Alle Sorgen sind vergessen
Lunch ab. Ich hoffe, du hast bis dahin eine Antwort für mich.“
„Das ist nicht sehr lange, um über eine Verlobung nachzudenken.“
„Keine Verlobung. Eine Heirat. Ich wünschte, ich könnte dir mehr Zeit geben, aber wir haben schon lange genug gewartet. Ich möchte, dass du meinen Namen trägst, bevor das Baby zur Welt kommt.“
„Ich kann nicht versprechen, dass du morgen eine Antwort bekommst“, beharrte sie.
„Na schön. Aber denk wenigstens darüber nach, okay?“
„Ja.“
„Gut.“ Er beugte sich über sie und gab ihr einen züchtigen, aber irgendwie tröstenden Kuss auf die Stirn. „Ich hole dich im Büro ab“, versprach er und ging zur Tür. Dort drehte er sich noch mal um. „Gute Nacht, Allison.“
„Gute Nacht“, flüsterte sie.
Regungslos lauschte sie seinen leiser werdenden Schritten, als er durchs Wohnzimmer ging, und hörte, wie er die Tür öffnete und hinter sich schloss.
Dann herrschte Stille.
Er wollte heiraten. Aber nur, weil er das Baby wollte.
Nach kurzem Zögern zwang sie sich, einen Schluck von der warmen Milch zu nehmen.
Sie wusste, dass sie einen Weg finden würde, ihrem Kind eine gute Mutter zu sein, aber natürlich wäre alles viel leichter, wenn sie die Sorgen mit dem Vater des Babys teilen könnte.
Die Tatsache, dass Jorge sich zu seiner Verantwortung bekannte, erstaunte sie noch immer.
Sie brauchte nicht zu heiraten. Sollte sie je finanzielle Unterstützung brauchen, könnte sie ihre Eltern darum bitten.
Aber sie wusste auch, dass sie das nie tun würde. Die beiden würden sich sofort einmischen und versuchen, ihr Leben und das ihres Kindes zu kontrollieren.
Allison würde ihrem Baby keine Kindheit wie ihre eigene zumuten wollen. Sie war fest entschlossen, es vor den Schattenseiten des Ruhmes zu bewahren.
Durfte sie Jorge heiraten, obwohl er sie nicht liebte? Aber ich liebe ihn auch nicht, dachte sie. Wie sollte sie denn? Abgesehen von der Tatsache, dass er ein fantastischer Liebhaber war, wusste sie kaum etwas über ihn. Sich in jemanden zu verlieben dauerte doch sicher länger als eine Nacht, mochte sie auch noch so leidenschaftlich gewesen sein? Irgendwo in ihrem Hinterkopf lachte eine innere Stimme über diese nüchterne Analyse, aber Allison ignorierte sie.
Und dann war da noch ihr Job. Sie war noch nicht bereit, Eloise von der Schwangerschaft zu erzählen. Zumal ihre Chefin nicht gerade begeistert darüber war, dass eine der Krankenschwestern bald in den Mutterschaftsurlaub ging und sie eine Vertretung einstellen musste.
Allison leerte den Becher und stellte ihn ab. Seufzend fuhr sie sich mit den Fingern durchs Haar und schob es hinter die Ohren, bevor sie die Beine anzog und das Kinn auf die Knie legte.
Es gab so zu viel zu bedenken, und sie durfte sich dabei nicht nur von ihren Gefühlen leiten lassen. Hatte Jorge es nicht verdient, als Vollzeitvater für ihr gemeinsames Kind da zu sein? Und hatte das Baby es nicht verdient, in einer intakten Familie aufzuwachsen?
Sie hatte keine Ahnung, wie es sein würde, mit Jorge zusammenzuleben. Allein bei dem Gedanken daran machten sich unruhige Gefühle in ihrem Bauch breit.
Aber sie war es ihnen beiden und vor allem ihrem ungeborenen Kind schuldig, diese Möglichkeit ernsthaft in Betracht zu ziehen.
Die innere Unruhe wurde immer heftiger, und sie legte sich eine Hand auf den noch flachen Bauch.
Vermutlich würde es ihr nicht schwer fallen, sich in ihn zu verlieben. Aber was würde geschehen, wenn sie es tat und er ihr das Herz brach, indem er ihre Liebe nicht erwiderte?
Es war gar nicht ihre Art, so unentschieden zu sein. Sie fürchtete sich vor ihren Gefühlen für Jorge und der Möglichkeit, dass sie stärker wurden. Und genauso große Angst hatte sie vor den Veränderungen in ihrem Körper, die sie schon jetzt wahrnahm.
Genervt über ihre Unfähigkeit, eine klare Entscheidung zu treffen, schaltete Allison die Lampe aus und zog sich die Bettdecke unters Kinn. Dann schloss sie die Augen und sagte den Text ihres Lieblingssongs von Bob Dylan auf, während sie langsam und gleichmäßig atmete.
Sie war so müde, dass sie schon in der zweiten Strophe einschlief.
Auf der Fahrt nach Hause fühlte Jorge eine widersprüchliche Mischung aus Begeisterung und Sorge. Sein erster Impuls war gewesen, sich zu Allison ins Bett zu legen und sie erst wieder aus dem Bett herauszulassen, wenn sie einverstanden war, ihn zu heiraten. Die sexuelle Anziehung, die in jener Nacht zwischen ihnen pulsiert hatte, war noch da
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