?«
»Das ist wunderschön, ›den Seiten eines Magazins entsprungen‹, ja genau, das ist er.« Sie schenkte mir ihr absolut wunderbarstes Lächeln, mit einem versonnenen Blick, als wäre ich diejenige, die ihn erfunden hatte, nicht sie. Sie machte meinen Versuch, ihre Geschichten anzuzweifeln zunichte, indem sie mit mir einer Meinung war. Ich grinste sie an.
»Wir haben nur wegen der Feierlichkeiten geheiratet, wir dachten, das würde ein Riesenspaß. Der Hochzeitskuchen war ein Turmaus weißem Zuckerguss mit diesen kleinen Figuren von Mann und Frau obendrauf. Wir sind allerdings nie wirklich zusammengezogen, wir haben unsere eigenen Wohnungen
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