Alle Rache Will Ewigkeit
Fußgelenke zusammen«, befahl sie Charlie.
Obwohl sie sich wie eine Figur in einem schlechten Fernsehfilm vorkam, gehorchte Charlie und stand dann auf. Behutsam erhob sich Jay und entfernte sich von Lisa, die das Gesicht abwandte und sich zusammenkrümmte. Ihr Kiefer war schon rot und geschwollen, ein Bluterguss bildete sich. »Es tut mir leid«, sagte Jay, zog ihre Kleider zurecht und fuhr sich mit der Hand durchs Haar.
»Dafür ist es ein bisschen spät«, sagte Charlie. »Vier Menschen sind tot, weil Sie ihr nicht früher Einhalt geboten haben. ›Tut mir leid‹ reicht da nicht aus.«
»Wie soll es nun weitergehen? Werden Sie noch mehr Leben zerstören? Und wofür? Eine verrückte Vorstellung von Gerechtigkeit? Ich kenne Ihre Beziehung zur Gerechtigkeit sehr gut, Dr. Flint. Vier tote Frauen, deren Familien das auch wissen.«
Alle Wut, die Charlie unter Kontrolle gehalten hatte, brach plötzlich aus ihr heraus. »Lisa Kent hinter Gitter zu bringen wird Leben retten. Meines, zum Beispiel.«
»Sie wissen, dass das nicht zwangsläufig stimmt. Sicher ist Ihnen klar, dass sie einen Dachschaden hat? Sie werden sicherlich eine Kollegin haben, die Ihnen zustimmen würde, dass sie in eine Anstalt eingewiesen werden muss. Zu ihrer eigenen Sicherheit. Schauen Sie sie doch an.« Sie zeigte auf Lisa, die etwas Unverständliches in den Teppich murmelte. »Wenn sie schon so auf die nebensächliche Tatsache reagiert, dass ich mich gegen sie gewandt habe, dann, denke ich, kann man mit Sicherheit annehmen, dass Sie beweisen können, wie total übergeschnappt sie ist.«
Charlie schüttelte den Kopf. »Ihre Wahnvorstellungen sind zu geordnet und in sich schlüssig. Sie wird sich erholen und die, auf die es ankommt, überzeugen, dass sie so gesund wie irgendjemand ist und so vernünftig, wie man es nur von ihr erwarten kann. Dann wird sie entlassen, und wer weiß, was sie dann für notwendig hält? Es gibt keine andere Möglichkeit, Jay. Wir müssen die Polizei rufen.«
»Sie werden damit auch Howard Calder hinter Gitter bringen.«
»Da sollte er sein. Er hat Ihre Mutter umgebracht. Ist Ihnen das egal?«
Jay seufzte und starrte aus dem Fenster. »Ich glaube, Howard lebte seit zwanzig Jahren in seiner eigenen privaten Hölle. Gefängnis, Bestrafung, Schmerz – das wäre eine Erleichterung für ihn. Nein, ich will nicht, dass die Justiz Howard ihren armseligen Preis abverlangt. Ich bin zufrieden damit, wenn die Dinge genau so bleiben, wie sie sind.«
»Sie haben nicht das Recht, diese Entscheidung zu treffen. Wir zahlen einen Preis dafür, dass wir Teil der Gesellschaft sind. Sie sind nicht befugt, Regeln aufzustellen, die nur für Sie gelten. Es spielt keine Rolle, wie viel Geld Sie haben oder wie geschickt Sie in Geschäftsdingen sind. Das Gesetz ist nicht immer fair. Niemand weiß das im Moment besser als ich. Aber es ist das beste, was wir haben. Jetzt geben Sie mir Ihr Handy.«
Jay schüttelte den Kopf. »Das kann ich nicht tun, Charlie. Ich kann nicht in den Knast gehen. Es würde mich umbringen. Ganz zu schweigen davon, was das für Magda bedeuten würde, die die wirklich Unschuldige in der ganzen Sache ist. Als Corinna Sie auf diese Suche schickte, glauben Sie wirklich, da wollte sie, dass Sie das Leben ihrer Tochter zerstören? Das werden Sie nämlich tun.«
»Magda hat das Recht zu wissen, mit was für einer Frau sie zusammenlebt.«
»Mein Gott«, explodierte Jay. »Ich habe doch nur andere geschützt. Ich habe nie jemandem geschadet. Außer Kathy, und ich habe versucht, sie zu retten, wirklich. Ich bin nicht der Bösewicht hier.« Sie stieß mit dem Fuß gegen die ausgestreckt daliegende Lisa. »Sie ist die Mörderin, nicht ich.«
»Sie hätten sie aufhalten können. Sie hätten Leben retten können.«
»Sie hätten Bill Hopton aufhalten können. Sie hätten Leben retten können«, rief Jay. »Aber niemand schickt Sie dafür ins Gefängnis, oder?«
»Mit legalen Mitteln konnte ich ihn nicht aufhalten«, sagte Charlie aufgebracht. »Weil Bill Hopton damals niemanden umgebracht hatte. Anders als Lisa.«
Jay sah sich rasch um, als suche sie Inspiration. Sie wandte sich Charlie zu und ließ ihren ganzen Charme spielen. »Passen Sie auf, wir machen einen Deal. Geben Sie mir einen Vorsprung. Vierundzwanzig Stunden. Genug Zeit, um in irgendein Land zu kommen, mit dem wir kein Auslieferungsabkommen haben. Irgendein netter Ort, wo Magda mich treffen kann.« Jay breitete die Hände weit aus. »Ich bin keine
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