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Allan Quatermain

Allan Quatermain

Titel: Allan Quatermain Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Rider Haggard
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denn von Natur aus bin ich ein sehr furchtsamer Mensch. Mein Plan war, mich nach dem geglückten Austausch, wenn das Mädchen in Sicherheit war, sofort zu erschießen. Ich bin sicher, daß der Allmächtige die besonderen Umstände des Falles in Betracht gezogen und mir den Selbstmord verziehen hätte. All dies und vieles andere schoß mir innerhalb von nur ein paar Sekunden durch den Kopf.
    »Hören Sie, Mackenzie«, rief ich. »Sagen Sie dem Mann, daß ich mich für Flossie austauschen lassen will. Die einzige Bedingung, die ich stelle, ist die, daß sie mich erst dann töten, wenn Flossie unversehrt hier im Haus angelangt ist.«
    »Was?« entfuhr es Sir Henry und Good gleichzeitig. »Das läßt du schön bleiben!«
    »Nein, nein«, mischte sich Mr. Mackenzie ein, »ich werde um keinen Preis meine Hände mit dem Blut eines Menschen besudeln. Wenn es Gottes Entscheidung ist, daß meine Tochter diesen schrecklichen Tod erleidet, so soll Sein Wille geschehen. Sie sind ein tapferer Mann, Quatermain (was auf keinen Fall stimmt), und ein edelgesinnter dazu, aber ich werde nicht zulassen, daß Sie in den Tod gehen.«
    »Wenn sich keine andere Lösung finden läßt, dann werde ich gehen!« sagte ich in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ.
    »Diese Angelegenheit ist zu wichtig, als daß wir sie auf der Stelle entscheiden könnten«, sagte Mackenzie, an den Elmoran gewandt. »Wir müssen die Sache erst überdenken. Du wirst unsere Antwort noch vor dem Morgengrauen erhalten.«
    »Wie du willst, weißer Mann«, sagte der Wilde in gleichgültigem Ton. »Aber vergiß nicht: Wenn deine Antwort zu spät eintrifft, dann wird die kleine weiße Knospe niemals zu einer Blume heranwachsen. Denn hiermit werde ich die Knospe abschneiden.« Bei diesen Worten faßte er an den Speer, der neben ihm im Boden steckte. »Wenn ich nicht genau wüßte, daß deine Männer nicht hier sind, würde ich glauben, daß du uns hereinlegen und in der Nacht angreifen willst. Aber ich weiß von der Frau, die bei dem Mädchen ist, daß alle deine Männer bis auf zwanzig unten an der Küste sind. Es ist nicht klug, weißer Mann«, fügte er mit einem höhnischen Lachen hinzu, »für deinen ›Boma‹ (Kraal) nur eine so kleine Besatzung zu haben. Ich wünsche dir eine gute Nacht, weißer Mann, und auch euch, ihr anderen weißen Männer, deren Augen ich bald für immer schließen werde, wünsche ich eine gute Nacht. Beim Morgengrauen erwarte ich eure Antwort. Wenn nicht, dann wird alles so geschehen, wie ich es gesagt habe; vergeßt das nicht.« Dann wandte er sich Umslopogaas zu, der die ganze Zeit hinter ihm gestanden und ihn beäugt hatte. »Öffne mir die Tür, Bursche, aber schnell!«
    Das war zuviel für den Geduldsfaden des alten Häuptlings. Während der letzten zehn Minuten hatte es ihm schon gewaltig in den Fingern gejuckt, und bei dem Gedanken, es dem Masai Lygonani zu geben, war ihm buchstäblich das Wasser im Munde zusammengelaufen. Und jetzt das – da war das Maß voll. Er legte seine große Hand auf die Schulter des Elmorans und drehte den Masai so zu sich herum, daß sie sich Auge in Auge gegenüberstanden. Dann schob er sein wutverzerrtes Gesicht ganz nahe an die höhnisch grinsende, bösartige federumrahmte Fratze des Masai und knurrte leise:
    »Siehst du mich?«
    »Ja, Bursche, ich sehe dich.«
    »Und siehst du das hier?« Bei diesen Worten hielt er ihm Inkosi-kaas ganz dicht vor das Gesicht.
    »Ja, Bursche, auch dein Spielzeug sehe ich; und was ist damit?«
    »Du räudiger Hund von einem Masai, du jämmerlicher, prahlerischer Windbeutel, du elende Memme, die sich an kleinen Kindern vergreift, mit diesem ›Spielzeug‹ werde ich dir deine Gliedmaßen der Reihe nach abhacken. Sei froh, daß du als Bote hier bist, sonst würde ich hier, auf der Stelle, deine stinkenden Glieder über das Gras verstreuen.«
    Der Masai schüttelte seinen großen Speer und lachte laut und ausgiebig. »Ich wünschte, wir könnten uns Mann gegen Mann gegenüberstehen. Dann würden wir ja sehen.« Dann wandte er sich ab und ging, immer noch lachend, auf die Tür zu.
    »Du wirst mir noch früh genug Mann gegen Mann gegenüberstehen, hab keine Angst«, erwiderte Umslopogaas, immer noch in demselben drohenden Tonfall. »Du wirst mir Auge in Auge gegenüberstehen, mir, Umslopogaas, vom Blute des Chaka, aus dem Volke der Amazulu, Hauptmann im Regiment der Nkomabakosi! Du wirst mir gegenüberstehen wie schon so viele vor dir, und du wirst dich Inkosi-kaas beugen,

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