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All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman

Titel: All die schoenen Toten - Ein Inspektor-Jury-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martha Grimes
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Clerkenwell. Ich suche mir ein Taxi und bin in fünf Minuten da.«
    Direkt vor ihm fuhren gerade mehrere Taxis die Clerkenwell Road entlang. Er winkte eines herbei, schob das Handy wieder in die Hosentasche und öffnete die Wagentür. »Kennen Sie die Bidwell Street? In der Nähe …«
    Der Fahrer lächelte. »Kenn ich.«
    Jury machte die Tür zu und ließ sich von der Schwerkraft in den Sitz ziehen. Ja, sie kannten sie alle, diese Fahrer, alle Straßen, bis ins letzte Eckchen, breite, schmale, Höfe – alles. Und darüber hinaus auch noch jede Abkürzung.
    »Erstaunlich, was ihr Fahrer alles wisst.«
    Der Fahrer lachte. »Wir wissen eben Bescheid. The Knowledge sage ich nur. Die Londoner Taxifahrerprüfung.«
    Jury nickte. »Es sollte ein Pub mit dem Namen geben. The Knowledge.«
    »Gibt’s ja vielleicht schon.«
     
    Selbst wenn der Fahrer nicht über besonders gute Ortskenntnisse verfügt hätte, wäre Bidwell nicht schwer zu finden gewesen, bei all dem geschäftigen Treiben, das dort herrschte – Lichter und Fahrzeuge, Kripo, Polizei, Feuerwehr, Krankenwagen, Fotografen, Spurensicherung, Tatortmediziner. Es war schon erstaunlich, was alles aufgeboten werden konnte.
    Der Arzt, der neben der Leiche kniete, war Jury nicht bekannt. Vielleicht hatte man den aus dem nahegelegenen St. Bart’s geholt.
    Wiggins deutete mit einer Kopfbewegung hinüber. »Der Pathologe kam hier vor zehn Minuten an. Bellsin heißt er.«
    Dr. Bellsin erhob sich, als Jury näher kam. Ein kleiner Mann mit traurigem Blick, der aussah, als wäre er ständig auf dem Sprung, sein Bedauern zu bekunden. »Mein Beileid«, war das Erste, was er sagte. Er schüttelte Jury die Hand, als handelte es sich um einen persönlichen Verlust.

    Jury sah auf die Leiche hinunter und kniete sich hin. Der Arzt tat es ihm nach.
    Die Frau war noch jung – in den Dreißigern, wie Wiggins gesagt hatte, was ja immer noch als jung bezeichnet werden konnte. Und sie war hübsch – schön sogar, als noch Leben in ihr gewesen war. Ihr Haar dunkel und gewellt, ihre Augen nun geschlossen.
    »Der tödliche Schuss traf sie direkt unter der rechten Brust, trat hinten wieder aus. Ziemlich scheußliche Wunde. Vermutlich eine.22er. Zweiter oder vermutlich auch erster Schuss in den Bauch. Okay, dann bringen wir sie rein, und ich flitze schon mal los in die Gerichtsmedizin.« Er hielt inne. »Scheint feiern gewesen zu sein.«
    Jury sah sich suchend um. In der Straße gab es keine Pubs, auch keine Restaurants, nur ein paar Geschäfte. »Sieht mir aber nicht nach Partymeile aus, obwohl die Lokale nicht weit von hier sind. Entsprechend angezogen ist sie jedenfalls.« Das Kleid war mitternachtsblau, aus einer Art von Crêpestoff. Und wieder diese Riemchensandalen, diesmal aus dunklem Satin. Er stand auf, machte Wiggins ein Zeichen. »Ist sie schon identifiziert?«
    Wiggins schüttelte den Kopf. Einer der Polizisten händigte Jury eine bereits eingetütete Handtasche aus. »Sir.«
    Jury dankte ihm und bat um Schutzhandschuhe. Durch die Plastikfolie erblickte er eine kleine schwarze Tasche, ein Abendtäschchen mit silberner Schließe. Er zog die Plastikhandschuhe über, die man ihm gegeben hatte, nahm das Täschchen heraus und öffnete die kleine silberne Schließe. Lippenstift, Kamm, ein Päckchen Zigaretten und Geldscheine: siebenhundertfünfzig Pfund.
    »Ich weiß«, sagte Wiggins als Antwort auf Jurys fragenden Blick. »So einen Haufen Geld in gottverlassenen Straßen herumzuschleppen! In so einem Täschchen und auch noch bei Nacht. Sehr ominös.«
    Die Scheine wurden von einer Silberklammer zusammengehalten. Jury klappte das Täschchen zu und gab es Wiggins, zu dem sich inzwischen jemand gesellt hatte, den Jury nicht kannte.
    »Detective Inspector Jenkins, Sir.«
    Jenkins streckte ihm lächelnd die Hand entgegen. Ein leicht spöttisches Lächeln, das Jury jedoch nicht auf sich gemünzt empfand.
    »Dennis Jenkins«, sagte der Detective. Man sprach sich also gleich per Vornamen an.
    Jenkins hatte etwas an sich, das sogleich für Entspannung sorgte. Fanden bestimmt auch Verdächtige, konnte sich Jury denken. Wahrscheinlich dumm von ihnen. Jenkins tat einfach zu locker, um nicht gefährlich zu sein.
    »Und Sie sind Superintendent Jury«, fuhr Jenkins fort, Jury die Mühe ersparend. »Ich habe schon von Ihnen gehört.«
    »Doch hoffentlich nicht aus der Klatschpresse.«
    Jenkins behielt sein leicht höhnisches Lächeln bei. »Auch. Ich meinte aber, von Mickey.«
    Dass er mit »Mickey«

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