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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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zu umarmen. Die Waffe kommt hoch und feuert ihr in einem bestimmten Winkel in die Brust. Das ist natürlich alles Hypothese. Aber wenn es sich so abgespielt hat, ja, dann hätte wohl schon noch ein Lichtstrahl zwischen sie gepasst. Ich verstehe, worauf dieser Detective Jenkins hinauswill. Bloß dass es ja Nacht war. Diejenigen, die diese drei Frauen erschossen haben, waren also auch ihre Liebhaber.«
    »Nicht unbedingt. Wenn die Schusswunden auf diese direkte Nähe hindeuten, dann könnten es vielleicht auch andere Leute sein: Freunde, Verwandte. Die Frau von dem Detective in Chesham behauptet, der Absatzabdruck stammt von einem Manolo Blahnik-Schuh.«
    Phyllis reagierte überrascht und skeptisch. »Sie meint, eine Frau hätte die Morde begangen? Na ja, eine Frau könnte natürlich genauso gut schießen wie ein Mann, aber irgendwie passt es psychologisch nicht so ganz.«
    »Stimmt. Und der Absatzabdruck beweist ja nicht viel. Aber die Umarmung, falls es eine gab, hätte auch von einer Frau kommen können. Mir haben auch schon Freundinnen auf die Schulter geklopft und mich umarmt.« Tatsächlich? Er versuchte sich
zu erinnern, wer – abgesehen von Phyllis und Lu, und kniff beim Nachdenken kurz die Augen zu.
    »Richard? Stimmt was nicht?«
    Ihr Blick war besorgt und unschuldig. Das mochte, nein, liebte er so an ihr. Dass sie mit anderen mitfühlte. Er lächelte unmerklich und schüttelte den Kopf. »Danke. Jetzt muss ich aber gehen.«
    »Na gut. Bye, bye.«
    An der Tür drehte er sich noch einmal um. »Adieu, Süße.«

41. KAPITEL
    Auf dem Weg zwischen Gerichtsmedizin und Büro überlegte Jury die ganze Zeit, ob ihm vielleicht jemand einfiel, der ihn so fest umarmte. Carol-Anne? Nein. Mrs. Wasserman? Niemals. Ein, zwei Kinder, die er kannte. Gemma? Abby?
    Als er ins Büro kam, brummte er Wiggins einen Gruß zu, der gerade den Elektrokocher einsteckte. Ohne den Mantel auszuziehen, setzte Jury sich hin, nahm eine Büroklammer und fing an, sie zu verbiegen. Er kam sich ziemlich einsam vor in seinem umarmungslosen Universum.
    Wiggins musterte ihn fragend. Die Augenbrauen tanzten auf und ab.
    »Was?«
    »Nichts.«
    Jury tippte Melrose Plants Nummer ein.
    Ruthven meldete sich mit Stentorstimme, dann begrüßte er Jury überschwänglich, als wäre der in einer Nussschale vor der Küste Schottlands vermisst gewesen. Sodann wurde der Anruf von Melrose übernommen.
    »Sind Sie gerade beschäftigt?«, wollte Jury wissen.
    »Ich spiele mit meinem Hund.«
    Jury kniff die Lippen zusammen.
    Melrose fuhr fort. »Wir waren schon drauf und dran gewesen, den Namensfindungswettbewerb ad acta zu legen, als ausgerechnet Dick Scroggs anfing, lauthals über Lambert Strether zu lamentieren: ›Ham wir nich schon genug Stress und Ärger hier? Was muss dieser blöde Strether auch noch hier rumschnüffeln? ‹ Ha, und das war’s, da hatten wir den Namen!«

    »Strether?«
    Melrose blies seine ungehaltenen Verwünschungen wie Rauch in die Luft. »Natürlich nicht! ›Aggro‹, also Ärger! Das passt perfekt zu den anderen Tiernamen: ›Aggrieved.‹ ›Aghast.‹ ›Aggro.‹«
    Aggro! »Das ist der dämlichste Hundename, den ich je gehört habe. Im Übrigen heißt er Joey.«
    »So hat ihn ja wohl der Landstreicher genannt.«
    »Es steht auf dem Halsband von dem Hund.« Jury verbog eine weitere Büroklammer.
    »Na und? Der Landstreicher ist gegangen und hat ihn dagelassen und ist nicht wiedergekommen.«
    »Landstreicher sagt man gar nicht mehr.«
    »Bettler? Strafentlassener? Bittsteller?«
    »Obdachloser, wie Sie sehr wohl wissen.« Jury hörte Gebell im Hintergrund. »Wieso rennt Joey eigentlich nicht draußen herum und treibt Ihren Ziegenbock zusammen? So viel Platz zum Herumrennen, das ist doch der einzige Grund, weswegen ich …«
    »Weswegen Sie was?«
    »Weswegen ich dachte, es muss noch ein zweiter Hund her. Wo steckt überhaupt Mindy? Ich habe Ihre Hündin schon ewig nicht mehr gesehen.«
    »Die lungert irgendwo draußen rum.«
    »Na, da sollten Sie sich mal besser um sie kümmern. Die ist doch alt. Wir sind alle alt. Hören Sie, in einer Stunde fahre ich nach Chesham. Können Sie mit Spielen aufhören und hinfahren, dann treffen wir uns dort? Ich hätte gern, dass Sie etwas machen.«
    Melrose wurde misstrauisch. »Was?«
    »Verrate ich Ihnen, wenn wir uns sehen.«
    Schweigen. »Also, ich weiß nicht …«
    Jury riss allmählich der Geduldsfaden. »Was soll das jetzt wieder? Mit dem Auto ist es kaum eine Stunde. Wir treffen uns also im

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