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Alle sieben Wellen

Titel: Alle sieben Wellen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniel Glattauer
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mit »Pam«.) Und, Leo, Aussehenist ja nicht alles. – Einer deiner Leitsprüche von früher. Erinnerst du dich?
     
    Sieben Minuten später
    Betreff: Einverstanden
    Jaaaa. Jaaaa. Jaaaa. Du siehst gut aus! Wir wissen es, alle wissen es! Eitelkeit befriedigt?
     
    Eine Stunde später
    Kein Betreff
    Okay, Leo, lass es nur schön auf dich einwirken.
     
    Zwei Stunden später
    Betreff: Meine vorletzte Frage
    Vielleicht wartest du einfach nur auf meine vorletzte Frage. Hier ist sie: Hören wir übermorgen eigentlich auf oder schreiben wir uns weiter, ich meine, gelegentlich, wenn einem von uns danach ist? Wir können uns ja trotzdem voneinander verabschieden, damit das Ganze offiziell ist, auch wegen »Pam«, damit da klare Verhältnisse sind. Ach ja, du bist natürlich »meilenweit davon entfernt«, dich von mir zu verabschieden, du legst die Gefühle einfach auf Eis. Egal. Schreiben wir uns noch? Oder willst du von nun an, quasi von »Pam« an, nicht mehr gestört werden? Sag es mir, dann schaue ich einfach nicht mehr ins private Postfach. Oder ich melde mich im Internet ab, nein, das wird nicht gehen, ich habe sieben neue Homepage-Kunden, die mögen meine Arbeit ganz gerne online. Egal. Schreiben wir uns noch, Leo? Geht das für dich trotz »Pam«? Es kann ruhig irgendwann sein. Aber tun wir es?
     
    Zehn Minuten später
    AW:
    Liebe Emmi, ja, wir tun es. Unter der Bedingung, die du gleich in der dritten Zeile genannt hast: »Wenn einem von uns danach ist«. Ich will ehrlich sein, Emmi: Ich kann nicht einschätzen,ob mir danach sein wird, wann mir danach sein wird, wie oft mir danach sein wird. Und wenn mir danach ist, wie gut es ist, dass ich es auch tue. Bitte warte nie auf eine E-Mail von mir! Kommt sie, dann war mir danach. Kommt sie nicht, dann wäre mir vielleicht danach gewesen, aber dann habe ich es doch besser nicht getan. Das Gleiche gilt umgekehrt. Wir dürfen uns nie mehr wahnsinnig damit machen, Post vom anderen zu erhoffen oder einer Antwort entgegenzufiebern. Wenn dir danach ist, dann schreibe mir, Emmi. Wenn mir danach ist, dann schreibe ich zurück.
     
    Drei Minuten später
    RE:
    Das war keine süße E-Mail, Leo! Aber ich habe dich verstanden. Und ich werde mich danach richten. Tschüss, für heute reicht’s. Jetzt ist mir danach zu schweigen. Morgen ist auch noch ein Tag. Wenn auch in gewisser Weise der letzte.
     
    Am nächsten Morgen
    Betreff: Letzte Frage
    Liebe Emmi: Wie hätte ich mich damals verhalten sollen, was hätte ich machen sollen, was wäre besser gewesen? – Damals, als mich dein Mann anflehte, aus deinem Leben zu verschwinden, eure Ehe nicht kaputt zu machen, eure Familie zu »retten«. War »Boston« nicht die einzige sinnvolle Lösung? Wie hätte ich anders, wie hätte ich richtiger entscheiden können? Die Frage quält mich seit eineinhalb Jahren. Bitte sag es mir!
     
    Eine Stunde später
    Betreff: Letzte Antwort
    DU allein hättest vielleicht nicht besser entscheiden können. Aber du hättest eben nicht alleine entscheiden dürfen. Du hättest MICH mitentscheiden lassen müssen. Du hättest mich in die Sache mit Bernhard einweihen müssen, wenn er selbstschon zu feige dazu war. Nicht an DIR lag es damals, meine Ehe zu »retten« oder zu beenden. Das lag an mir und meinem Mann! Dein Pakt mit ihm und deine geheimnisumwitterte Flucht nach Boston haben mir die Chance genommen, die richtigen Schritte zum richtigen Zeitpunkt zu setzen. Und, ja, du hättest um mich kämpfen müssen, Leo. Nicht wie ein Held, nicht wie ein Kerl, nicht wie ein »ganzer Mann«, nur wie jemand, der seinen Gefühlen vertraut. Ich weiß, ich weiß: Wir haben uns nicht gekannt, wir hatten uns ja noch nicht einmal gesehen. Na und? Ich behaupte, dass wir damals schon viel weiter waren. Wir haben zwar nicht in herkömmlicher Weise miteinander gelebt, aber wir haben mit dem jeweils anderen mitgelebt, das zählt mehr. Wir wären bereit gewesen, uns blind zu küssen, so sicher waren wir uns unserer Zuneigung. So eng war unsere Bindung. Aber du, du hast dich nicht dazu bekannt. Du hast mich aus falsch verstandenem Edelmut aufgegeben. Kampflos. DAS hättest du anders machen müssen. DAS hättest du besser machen können, lieber Leo!
     
    Zehn Minuten später
    AW:
    Ich wollte das Beste für dich. Ich bin leider nicht auf die Idee gekommen, dass ich selbst es sein könnte. Leider. Pech. Versäumt. Tut mir leid. Tut mir so leid!
     
    Fünf Minuten später
    Betreff: Meine letzte Frage
    Kommst du zu mir, Leo?
     
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