Alle lieben Emma
hatte mal vergessen, meine Uhr von Winterzeit auf Sommerzeit umzustellen und war montags eine Stunde zu spät in die Schule gekommen. Auch sonst kam ich ziemlich oft zu spät. Deshalb dachte ich mir erst nichts dabei, als Bastian nicht auftauchte. Kann ja jedem mal passieren. Obwohl es mich schon ein bisschen ärgerte, dass er mich warten ließ. Er schien es ja nicht besonders eilig zu haben, mich zu treffen.
Um zwanzig nach drei kam der Kellner wieder an meinen Tisch.
»Möchtest du noch etwas bestellen,
Signorina
?«, fragte er.
Ich überlegte kurz und antwortete: »Nein, danke. Kann ich bezahlen?«
Ich kramte einen Euro und fünfzig Cent aus meiner Hosentasche und gab dem Kellner das Geld. Dann stand ich auf und ging zu der Bank, auf der ich vorhin schon gesessen hatte.
Sofort ging der Kampf um meinen Tisch los. Ein Teenager-Pärchen, zwei Frauen und ein Opa mit seinen Enkeln stürzten sich darauf. Das ältere Ehepaar war inzwischen woanders hingegangen. Das Teenager-Pärchen gewann das Rennen und die anderen stellten sich wieder auf den Bürgersteig neben die Tische. Sie sahen ganz schön genervt aus.
Ich setzte mich auf die Bank und wartete. Als die Rathausuhr vier Mal schlug, stand ich auf und ging. Selbst wenn Bastian vergessen hatte, seine Uhr umzustellen, hätte er inzwischen hier sein müssen. Es gab nur zwei Erklärungen: Entweder, er hatte unsere Verabredung vergessen, oder er hatte keine Lust mehr gehabt, sich mit mir zu treffen. Ich wusste nicht, was mir weniger gefiel.
Während ich auf den Bus wartete, versuchte ich, wütend auf Bastian zu sein. Es war schließlich eine riesige Sauerei, mich in die Eisdiele zu bestellen und dann einfach nicht aufzutauchen. Er hätte wenigstens absagen können! Das hätten Tim oder Lea mal mit mir machen sollen. Ha! Ich hätte sie in der Luft zerrissen.
Aber ich war nicht wütend, ich war bloß traurig.
Eins war sicher: Das war eindeutig der blödeste erste Ferientag in der Geschichte der Menschheit.
4. Kapitel
Flötengedudel, Tofuwurst und ein fettes Kaninchen
M itten in der Nacht wachte ich davon auf, dass die Holzdielen in meinem Zimmer laut knarrten. Ich schreckte hoch. Draußen war es stockdunkel. Da lief jemand durch mein Zimmer! Ich wollte gerade »Hilfe, Einbrecher!« rufen, da zischte eine Stimme neben mir: »Keine Panik, ich bin’s nur. Ich muss mal aufs Klo. Schlaf weiter, ich bin auch ganz leise.«
Die Nebelkrähe! Sie trampelte quer durch das Zimmer und polterte dann die Treppe hinunter zum Bad. Das sollte leise sein? Dann wollte ich nicht wissen, was sie unter laut verstand. Fünf Minuten später kam sie wieder zurück und lief im Dunkeln gegen das Regal, das sie und Mama als Raumteiler quer ins Zimmer gestellt hatten. Ein paar Bücher fielen polternd zu Boden. Die Nebelkrähe schimpfte vor sich hin und stapfte zu ihrem Bett. Na endlich! Ich drehte mich zur Wand und zog mir die Decke über den Kopf.
In dieser Nacht rannte Mona noch drei Mal aufs Klo und jedes Mal veranstaltete sie dabei einen Höllenlärm. Die restliche Zeit schnarchte sie, dass die Wände wackelten. Es war schlimmer als jeder Alptraum.
Morgens war ich hundemüde. Beim Aufstehen machte ich extra viel Krach, aber Mona lag in ihrem Bett und rührte sich nicht. Sie schlief wie ein Stein.
Missmutig suchte ich meine Klamotten zusammen und zog mich an. Dann öffnete ich das Dachfenster, um etwas frische Luft ins Zimmer zu lassen. Wahnsinn, dass ein einziges Kaninchen so sehr stinken konnte! Ich hatte keine Ahnung, wie Mona das aushielt. Der Käfig stand schließlich direkt neben ihrem Bett. Wahrscheinlich hatte sie sich schon so an den Gestank gewöhnt, dass sie ihn gar nicht mehr roch. Ich roch ihn dafür umso mehr. Warum konnte sie das blöde Vieh nicht draußen halten, wie jeder vernünftige Mensch? Kaninchen gehören nun mal nicht ins Haus, und in mein Zimmer schon gar nicht.
Fast genauso schlimm wie das stinkende Kaninchen fand ich die Topfpflanzen, die Mona in ihrer Ecke des Zimmers aufgestellt hatte. Hinter dem Raumteiler-Regal sah es aus wie im Urwald. Und bei jedem Luftzug raschelten die Blätter wie eine ganze Papierfabrik. Schade, dass es keine Fleisch fressenden Pflanzen waren, dann hätte sich zumindest das Problem mit Stinki bald erledigt.
Mein Zimmer kam mir auf einmal richtig fremd vor. Das Regal mitten im Raum, die Topfpflanzen, der Kaninchengestank und Monas Schnarchen – das gehörte alles überhaupt nicht hierher. Außerdem war es in Monas Ecke total
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