Alle Rache Will Ewigkeit
meldete. Lisa drückte auf den Knopf für die Ansage, stellte auf Lautsprecher und hörte aufmerksam zu. Als sie die Bedeutung der Nachricht zu begreifen begann, verdüsterte sich ihr Gesichtsausdruck.
»Charlie, hier Nick. Es ist erstaunlich, aber die Leute von der Telefongesellschaft haben sich bei uns gemeldet. Jay hat vom Berg oben einen Anruf getätigt, der zwölf Minuten dauerte. Sie rief die Festnetznummer von Lisa Kent an. Ist das nicht die Frau, mit der du über Jay gesprochen hast? Ich glaube, du solltest dich vielleicht absichern. Ruf mich an, wenn du diese Nachricht bekommst.«
Es hätte kaum schlimmer kommen können, dachte Charlie. Jetzt gab es absolut keine Möglichkeit mehr, sich aus dieser Situation zu retten, indem sie versprach, Stillschweigen zu bewahren.
Lisas Oberlippe verzog sich zu einem höhnischen Lächeln. »Oh, Charlie. Du konntest es einfach nicht seinlassen, was?«
»Was hast du zu ihr gesagt, Lisa? Hast du sie überredet, das Seil durchzuschneiden? Ging es darum bei dem Anruf?« An der Zeit, zum Angriff überzugehen, dachte Charlie. Passivität würde ihr jetzt bestimmt nicht helfen.
»Sie rief mich an, weil sie mich als letzte Anruferin leicht durch Wiederwahl erreichen konnte. Sie wollte, dass ich die Bergwacht alarmiere, weil sie die Nummer nicht hatte und ihr Akku fast leer war. Ich überzeugte sie, dass sie das Seil durchtrennen und sich retten sollte, wenn sie innerhalb von zwei Stunden nicht kämen. Dann ging ich einkaufen.« Sie grinste. »Ich brauchte mindestens zwei Stunden, bis ich dazu kam, die Bergwacht anzurufen. Was gut war, denn Kathy machte den Verkauf von doitnow.com äußerst schwierig.«
»Ich glaube nicht, dass es Jay sehr glücklich machte, das Seil zu durchschneiden.«
Lisa zuckte mit den Achseln. »Erst mal nicht. Aber auf lange Sicht war es das Beste.«
Charlie bezweifelte nicht, dass dies hier eine der am schwersten gestörten Persönlichkeiten war, die sie je getroffen hatte. Dass sie sich so in sie verknallt hatte, war beschämend. Aber andererseits war es bemerkenswert, wie differenziert Lisas Wahnvorstellungen waren, wie konsequent sie sie durchgehalten hatte und wie gut es ihr gelungen war, sie zu verbergen. Das Problem war jetzt, dass Lisa Charlie töten musste, um die Integrität ihrer Überzeugungen aufrechtzuerhalten. Es war höchste Zeit, dass sie versuchte, sich auf die einzige Art und Weise zu retten, die sie kannte. »Mich umzubringen ist eine wirklich schlechte Idee«, sagte Charlie.
»Glaub ich nicht.«
»Viele Leute wissen, dass ich gegen Jay ermittelt habe. Nick Nicolaides, Maria, Corinna Newsam. Wenn man mich hier tot auffindet, bei Jennas Leiche, ist das ein direkter Hinweis auf Jay. Du würdest sie genau in die Schusslinie bringen.«
Lisa lachte. Es klang keineswegs verrückt. Eher als wenn ein ganz normaler Mensch einen guten Witz gehört hat. »Einen Versuch war’s ja wert, Charlie. Reicht aber nicht ganz. Als Jay die Leiche versteckte, nahm sie auch die Mordwaffe mit nach Haus, verstehst du? Hat sie abgewischt und dorthin zurückgelegt, wo sie hingehörte, in die Hütte in Howard Calders Garten. Dort war sie seitdem.« Sie trat ein paar Schritte zurück in den Flur und griff mit der linken Hand nach unten, behielt aber Charlie die ganze Zeit im Blick. Mit einem Kricketschläger in der Hand kam sie wieder zum Vorschein. »Bis heute früh. Und schau mal hier, oben auf der flachen Seite. Ins Holz eingebrannt. H. Calder. Wahrscheinlich sind noch Spuren von Jennas DNA dran. Und bald wird deine DNA dazukommen.«
»Warum sollte Howard mich umbringen?«
»Natürlich weil du herausgefunden hast, dass er Jenna getötet hat.«
Charlie schüttelte verwirrt den Kopf. »Warum sollte Howard die Mordwaffe aufheben? Soweit er wusste, hatte er sie am Tatort zurückgelassen. Wie wäre er damit umgegangen, dass sie in seiner Hütte auftauchte?«
»Gute Frage. Jay vermutet, dass er dachte, dass alles, was nach der Tat geschah, ein Geschenk Gottes an ihn gewesen sei. Er musste ja völlig perplex gewesen sein wegen des Verschwindens der Leiche und weil der Kricketschläger wieder auftauchte. Sie dachte immer, deshalb hätte er wegen Jennas Verschwinden bei der Polizei so einen Aufstand gemacht. Er glaubte, in absoluter Sicherheit zu sein, weil Gott auf seiner Seite stand. Er hatte Gottes Werk getan, hatte die Sünderin beseitigt. Vollkommen bescheuert, wenn du mich fragst.«
Da war er nicht der Einzige, dachte Charlie. »Nick weiß über dich
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