Alkor - Tagebuch 1989
weisen.
Wondratschek ließ sich mal im Puff interviewen. Der boxte ja auch.
Zweifel, ob meine Arbeitskraft ausreicht für das«Echolot».
Als ob ich mit der Gießkanne ein Schwimmbad fülle, so komme ich mir vor.
Wir geben immer noch die Tagebücher von Mrongovius ein. - Ostvölker-Sachen. Ein Geschenk des Himmels, und sie haben unbeachtet zwei Jahre in meinem Archiv gestanden! Interessant im Inhalt und erstklassig geschrieben. Ich telefonierte mit ihm und lobte ihn und bat um ein Foto.
Bei Harald Knaust zum 60., dort Heider und Niki. Riesige Mengen von Schinken und Kassler. - Harald zeigte uns die alte Familienbibel, die er letztes Jahr über die Zonengrenze herübergeschmuggelt hat. Lange Story dazu.
Post: Ein freundlicher Seminarteilnehmer aus Arnsberg dankt mir mit einem langen Brief für die Tage in Nartum, in dem er sich u. a. über meine Vertrauensseligkeit wundert, alle Türen
offenzulassen, nichts abzuschließen. Er weiß nicht, daß wir eine wundervolle Alarmeinrichtung haben, die bisher noch immer funktioniert hat. Einen Kriegsvers hat er mir zur Kenntnis gegeben:
Lieber Tommy, fliege weiter,
wir sind nur arme Ruhrarbeiter.
Fliege weiter nach Berlin,
denn die haben«Ja!»geschrien.
Nartum
Di 28. März 1989
Bild: Di küßte Hauptmann im Kino / Vor 13 000 Zuschauern in Mariendorf/Traber-Stute starb vor dem Ziel
ND: Modernstes Gewächshaus der DDR in LPG Berlin-Marzahn /Machtvolle Forderung nach Verzicht auf neue Raketen / Hunderttausende bei Ostermärschen’89
Heute kam unangemeldet ein«Kamerad». Ich hatte so dringend zu arbeiten, und es war natürlich falsch, daß ich ihn das merken ließ. - Er hat sein«Kapitel»-Exemplar in die Ostzone mitgenommen und fragt nun, ob ich ihm ein neues Exemplar schenken kann! Um ein Taschenbuch handelt es sich, wohlgemerkt! Und er ist Zahnarzt!
Danach kam Mensak, schwarzer Mantel, gelber Pullover. Er hat 6 Wochen Kur und danach vier Wochen Urlaub. Absolut braun gebrannt. Kam eine Schallplatte abholen für das TV-Porträt zu meinem 60. Er erzählte, daß Frau Lenz ihrem Mann die ganze Post macht und außerdem die Manuskripte abschreibt.
«Was seid ihr alle fleißig!»sagte er.«Ich würde ganz faul sein als Schriftsteller.»- Vielleicht denkt er, man müsse sich zum Schreiben zwingen. Schreiben macht doch Spaß.
Habe ich mich mit dem«Echolot»übernommen?
Acht Mio. Bytes habe ich bereits eingegeben. Das bedeutet, daß
ich etwa 30 000 Bytes pro Tag eingebe! Das sind ziemlich exakt zehn Seiten. Sagenhaft.
Die Bienenwaben füllen sich. Beim Anwählen einer Datei die Erwartung, ob an dem Tag schon was vorhanden ist. - Das Ackermann-Tagebuch aus Rostock reicht über den«Zusammenbruch»hinweg über die ganze Nachkriegszeit. So gibt es immer Tagebuch-Autoren, die (Ursula Ehlers!) für den horizontalen Zusammenhang sorgen. Sie begleiten, ruhig kommentierend, das Raunen und Wispern der Vielen. - Die Mörtelschicht, auf der die Ziegelsteine liegen.
Ein evangelischer Rundfunkmensch fragte mich heute, ob ich ein Interview mit mir machen lassen will. Zwei Stunden brauche er dazu. Ich:«Wie lang ist denn die Sendung?»Er:«Zweieinhalb Minuten.»
Vor den Evangelischen muß man sich in acht nehmen, die sind links, also tückisch. Die Katholischen lassen sich gar nicht erst blicken. Ich habe noch nie was mit Katholiken zu tun gehabt. So lange sie noch ihre lateinische Liturgie praktizierten, hatte ich eine Schwäche für sie.
Hildegards Mutter muß ins Altersheim und will natürlich nicht, sträubt sich mit Händen und Füßen. Ich hatte für Ausbau der Garage plädiert, extra Haustür, dann hätte sie ihre Selbständigkeit gehabt und wäre doch bei uns gewesen. Aber sie wollte nicht aufs Dorf. Hildegard trägt die Last. Von ihren Geschwistern ist aus den verschiedensten Gründen so recht nichts zu hören und zu sehen.
Im«Spiegel»Leserbriefe auf Suworows Thesen zum deutsch-sowjetischen Krieg:
Was Herr Suworow jetzt offenbart, war jedem deutschen Soldaten klar, der am 22. Juni 1941 unmittelbar hinter der Grenze mit seiner Einheit auf riesige Panzeransammlungen, Feldflughäfen, Luftlandedivisionen, Nachschublager stieß. Wehe uns, wenn wir gewartet hätten, bis die Rote Armee ihren Aufmarsch beendet hätte.
Alles ganz gut und ganz schön, nur das«wehe»nicht. Das kam ja trotzdem.
Der«Spiegel»bringt den Auszug einer telefonischen Sex-Beratung der«eleganten Triebfee Erika Berger»:
ANRUFERIN: Hier ist Bärbel.
BERGER: Ja, Bärbel, hallo.
BÄRBEL: Ich
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