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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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Wessen Kopf war es? Ich legte ihn wieder auf den Boden und rannte zu der schmalen Tür. Nichts zu hören, niemand zu sehen. Ich wollte schon in die Dunkelheit außerhalb des Schutzwalles hinausgehen, als mir bewußt wurde, daß ich damit riskierte, erstochen zu werden. Ich trat also wieder zurück in den Schutz der Mauer, zog die Tür zu und verriegelte sie. Dann ging ich zurück auf die Veranda und rief mit so ruhiger Stimme, wie ich konnte, Curtis. Anscheinend hatte mich dennoch der Klang meiner Stimme verraten, denn nicht nur Sir Henry kam aufgeregt herausgelaufen, sondern auch Good und Mackenzie hatten sich vom Tisch erhoben und kamen auf die Veranda.
    »Was ist passiert?« rief der Geistliche mit nervöser Stimme.
    Es blieb mir keine Wahl; ich mußte ihnen alles erzählen.
    Mr. Mackenzie wurde unter seiner rosigen Gesichtshaut totenbleich. Wir standen unmittelbar neben der Flurtür, und in dem daraus fallenden Licht konnte ich alles recht gut erkennen. Mackenzie ergriff den Kopf bei den Haaren und hielt ihn ins Licht.
    »Es ist der Kopf von einem der Männer, die Flossie begleitet haben«, brachte er keuchend hervor.
    Wir standen wie angewurzelt da und starrten uns gegenseitig entsetzt an. Was sollten wir nun tun?
    Im selben Moment klopfte es an der Tür, die ich gerade noch verriegelt hatte, und eine ängstliche Stimme rief: »Öffne, mein Vater, öffne!«
    Die Tür wurde aufgeschlossen, und herein stürzte ein zu Tode verängstigter Mann. Es war einer der Späher, die Mackenzie ausgesandt hatte.
    »Mein Vater«, schrie er, »die Masai sind hinter uns her! Ich sah eine riesige Anzahl von ihnen um den Hügel herumkommen. Sie sind auf dem Weg zu dem alten steinernen Kraal unten an dem kleinen Fluß. Mein Vater, mache dein Herz stark! Mitten unter ihnen sah ich den weißen Esel, und auf ihm ritt die Wasserrose (Flossie). Ein Elmoran führte den Esel und neben ihm ging weinend das Kindermädchen. Die Männer, die am Morgen mit ihr gegangen sind, konnte ich nicht erkennen.«
    »Lebte das Kind?« fragte Mackenzie mit heiserer Stimme.
    »Sie war weiß wie der Schnee, mein Vater, aber wohlbehalten. Sie kamen ganz dicht an mir vorbei, und als ich von meinem Versteck aufblickte, sah ich ganz deutlich ihr Gesicht im Licht der Sterne.«
    »Gott stehe ihr und uns bei!« brachte der Geistliche mit einem Stöhnen hervor.
    »Zu wie vielen sind sie?« wollte ich wissen.
    »Mehr als zweihundert – zweihundert und ein halbes Hundert.«
    Wieder warfen wir uns einen Blick zu. Was sollten wir in dieser Lage tun? Ein lautes, forderndes Rufen an der Tür schreckte uns aus unseren Gedanken auf.
    »Öffne die Tür, weißer Mann; öffne die Tür! Hier ist ein Bote – ein Bote, der mit dir sprechen will.«
    Umslopogaas rannte zur Mauer, hielt sich mit seinen langen Armen an der Krone fest, zog sich ein Stück hoch und schaute über die Mauer hinweg nach draußen.
    »Ich sehe nur einen einzelnen Mann«, meldete er. »Er ist bewaffnet und trägt einen Korb bei sich.«
    »Öffne die Tür!« rief ich ihm zu. »Nimm deine Axt, stell dich neben den Eingang und laß den Mann herein. Sollte noch ein weiterer folgen, dann töte ihn.«
    Der Zulu öffnete die Tür. Rasch stellte er sich in den Schatten der Mauer und hob seine Axt, bereit, sofort zuzuschlagen. Just in diesem Augenblick ging der Mond auf. Ein paar Sekunden warteten wir gespannt, und dann kam ein Masai Elmoran zur Tür hereinstolziert. Er trug den vollen Kriegsschmuck, wie ich ihn schon beschrieben habe. Bei sich hatte er einen großen Korb. Die Spitze seines Speers blitzte hell im Mondlicht auf, während er auf uns zuging. Er war von athletischer Statur. Sein Alter schätzte ich auf etwa fünfunddreißig Jahre. Tatsächlich schien keiner der Masai, die ich bisher gesehen hatte, kleiner als sechs Fuß zu sein, obwohl die meisten von ihnen noch ziemlich jung waren. Der Masai blieb vor uns stehen, setzte den Korb ab und rammte seinen Speer in den Boden, so daß er aufrecht stand.
    »Laßt uns sprechen«, sagte er. »Der erste Bote, den wir zu euch sandten, konnte nicht sprechen.« Er zeigte auf den Kopf, der auf dem Steinfußboden lag. Nun, da der Mond auf ihn schien, gab er einen grausigen Anblick ab. »Aber ich habe Worte zu sagen, wenn ihr Ohren habt, sie zu hören. Auch Geschenke habe ich mitgebracht« – er wies auf den Korb, der auf der Erde stand, und stieß ein solch unverschämtes Lachen aus, wie man es kaum beschreiben kann, aber welches man doch bewundern mußte, wenn man

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