Allan - Die Suche nach dem Ich (Band 2) (German Edition)
sich nicht nur ihr Blut, sondern auch das Mageninnere über dem Boden und bespritzte die Zonyas. Anscheinend störten sie sich nicht daran - ganz im Gegenteil: Sie genossen es scheinbar noch.
Er hörte, wie Brent zu würgen begann und sich abwandte. Er lief zum Ausgang, um frische Luft zu schnappen, doch der modernde Geruch der Verwesung schien seinen Weg bis nach draußen schon gefunden zu haben. Er übergab sich. Allan atmete tief durch den Mund. Er wollte es vermeiden, diesen abscheulichen Gestank einatmen zu müssen. Sein Blick wanderte zu Igos. Er versuchte, sich Richtung Ausgang zu schleichen.
»Wage es nicht, dich so einfach aus dem Staub zu machen«, drohte er dem Ältesten. »Wieso hast du das getan? Warum hast du ihr nicht geholfen?«
»Weil ihr nicht mehr zu helfen war«, erwiderte Igos kalt. Gefühle schien er nicht mehr zu kennen - wenn er je welche besessen hatte. Je länger er mit diesem Alten zusammen war, desto mehr beschlich ihn eine dunkle Ahnung: Dieser Mann war nicht der Älteste. Er war sein Doppelgänger. Und aus irgendeinem Grund versuchte er, ihn von seinem Weg abzuhalten. Doch wenn das nicht Igos war ... Wo war sein Ziehvater dann? Er näherte sich dem Ausgang, jedoch nahm Allan seinen Blick nicht von ihm. Auf einmal schien er wie abwesend. Seine Augen waren geschlossen, sein Kopf nickte stetig auf und ab, als würde er irgendetwas bejahen. Dann öffnete er sie wieder. Sie waren schwarz wie die Nacht. Was war mit ihm geschehen? Und was noch viel wichtiger war: Was hatte er vor?
»Vorsicht!«, schrie er plötzlich. Allan wandte sich um und sah, dass die Zonyas schon so groß wie er waren. Nicht mehr lange und sie hätten ihre abnormale Größe angenommen. Er blickte hinter sich, doch war der Alte verschwunden - und Brent übergab sich immer noch. Er müsste den Kampf mit diesen Wesen alleine auf sich nehmen. Dass seine Gegner ihn gewinnen würden, war ihm bewusst. Ohne Hilfe war er machtlos. In diesem Moment scherte ihn das jedoch nicht. Dann würde er wenigstens zusammen mit Sinalia ins Jenseits hinüberschreiten können.
Innerhalb weniger Sekunden fand sich Noma in der Maryka-Stätte wieder - und erntete entsetzte Blicke. Sie war inmitten einer Gruppe Marykas gelandet, die sie mit ängstlichen Augen begaffte.
»Hexe!«, schrie eine alte Frau, die mit ihrem dürren Finger auf sie zeigte. »Sie ist eine Hexe! Wir müssen sie verbrennen!« Sie bewegte sich auf sie zu, doch vergeudete Noma keinen Augenblick und lief los. Ehe die Masse sie dichter bedrängte, hatte sie die Maryka hinter sich gelassen - jedoch verfolgten sie die Hexe. Der Tumult auf den Wegen machte die Bewohner in ihren Häusern auf die Fremde aufmerksam, wodurch sich die Gruppe der Verfolger rasant vergrößerte. Noma nahm ihre Beine in die Hand und lief so schnell, wie sie konnte. Sie wusste nicht, wo sie hin musste, doch bald offenbarte sich vor ihr der größte Tempel dieser Stätte. Hier würde sie ihr Glück versuchen. Sie blickte hinter sich und erkannte, dass ihre Verfolger ihr weiterhin dicht auf den Fersen waren. Sie wandte sich wieder um und stürzte beinahe in einen Abgrund. Nur schwer konnte sie ihr Gleichgewicht wiederfinden. Die Brücke war eingestürzt und es schien keinen anderen Weg zur gegenüberliegenden Seite zu geben. Die Maryka kamen immer näher. Was sollte sie nur tun? Würde das Volk sie erwischen, würde sie gewiss auf dem Scheiterhaufen brennen müssen. Und so wollte sie nicht enden. Sie wusste, dass sie sterben müsste, schließlich hatte sie nur drei Tage Zeit, ehe sie wieder im Wald sein müsste. Von dem Trank, der sie hätte zurückbringen können, hatte sie sich schließlich nichts abgefüllt. Und zu Fuß würde sie es nimmer zurückschaffen. Aber im Moment bereitete es ihr mehr Sorgen, dass es keinen Weg zum Tempel gab. Plötzlich sah sie ihn jemanden verlassen. Ein alter, kauziger Mann mit einem boshaften Lächeln auf den Lippen rannte heraus und sprang in den Abgrund. Noma glaubte kaum, was sie gesehen hatte. Wieso war er einfach in sein Verderben gesprungen? Sie blickte die steile Felswand hinab und konnte keinen Boden erkennen. Ohne Hexerei würde sie diese Schlucht nicht überwinden können. Die Maryka wussten schon, wer sie war, also brauchte sie sich nicht mehr zu verstellen. Sie sprang in die Tiefe. Ihre Verfolger blieben ungläubig vor dem Abgrund stehen und blickten hinunter.
Sachte glitt Noma zur Erde. Natürlich befand sich hier ein Boden. Wie hatte sie denken können,
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