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Aljoscha der Idiot

Aljoscha der Idiot

Titel: Aljoscha der Idiot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C Erdmann
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Körper untersuchen.
    „Nichts! Wie ungerecht! Weshalb kommen die Mücken alle zu mir?“
    „Wahrscheinlich hast du süßes Blut…“
    „Süßes Blut… und du, was hast du?“
    „Böses Blut.“
    All dies würde so geschehen müssen, wenn die Katzenmenschenfürstin jetzt noch einen Schritt tat… was ging in IHR jetzt vor, in dieser unaufhörlichen Sekunde? Konnte SIE ahnen und ermessen, was SIE mit einer einzigen weiteren Regung ausgelöst hätte? Vielleicht war das ohnmächtige Hinsinken von Frauen – Romane berichten immerhin davon – eine viel raffiniertere Maskerade als bisher angenommen. Vielleicht maskierte die Ohnmacht ihr Gegenteil, nämlich Macht: die Macht, bestimmte Momente wie ein Panorama wahrzunehmen – die weibliche Macht, in die Tiefen eines Augenblicks zu sehen. SIE, so nah an der Schwelle, die nur Liebende übertreten, sah SIE voraus,welche Art von Wandel SIE ihm auferlegte, welcher Transformation SIE sein Wesen unterwerfen würde, wenn SIE jetzt noch einen letzten Schritt wagte? Sah SIE voraus, welche Lust SIE erwecken, schenken und empfangen würde? Erinnerte SIE sich an die Namen all der Unglücklichen, die solche Gunst erhofften, erwarteten, ersehnten, und doch – Jahrhundert für Jahrhundert – stets aufs neue scheiterten? Ergründete SIE, wie es sich anfühlt, in einer Zeit, in der jeder alles haben kann, etwas zu geben, das sonst niemand hat?
    Dieser eine Schritt noch, und Aljoscha würde IHR zur nächsten Vorlesung über Theorien der Freiheit die gelblichbraun gewordene Kameliendamenblüte mitbringen. Und es käme dann zur sanftesten Berührung, als würde ein Blütenblatt auf einen Felsen fallen, IHRE Hand gestreift von seiner Hand. Und während Professor Sosnowski über weiß der Sepp was redete, würde Aljoscha insgeheim verzweifelt darum beten, den Schauer der Berührung nochmals zu erfahren – und als hätte SIE den Wunsch erhört, würde SIE nicht zögern, da er wenig später IHRE Ohrringe bewunderte, die in heidnischer Vorzeit gefertigt schienen, einen dieser Ohrringe abzunehmen, so geschickt und rasch wie ein Mädchen vor dem Spiegel, das Mädchenspiegelträume träumt. Und SIE würde das Schmuckstück in seine Hand legen, und die Berührung IHRER Hand wäre wie ein Versprechen. Als würde SIE ihm versprechen, daß er mit IHR Pferde stehlen konnte, selbst wenn kein Pferd mehr da war.
    Und an diesem Tag noch würden sie es fühlen, daß sie sich nicht trennen mochten, und er würde SIE fragen, ob SIE sein neues Reich einmal besichtigen wolle, und wie selbstverständlich sagte SIE ja. Und so würden sie den Ort aufsuchen, der ja wußte, daß er IHR geweiht war, der seine Königin erwartete, und SIE hielte IHREN Einzug durch ein unsichtbares Heer von Domestiken. Die Wände würden den schweren, süßen Duft IHRES Parfums einsaugen und mit ergebenen Seufzern honorieren. Muß die Schönheit einer Frau ihre Macht und die Gewalt, mit der sie diese ausübt, besonders rechtfertigen? SIE würde einfach so das Licht verändern. SIE brächte goldenes Licht in seine Zimmer. Ägyptisches Licht. Was SIE berührte, würde leuchtender. Gesprochen über schwebende Klänge, die leise aus der Dämmerung zu kommen schienen, hätte jedes Wort einen siebenfachen Sinn. Jeder Augenblick versänke sanft befriedigt in der Zeit. Da wäre nichts mehr sonst, nur dies verwunschene Versteck, das sie mit Vorahnungen füllten, inverträumter Heimlichkeit die Reichtümer entdeckend, die sie füreinander hatten. So wie eine muntere Zofe das Hündchen aus dem Boudoir jagt, würde eine silberhelle Leichtigkeit jeden Anflug von Verlegenheit verscheuchen, und trotzdem würde Aljoscha Unglaube und Glaube miteinander kämpfen sehen in Katharina Rogowskajas Blick.
    Manchmal schiene SIE wie ein verirrtes Mädchen, das sich geborgen fühlen möchte und zu Hause und das ihn doch mit Augen ansah, die zu wissen meinten, daß die Hoffnung darauf unbedacht und töricht war. Manchmal aber würde er an IHR ganz anderes wahrnehmen – etwas, das wie ein beweglicher Schatten über IHR Antlitz huschte, etwas Zweideutiges und Düsteres, das durch IHRE Stimme schlich, etwas, das älter war als Zärtlichkeit – etwas, das darauf wartete, ein natürliches Besitzrecht auszuüben. Etwas, das alle Sinne Wahn-Sinne werden ließ. Etwas, das erträumt wurde in den mondlichtfahlen Nächten von Memphis und Luxor, Nächte voller endloser und anfangloser Erinnerungen. Zuweilen sähe Aljoscha einen aus ewiger Dunkelheit entfesselten, zu

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