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Aljoscha der Idiot

Aljoscha der Idiot

Titel: Aljoscha der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Erdmann
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allem entschlossenen Blick.
    Alle Sinne sind ja Wahn-Sinne. Die Zunge schürt den Wahn, daß Zucker süß ist. Das Auge schürt den Wahn, daß Rotes rot ist. Die Hände schüren den Wahn, daß Materie massiv ist. Aus diesem Wahn ist unsere Fassung. Warum sollte da das Auge, das fähig ist, ein anderes Auge zu erkennen als ein durch drei mal zehn Jahrhunderte gehetztes, wahnsinnlich sein? Warum sollten Hände kein Gedächtnis haben, das älter als sie selbst ist? Was ist wahnsinnig daran, Stimmen und Klänge zu vernehmen, die, weil sie einmal da gewesen sind, immer da sind?
    Und an jedem Tag der nächsten Woche fände sich Aljoscha bei Katharina Rogowskaja ein, an aller Tage Abend weilte er in IHREN Zimmern, und immer schlimmer würde sein Verspätetsein an anderen Orten. Doch in IHRER Nähe gäbe es kein Andernorts, kein Anderwärts und kaum ein Andernfalls. Die Dämmerung, die langsam eindrang in Katharina Rogowskajas Wohnung, trüge längst erklärte Anrechte in die Tiefen ihrer Nächte, eine Dämmerung, die aus dem Dorf der Katzenmenschen kam und Einverständnis schenkte. Aljoscha würde Irena Dubrovnas Stimme hören: „Die Dunkelheit ist schön… sie ist mir vertraut…“ Sie würden die Entdeckungen dieser Stunden wie Sterne an einem Himmel befestigen und den so entstandenen Sternenmustern feierlich Zusammenhalt gebieten. Und dann, zuweilen, IHR befreites Lachen, wie der aufgeregte Hüpfschritt eines kleinen Mädchens,an der Seite des willkommenen Gefährten, jenes ersten, über dessen Zuneigung das Mädchen sich bewußt ist. Und dann, zuweilen, schiene es ihm wieder, als gäbe SIE ihm letzte Warnungen vor IHREM Wesen. Als wollte SIE ihm zu verstehen geben, daß ein Panther manchmal klingt wie eine Frau. SIE würde IHREN Gürtel, den sonderbaren Gürtel mit den Kettengliedern, von der schlanken Taille lösen – und sich dann auf einen Diwan legen – und er würde bei IHR knien wie ein Troubadour, wie einer, der gefunden hatte. Und um 4 Uhr morgens würde er nach Hause gehen, ohne SIE auch nur berührt zu haben.
Opferung und Initiation
als plötzlich nie Geliebte, zerbrochen
von der Geliebten
alles Frühere, war er nicht schon immer
fortgerissen, hingeführt zum Platz der
Beute des Nichts, ausgeliefert an die
zwei Gegenwarten,
keimende Lüge von Anfang an,
zwei unvereinbare Gefühle,
alle Hoffnungen von Anfang an
wie Lamien in wilder Umschlingung,
todgeweiht, das war Ledas
Stätte drohender Vernichtung,
furchtbare, furchtbar falsche Vorstellung –
die nur für ihn errichtet war –
nicht nur schwankte jetzt der Boden;
er mußte Abschied nehmen von
jedem Grund, auf dem sie je gestanden,
der Welt, in der SIE nicht der Fall war,
brachte er Erzittern noch im nachhinein –
von allem, was er je empfangen,
wußte seine Hand nichts mehr
von allem, was er je gegeben hatte,
von Wärme? Sie spürte,
nichts, was noch verhindern konnte,
daß er sie für immer zurückzog –
daß er zugrunde lieben mußte…
kaltes Erwachen
Ehrfurcht vor der Macht, die
wie aus einem Traum
schon immer da gewesen ist,
die Zeit erfror
ließ ihn schaudern –
und sie entsetzte sich vor dem, was
er beschwor
hinter jenem fremden Namen lauerte
eine Gegenwart aus Wolken voller Blut
Es war seine eigene Fremdheit
mit dem Gesicht zur Erde
und dieser Name kam über seine Lippen
wie ein böser Dämon
als könnte ein Mensch alles ändern und
mit einer einzigen Formel
alles vergessen
in einer einzigen Nacht
nur diesen Namen nicht
Warum verbrannte sein Mund nicht
mit Tränenküssen
durch das Gift seiner Worte
würde er sich ausliefern an
Leid auf Leid, er sieht es und
die Herrin dieses Rituals
erblindet nicht –
Doch wie mit einem Schlag
war es so kalt, oder
wußte er, er war
eine Katze, die über ihr Grab lief
für niemanden ein Glück
Lag da nicht ihr Kleid
er lachte wie ein Idiot
zerfetzt von einem Raubtier
weil er ahnte, wie
sie weinte
vergebens
an ihn
verschwendet war
Dann lag er still
Dann war sie still
Wie tot
Sie nahm den Hörer ab
Wählte seine Nummer
„Hallo?“
„Hier ist Leda. Ich möchte dich
morgen sehen.“
„Ja.“
„Ich habe dir etwas zu sagen.“
„Warum nicht heute?“
„Morgen. Morgen abend, sagen wir
um acht, bei mir.“
„Ist gut. Ich werde da sein.“
Sie legte auf
Morgen also,
Wäre nur
schon morgen. Morgen ist
die schöne Zeit
ein Scheiterhaufen –
nie gewesen…
zehn Jahre werden
verlöschen die Sterne
brennen und was sollte er noch
in ihrer Trauer… das Kind
aus der Asche
das sie niemals hätte
retten können
schrie

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