Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
Der Gedanke, diese beiden nie wiedersehen zu müssen, beruhigte ihn. Sie wären beinahe für den Untergang Tylonias verantwortlich gewesen. Nur die Hilfe der tylonischen Bewohner hatte ihm beim Sieg über den Schattenprinzen geholfen.
»Mein junger Freund, es freuet mich Euch zu sehen«, begrüßte ihn die Wächterin des Sandes singend. »Was führet Euch hierher?«
Nicht nur die Sandformationen hatten sich verändert, auch die Wächterin. Sie sah noch schöner aus als damals. Ihre langen, goldenen Haare waren noch seidener und glänzten im Schein der Sonne. Die Edelsteine, welche ihre Haut zierten, hatten sich vermehrt und funkelten in den verschiedensten Farben.
»Ich möchte einen Wunsch äußern.«
»Ihr wisset, was Ihr zu tun habt.«
»Ja, den Wunsch zum rechten Zeitpunkt aussprechen.«
»Versuchet Euer Glück.«
»Ich wünsche mir, zu wissen, wo sich Igos aufhält.«
Er rechnete nicht damit, aber sein Begehr erfüllte sich sofort. Auf dem Boden zeichnete sich auf einmal eine rote Linie ab, welche zurück in den verbotenen Wald führte. Er bestieg Enola und folgte ihr. Er drang tiefer in den Wald ein, der mit den Tagen immer mehr verfinsterte. Statt zwitschernder Vögel sah er nur noch Krähen. Die Bäume starben. Ihre braune Farbe hatten sie gegen ein dunkles Grau eingebüßt - dieser Anblick ließ ihn erschaudern. Er hatte das Gefühl, diese Situation schon einmal erlebt zu haben, doch wusste er nicht, wann das gewesen sein sollte. Den Himmel zierten dunkelgraue Wolken, die den Anschein machten, jeden Moment ihre Gewalt über ihn zu ergießen. So schön der verbotene Wald auch zu Beginn gewesen war, so hässlich wurde er nun. Allan folgte weiterhin der roten Linie, welche ihn bis zu einem Felsen, der scheinbar das Ende des unerlaubten Teils seiner Heimat kennzeichnen sollte, führte - hier ging es nicht weiter. Sie lief nicht drum herum oder hinüber, sondern mitten in ihn hinein. Er stieg von Enola ab und betrachtete ihn genauestens. Wie sollte er dort hineinkommen? Nirgendwo konnte er einen Eingang erblicken. Plötzlich hörte er sein Pferd wiehern. Wie aus dem Nichts tauchte jemand ... oder etwas auf, schwang sich auf seine Stute und preschte mit ihr davon. Vor ihm tat sich eine Pforte im Fels auf, durch die der Reiter samt Enola verschwand. Ehe sich der Zugang ins Felsinnere schloss, eilte Allan in ihn hinein. Nachdem sich der Eingang endgültig verschlossen hatte, offenbarte sich vor ihm ein Weg, welcher ihm vom bloßen Ansehen den Magen umdrehte. Dieser Weg schlang sich wie eine Spirale, weshalb er dessen Ende über Kopf laufen musste. Das änderte sich auch nicht, als er den nächsten Gang betrat. Er ging mit dem Boden über seinem Kopf weiter, doch fühlte es sich nicht so an, als würde er an der Decke hängen. Es wirkte, als hätten Boden und Decke nie ihren Platz getauscht. Vor ihm befand sich ein kleines Wasserloch, in dem Blasen zu sehen waren. Allan näherte sich diesem Loch und blickte hinein. Er erschrak, als plötzlich ein Gesicht in ihm auftauchte. Sein Gesicht. Doch nicht so, wie er es kannte, sondern mit einem bösen und hinterlistigen Blick in den Augen und einer großen Narbe auf der linken Wange. Es verschwand so schnell, wie es aufgetaucht war.
Sollte er umkehren oder ihm folgen? Seine wackligen Beine sagten ihm, dass er die Heimreise antreten sollte, doch sein Verstand gab ihm etwas anderes zu verstehen. Nicht umsonst hatte die rote Linie ihn in diesen Felsen geführt. Irgendwo hier würde er Igos finden. Und abgesehen davon ... Enola war entführt worden. Er hielt den Atem an und sprang in das Wasserloch. Um ihn herum gab es kein Wasser mehr, sondern Luft, was ihm nicht ungelegen kam. Allerdings schien er in eine endlose Tiefe zu fallen. Ein schwarzes Loch befand sich unter ihm und er konnte nicht ausmachen, wann es endlich enden würde. Nach einer gefühlten Ewigkeit endete es doch und wiedererwartend schlug er nicht auf der Erde auf, sondern stoppte kurz vorher und glitt sanft zu Boden. Er rappelte sich auf und befand sich in einem alten Gebäude aus Holz. Es erinnerte ihn an die Mühle, in der er den verrückten Müller getroffen hatte. Überall sah er Zahnräder, welche regelmäßig, im Takt der Zeit ihre Arbeit verrichteten. Am anderen Ende des Ganges erblickte er ein großes, geschlossenes Tor. Kurz bevor er dort ankam, hörte er jemanden hinter sich.
»Was hast du hier verloren?«, fragte eine aufgebrachte Stimme. Allan wandte sich um und blickte in das wütende
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