Alle Rache Will Ewigkeit
Ausdruck der Entrüstung auf dem Gesicht zurück. »Ihre Mutter umgebracht? Mach dich doch nicht lächerlich. Es war Howard, der ihre Mutter getötet hat. Er hatte von Rinks van Leer erfahren und folgte Jenna an dem letzten Morgen. Seiner Meinung nach sollte sie eher sterben, als seine verrückten christlichen Grundsätze zu verletzen. Als Jay kam, um mit ihrer Mutter zu sprechen, war Jenna tot. Er hatte ihr mit einem Kricketschläger auf den Hinterkopf geschlagen. Den er dann auf dem Boden neben ihr liegenließ.« Lisa rollte mit den Augen. »Na, klar. Jay erscheint also rechtzeitig, um zu sehen, wie er den Weg hochrennt. Sie hat Angst, dass er gekommen ist, um ihre Flucht zu verhindern, deshalb läuft sie hoch zu der Wohnung hier oben. Und sie sieht ihr Leben zerstört. Die Mutter tot, der Stiefvater kurz davor, wegen Mordes verhaftet zu werden. Was wird mit ihr geschehen? Alles wird sich auf sie stürzen. Die Polizei, die Kirche, die Medien. Sie wird mitten in diesem Chaos weder ihre Abschlussprüfung an der Schule machen noch nach Oxford gehen können. Das geringere von zwei Übeln ist eine Mutter, die weggelaufen ist, stimmt’s? Hab ich recht?« Sie hielt inne und wartete auf eine Antwort.
»Auf jeden Fall«, sagte Charlie. Dies war nicht die rechte Zeit, um an Lisas Version der Ereignisse herumzukritteln. »Also hat sie die Leiche versteckt?«
»Genau.« Lisa klang, als lobe sie eine besonders begriffsstutzige Schülerin. »Da lag noch jede Menge Baumaterial herum. Jay hatte im Leben genug Zeit in Provisorien zugebracht, um Grundkenntnisse im Heimwerken zu besitzen. Sie nahm die unteren Regalbretter heraus und stützte Jennas Leiche mit dem Koffer ab.« Lisa blickte an Charlie vorbei. »Aber ich glaube, sie erwartete nicht, dass sie sich in eine Mumie verwandeln würde.« Sie runzelte die Stirn. »Als sie mir davon erzählte, klang es, als hätte sie Jenna in einer luftdichten Umgebung eingeschlossen. Aber diese Öffnungen für die Heizungsentlüftung und der Kamin, die müssen die Leiche ausgetrocknet haben, und der Geruch stieg hoch in den Dachboden.« Sie rümpfte die Nase. »Alte Leute riechen ja sowieso, oder? Man würde sich nichts weiter denken wegen ein bisschen Gestank in der Wohnung eines alten Menschen.«
»Sie hat dir davon erzählt?«
Lisa nickte eifrig. »So intensiv war unsere Beziehung. Sie hat es niemandem sonst erzählt, aber eines Abends, als wir zusammen im Bett lagen, gestand sie es mir. Ich musste eine Möglichkeit finden, dieses Vertrauen zu vergelten. Als Jess Edwards sie bedrohte, tat ich, was getan werden musste.« Wieder dieses Lächeln, so normal, dass es Charlie zwang, ihren Begriff von Wahnsinn nachzujustieren. »Genauso mit dem schwedischen Programmierer. Im Moment fällt mir nicht mal sein Name ein.« Sie schüttelte stirnrunzelnd den Kopf. »Wie merkwürdig.« Sie zuckte mit einer Achsel. »Jedenfalls war das eine wirkliche Hilfe für Jay, weil ich auch noch seine ganzen Arbeitsergebnisse in die Hände bekam. Sie sagte mir, ich hätte jetzt meinen Beweis erbracht und müsste so etwas nicht wieder tun. Aber als ich sie an dem Nachmittag letzten Sommer in Oxford im St. Scholastika College sah und sie mir erzählte, dass sie Magda getroffen und welche Gefühle das bei ihr ausgelöst hatte, da begriff ich, dass sie nicht glücklich werden konnte, bis sie ihre süße kleine Braut für sich hatte, mit der sie eine Weile ihr Spiel treiben konnte. Und ich kann es nicht ertragen, sie unglücklich zu sehen.«
»Du hast Philip Carling umgebracht? Du warst das?« Diesmal konnte Charlie nicht verbergen, wie schockiert sie war.
»Natürlich. Ich war auf der gleichen Tagung wie Jay an dem Wochenende damals. Gleich nachdem sie auf Magda getroffen war, tranken wir etwas zusammen. Sie war auf einem anderen Planeten. Ich tat, was jeder, der sie wirklich liebte, getan hätte. Ich machte sie glücklich.«
Ein langes Schweigen trat ein.
»Du erzählst mir das alles, weil du vorhast, mich zu töten, nicht wahr?«
Lisas Antwort wurde dadurch hinausgezögert, dass Charlies Handy klingelte. Lisa zog es aus der Tasche und schaute auf das Display. »Nick Nicolaides«, sagte sie. »Wer ist das?«
»Nur ein Freund«, sagte Charlie und versuchte, locker zu klingen.
»Ein Freund? Wirklich? Na ja, lass mal sehen, was dein Freund deiner Voicemail zu sagen hat.« Sie wartete und hielt das Handy so vor sich, dass sie Charlie noch beobachten konnte. Es dauerte nicht lange, bis sich die Voicemail
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