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Alle muessen sterben

Alle muessen sterben

Titel: Alle muessen sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: B. C. Schiller
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Braun aufgehört, mit dem Riot Girl zu reden, stattdessen lief „The longer the waiting ...“, eine Schnulze von Anna Ternheim, die Braun extra auf Kassette für sein Auto überspielt hatte und die er immer hörte, wenn er Gruber von seinen Telefonaten mit der Journalistin Kim Klinger erzählte. Auch damit würde es bald vorbei sein, denn bereits morgen würde die eigenartige Beziehung von Braun zu dieser Journalistin Geschichte sein.
    Wie ferngesteuert ging Gruber auf die Eingangstür seines Lofts zu, ließ hinter sich die Tür offen und drückte alle Liftknöpfe gleichzeitig. Während er die Stirn auf das Alu der Lifttür legte, hörte er immer noch Anna Ternheim und drückte, als sich die Lifttür öffnete, die Wiederholungstaste seines Handys. Er sprach Braun dann doch auf die Mailbox, um ihn zu warnen, aber im Lift war die Verbindung schnell unterbrochen und er wusste nicht, ob seine Nachricht angekommen war. In der Tiefgarage verlor er seine Autoschlüssel und kroch fluchend über den Boden. Er fand sie nach quälenden Minuten, setzte sich ächzend in den Fiat 500, schrammte an einem Betonpfeiler entlang und hielt seinen Kopf seitlich aus dem Fenster, um im prasselnden Regen wieder nüchtern zu werden.
    Als er zufällig die Digitaluhr ins Blickfeld bekam, wurde er schlagartig nüchtern. Es waren nur noch drei Minuten bis zum Ende von Brauns Talkradio „Talk ohne Limits“ und Gruber brauchte noch mindestens zehn Minuten, um zu den „Wahren Werten“ zu gelangen. In der Zwischenzeit war Braun wahrscheinlich so gut wie tot.
    *

    Kim Klinger hatte auf ihrem Laptop den Stream der „Wahren Werte“ unter einem Pseudonym abonniert, denn niemals hätte sie Braun gegenüber zugegeben, dass sie seine Sendung überaus schätzte und vor allem seine dunkle Stimme liebte. Braun redete gerade mit einem übergeschnappten Mädchen, das mit dem Baseballschläger auf junge Burschen losging und einen zu einem Pflegefall geprügelt hatte.
    Braun brachte das Gespräch auf die richtige Ebene, redete von Schuld und Sühne und vom Tragen der Konsequenzen, ohne lange über mögliche Risiken nachzudenken.
    Vielleicht sollen wir auch das Risiko eingehen und uns wirklich verlieben, vielleicht sollen wir diese „Long Distance Calls“ beenden, dachte Kim und öffnete eine der kleinen grünen Jägermeister-Flaschen. Als sie das Fläschchen in einem Zug leergetrunken hatte, hörte auch Samsa in ihrem Kopf mit seinen Rundgängen kurz auf und Kim versuchte, sich auf das Schreiben zu konzentrieren. Sie wurde immer wieder von Brauns Gespräch abgelenkt, in dem das Mädchen weinte und schluchzend versprach, den Jungen in der Reha zu besuchen. Warum nur habe ich Braun verboten, mich in der Reha zu besuchen, dachte Kim und wünschte sich in diesem Moment, dass sich die Tür zu ihrem Zimmer öffnen und Braun eintreten würde. Nervös würde er sich den Bart am Kinn kratzen und auf seine abgetretenen Stiefel starren, während er sie ganz beiläufig wie ein Teenager fragen würde, ob er sie ins Kino einladen dürfe.
    Aber das waren nur Kims sentimentale Gedanken zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens, ehe ihr Handy klingelte und Brauns Stimme zu hören war und ein „Long Distance Call“ begann. Als sie aus ihren Gedanken schrak, hörte sie einen Song, den Braun ihr einmal nachts am Handy vorgespielt hatte, der ihr aber damals viel zu kitschig vorkam. Doch diesmal entfaltete das Lied eine eigene Magie und gegen ihren Willen scrollte Kim durch die vielen Nummern auf ihrem Handy, um Zeit zu gewinnen, denn Brauns Nummer kannte sie natürlich auswendig. Mit geschlossenen Augen hörte sie das Klingeln, wünschte sich, er würde abheben, dann doch wieder nicht, war aber letztendlich enttäuscht, dass sie nur auf Brauns Mailbox kam. Ohne eine Nachricht zu hinterlassen, drückte sie auf „Aus“ und hatte plötzlich das Gefühl, als hätte sie mit dem Drücken der „Aus“-Taste eine unsichtbare Schnur gekappt, die sie und Braun verbunden hatte, als wäre damit Braun für immer aus ihrem Leben verschwunden.

55. Der hinterhältige Anschlag

    Tony Braun hatte den Song noch immer im Ohr, als er auf einem der wackeligen Stühle in den „Wahren Werten“ ein letztes Bier trank. Giorgio Miller war nirgends zu sehen, als sich die Tür des Technikraums öffnete und der Webmaster auftauchte und langsam mit wiegenden Schritten auf Braun zukam. Er zwirbelte seine hüftlangen Dreadlocks, während er Braun ein Protokoll reichte.
    „Heute hast du dich selbst

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