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Alle Tränen dieser Erde

Alle Tränen dieser Erde

Titel: Alle Tränen dieser Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brian W. Aldiss
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ein anderer gedacht hatte. Vielleicht wußte die Reichsregierung genau Bescheid, war aber ohnmächtig, irgend etwas dagegen zu tun; was konnte man schließlich mehr tun, als man bereits tat?
    Smithiao war ein oberflächlicher Mensch – unvermeidbar in einer Kasten-Gesellschaft von solcher Schwäche, daß sie sich nicht selbst ins Gesicht sehen konnte. Nachdem er das entsetzliche Problem entdeckt hatte, entschloß er sich, es zu vergessen, seiner Wucht auszuweichen, alle persönlichen Folgen zu meiden, die es haben mochte. Mit einem Brummlaut an seine Limousine drehte er sich um und befahl die Heimfahrt.
    Da Gunpats Roboter schon fort waren, fuhr Smithiao den Weg, den er gekommen, allein zurück. Er wurde hinaus- und zum Fluggerät zurücktransportiert, der stumm unter den Ulmen stand.
    Bevor die Limousine sich wieder mit dem Fluggerät vereinigte, fiel Smithiao eine Bewegung auf. Halb verborgen von einer Veranda, stand Ployploy vor einer Ecke des Hauses. Plötzlich von Neugier ergriffen, stieg Smithiao aus. Die frische Luft war nicht nur in Bewegung, sondern stank auch nach Rosen und Wolken und grünen Dingen, die im Gedanken an den Herbst dunkel wurden. Für Smithiao war das erschreckend, aber ein abenteuerlicher Impuls trieb ihn vorwärts.
    Das Mädchen blickte nicht in seine Richtung, sondern zu der Baumbarrikade hinüber, die sie vor der Welt abschloß. Als Smithiao näherkam, ging sie um das Haus herum nach hinten, noch immer angestrengt Ausschau haltend. Er folgte vorsichtig und nützte die Deckung der kleinen Plantage. Ein metallener Gärtner in der Nähe arbeitete unbeirrt mit seiner Schere am Rasenrand, ohne ihn wahrzunehmen.
    Ployploy stand nun an der Rückseite des Hauses. Hier hatte sich eine Rokokolaune des alten Italiens mit einer chinesischen Begabung für bizarre Portale und Dächer vereint. Balustraden erhoben und senkten sich, Treppen marschierten durch Kreisbogen, graue und azurne Dachtraufen schwangen sich hinab bis fast zum Boden. Aber alles war auf traurige Weise verkommen; wilder Wein, der schon seine Farbenpracht ankündigte, bemühte sich, die Marmorstatuen umzustürzen; Wannen von Rosenblüten erstickten alle geschwungenen Treppen. Und dies alles bildete den idealen Hintergrund für die verlorene Gestalt Ployploys.
    Bis auf ihre zartrosa Lippen war ihr Gesicht völlig blaß. Ihr Haar war kohlschwarz; es hing glatt herab, nur einmal festgehalten, am Hinterkopf, um dann herabzufallen bis zu ihren Hüften. Sie sah wahrlich wahnsinnig aus, als ihre melancholischen Augen zu den großen Ulmen hinüberblickten, so als wollten sie alles niederbrennen, was im Weg stand. Smithiao drehte sich herum, um zu sehen, was sie so durchdringend anstarrte.
    Der wilde Mann brach eben durch das Dickicht um die Ulmenstämme.
    Ein Schauer fegte plötzlich herab und prasselte im trockenen Laub des Gebüschs. Wie ein Frühlingsschauer war er ebenso plötzlich wieder vorbei; während des kurzen Regengusses verließ Ployploy ihren Platz nicht, der wilde Mann sah nicht auf. Dann kam die Sonne heraus, warf ein Muster von Ulmenschatten über das Haus, und alle Blumen trugen ein Regenjuwel.
    Smithiao dachte an das, was er in Gunpats Zimmer gedacht hatte. Nun fiel ihm eine Ergänzung ein: Wenn der Schmarotzer Mensch verschwunden war, würde es der Natur nur allzu leicht fallen, wieder von vorn anzufangen.
    Er wartete angespannt, weil er wußte, daß ein Bruchstück des Dramas vor seinen Augen stattfinden würde. Auf dem glitzernden Rasen huschte ein winziges Raupending dahin, hüpfte über Stufen und verschwand durch einen Bogengang. Es war ein Grenzwächter, unterwegs, um Alarm zu schlagen.
    Nach einer Minute kam er zurück. Vier große Roboter begleiteten ihn; einen davon erkannte Smithiao als die krötenartige Maschine, die ihn bei der Landung angehalten hatte. Sie schlängelten sich zwischen den Rosensträuchern dahin, fünf unterschiedlich geformte Bedrohungen. Der metallene Gärtner murmelte vor sich hin, gab das Grasscheren auf und gesellte sich der Prozession zu dem wilden Mann zu.
    »Keine Chance hat er«, sagte Smithiao zu sich selbst. »So wenig wie ein Hund.« Die Bemerkung hatte ihren Sinn; alle Hunde waren, als überflüssig, längst ausgerottet worden.
    Inzwischen war der wilde Mann durch die Dickichtbarriere gebrochen und hatte den Rasen erreicht. Er brach einen belaubten Zweig ab und steckte ihn ins Hemd, so daß er sein Gesicht zum Teil verdeckte; einen zweiten Zweig steckte er in die Hose. Als die

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