Alle lieben Emma
und zersprang in tausend Scherben. Vorsichtig sammelte ich die Münzen auf und fegte die Scherben beiseite. Dann machte ich mich ans Geldzählen. Das ging leider ziemlich schnell. Es waren genau fünf Euro siebenundachtzig. Nicht gerade ein Vermögen. Eigentlich war das kein Wunder. Wenn man nur alle Jubeljahre etwas in sein Sparschwein steckt, kann auch nicht viel drin sein. Trotzdem hatte ich gehofft, dass sich das Geld vielleicht klammheimlich ein bisschen vermehrt hätte. Hatte es aber nicht.
Ob man für fünf Euro siebenundachtzig einen Blumenstrauß bekam? Bestimmt nicht. Wahrscheinlich reichte das gerade mal für eine Topfpflanze. Aber davon ließ sich Mama vermutlich nicht beeindrucken. Wenn sie dachte, dass Papa ihr eine Topfpflanze geschickt hatte, würde sie höchstens noch wütender auf ihn werden. Nein, wenn überhaupt, dann brauchte ich einen riesengroßen, bombastischen, knallbunten Blumenstrauß, der Mama einfach umhaute.
Ich stopfte die fünf Euro siebenundachtzig in meine Hosentasche und ging zu Tim. Er schlief natürlich noch. Tim ist nämlich im Gegensatz zu mir ein richtiger Langschläfer. Wenn ihn niemand weckt, wacht er erst mittags auf. Das könnte mir nie passieren. Und Tim heute auch nicht, denn ich musste dringend mit ihm sprechen. Es dauerte allerdings wie üblich eine Weile, bis er richtig wach war. Zum Glück hatte ich im Lauf der Jahre ein paar Weckmethoden entwickelt, die todsicher wirkten.
Erst zog ich ihm mit einem Ruck die Decke weg und brüllte in sein Ohr: »Wach auf, du Schnarchnase!«
Als er sich zu einer Kugel zusammenrollte, fing ich an, auf seinem Bett herumzuhüpfen wie auf einem Trampolin. Dazu sang ich aus voller Kehle »Im Frühtau zu Berge«. Es klang ziemlich schief, ich kann nämlich nicht besonders gut singen. Aber ich hatte kein bisschen Mitleid mit ihm. Das war die gerechte Strafe dafür, dass er nichts gegen die Eindringlinge getan hatte.
Die zweite Strophe gab ihm den Rest. Stöhnend drehte er sich auf den Rücken und blinzelte in die Morgensonne, die genau auf sein Kopfkissen schien.
»Mensch, Emma, was soll das? Es ist gerade mal acht Uhr«, maulte er nach einem Blick auf seinen Wecker. »Kannst du mich nicht wenigstens in den Ferien mal ausschlafen lassen?«
Ich hörte mit der Hüpferei auf und ließ mich neben Tim auf das Bett fallen.
»Nein. Sei froh, dass ich überhaupt noch mit dir rede, du Verräter.« Ich holte tief Luft, um ihm ordentlich die Meinung zu sagen. Aber dann fiel mir ein, dass ich das vielleicht besser auf später verschieben sollte. Schließlich wollte ich was von Tim. Also sagte ich nur: »Es gibt wichtigere Dinge als schlafen. Zum Beispiel Geld. Kannst du mir zufällig was leihen?«
Tim rieb sich den Schlaf aus den Augen und setzte sich auf. »Geld? Vergiss es! Ich bin total pleite. Mein letztes Taschengeld ist für die Kabel draufgegangen, die ich gestern in meinen Rechner eingebaut habe.«
Ich seufzte. »So ein Mist! Und bis zum nächsten Taschengeld dauert es noch zweieinhalb Wochen. Das ist viel zu spät.«
»Zu spät wofür? Was willst du überhaupt mit dem Geld?«, fragte Tim.
Ich erklärte ihm meinen Plan mit dem Versöhnungsblumenstrauß.
»... und wenn Mama denkt, dass Papa ihr Blumen schickt, ist sie bestimmt nicht mehr sauer auf ihn. Und dann vertragen sich die beiden wieder«, schloss ich. Dann wartete ich darauf, dass Tim mir zu meinem tollen Plan gratulierte.
Aber mein Bruder schien nicht besonders begeistert zu sein. Er sah mich mit einem merkwürdigen Blick an und schüttelte langsam den Kopf. »Ich glaube nicht, dass das klappt, Emma.«
»Wieso denn nicht? Ich muss nur irgendwie das Geld zusammenkratzen. Ob Klaus mir was leiht?«
»Bestimmt nicht, Klaus ist doch selbst ständig pleite. Und mal ganz davon abgesehen: Das funktioniert so nicht. Selbst wenn Mama glaubt, dass Papa ihr Blumen schickt, wird sie sich deswegen noch lange nicht mit ihm vertragen.«
»Hast du vielleicht eine bessere Idee?«, fragte ich wütend.
Immer musste Tim den Schlaumeier spielen, der alles besser wusste. Und das nur wegen dieser läppischen sieben Minuten! Großer Bruder – dass ich nicht lache!
»Nein«, gab Tim zu. »Aber vielleicht ist es ja auch wirklich besser, wenn Mama und Papa sich trennen. Zumindest für eine Weile. Und wenn Papa tatsächlich eine Freundin hat ...«
»Spinnst du? Jetzt fängst du auch noch mit dem Quatsch an! Meinst du etwa diese komische Carola?«
»Na ja, immerhin wohnt er bei ihr ...«
»Na
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