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Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)

Titel: Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Henschel
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Misthaufen und Rübenfeldern führte ein Teerweg lang und an Masten mit Stromkabeln oder Telefonkabeln vorbei. Eher Telefon wohl, weil man die Kabel britzeln hören konnte. Da sabbelten die Leute.
    Dann eine Kapelle. Abgeschlossen. Und in der Ferne der Fernsehturm. Um dahinzukommen, mußten wir links vom Weg ab, querfeldein ins Tal runter und den nächsten Berg wieder hoch.
    Tote Bäume umkippen beim Abstieg und Wanderstöcke suchen, die was aushielten. Anhand von Sonnenstand und Uhrzeit hätte man rauskriegen können, wo Norden war, aber wie?
    Unten durch Matsche, feuchtes Moos und Dornen. Dann kam ein Bach, und wir suchten lange nach einer Stelle, wo wir trockenen Fußes rüberkonnten. Nur ja nicht auf einem von den Steinen ausgleiten. Sonst durfte man pladdernaß den Rückzug antreten, krepierte an Lungenentzündung und konnte die Radieschen von unten betrachten.
    Oberhalb vom Bach war eine Straße. Zum Verpusten setzten wir uns auf die Leitplanke. Von den Autos, die vorbeifuhren, hatten die meisten KO oder NR als Stadtkennzeichen, Koblenz oder Neuwied am Rhein. Als nächste Buchstaben hatten die Autos aus Neuwied CR. Alle, aber auch alle. NR-CR 304, NR-CR 67, NR-CR 750. Immer das gleiche. NR-CR, NR-CR, NR-CR. Ob die da keine anderen Buchstaben hatten beim TÜV in Neuwied?
    Als gerade mal kein Auto kam, versuchten wir, einen Gullydeckel aus der Verankerung zu ziehen, aber der war zu schwer.
    Dann die steile Anhöhe rauf. Hochziehen mußte man sich von einem Baum zum andern, Meter um Meter. Manche Stämme waren morsch und knackten ab, und an manchen wuchsen Schimmelpilze.
    Auf, du junger Wandersmann, jetzo kommt die Zeit heran!
    Oben war eine Ortschaft, Hillscheid. Dahinter ging es noch höher, und da fing auch der Wald wieder an. Vom Fernsehturm war nichts zu sehen, aber der mußte irgendwo in der Richtung stehen, die wir eingeschlagen hatten.
    Eine Schutzhütte. Udo liebt Steffi, ins Holz geritzt, und ein Drahtpapierkorb mit ausgesoffenen Bierflaschen.
    Dann eine Fichtenschonung, mit Aufklebern an den Bäumen: Kein Urlaubsort, wo Vogelmord! Dazu ein durchgestrichener Italienstiefel.
    Nach endlosem Gelatsche ragte der Fernsehturm vor uns auf, neunundneunzig Meter hoch. Ob da oben Leute drin arbeiteten? Oder lief das alles automatisch? Ringsherum ein hoher Zaun.
    »Vielleicht haben die da ja ’n Gästebuch«, sagte Michael. Da was reinkrickeln, nach dreißig Jahren wiederkommen und nachschlagen, was man damals geschrieben hat. Wir suchten nach einer Klingel am Tor, aber es gab keine. Nicht mal eine Bank zum Ausruhen gab’s da.
    Und dann den ganzen langen Weg zurück.
    Am Fußballplatz kriegte Volker von einem Jungen dessen Mofa geborgt und rief nach einer Runde auf der Aschenbahn: »Von jetzt an wird gespart!«
    Jahr um Jahr auf ein Mofa zu sparen, das konnte auch nur Volker einfallen.
    Renate hatte währenddessen Schluß mit Rüdiger gemacht, und Papa war zum Schrottplatz gefahren, um einen Rasenmähergriff zu organisieren.
    Von dem Geld, das sie in der Kaufhalle verdient hatte, kaufte Renate sich einen Flokati, um in ihrem Zimmer die verhaßten grünen Fliesen abzudecken.
    Seinen Geburtstag feierte Stephan Mittendorf großkotzig unten in Vallendar an der Kegelbahn in der Stadthalle, mit zehn Gästen. Haste was, dann biste was.
    Es war reine Glückssache, wieviele Kegel umflogen. »Den Wurfarm muß man lange ausschwingen lassen«, sagte Oliver Wolter hundertmal. Wenn ich was getroffen hatte, rief er, daß das Anfängerglück sei, und wenn seine Kugel von der Bahn abkam, krähte er: »Da brate mir doch einer einen Storch!«
    Der Kerl war so doof, wie er lang war.
    Zu trinken kriegten wir Sprite und Cola, soviel wir wollten.
    Die Kegel wurden automatisch wieder aufgestellt, was ich mir auch mal aus der Nähe ansehen wollte, aber da durfte man nicht hin, das war zu gefährlich.
    Ich denke oft an Piroschka hieß ein Film, der im Ersten kam. Wenn das kein Wink des Himmels war. Den Film wollte ich kucken, koste es, was es wolle, aber ich versuchte, so gelangweilt auszusehen, wie’s nur ging, als er lief.
    Die Piroschka in dem Film hatte Blumen und Schleifen im Haar und lief barfuß zwischen Heuhaufen rum. Die Frauen rauchten Pfeife und schälten Maiskolben, und die schnurrbärtigen Männer tanzten Csárdás oder geigten Zigeunerweisen und gaben sich Backenküsse. Von dem Bahnhofsschild, das man immer wieder sah, schrieb ich den unaussprechlichen Namen von dem Ort ab, in dem das spielte:

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