Alle vier Martin-Schlosser-Romane: Kindheitsroman - Jugendroman - Liebesroman - Abenteuerroman: Mit einem Vorwort von Frank Schulz (German Edition)
watt?«
Anders als die leichtgläubigen Knaben, die Tom Sawyer einst zum Streichen des Holzzauns drangekriegt hatte, wäre mir der Albers nie im Leben auf den Leim gegangen, wenn ich so getan hätte, als ob mir das Unkrautjäten Spaß mache, also hielt ich den Mund.
Zwei Minuten später radelte der Holzmüller auf der anderen Straßenseite vorüber und rief mir zu: »Unsere Stadt soll schöner werden! Weiter so!«
Am Ende einer superschwer zugänglichen Sackgasse hätten wir wohnen sollen statt an dieser stark frequentierten Kreuzung zweier Hauptverkehrstraßen.
»Menschenskind, du stöhnst dir hier vielleicht ’ne Naht zusammen«, sagte Mama, als sie nach zwei Stunden aufkreuzte, um mich zu trösten. »In ’ner Viertelstunde gibt’s Tee.«
Schöner Trost. Beim Wühlen in der Erde hatte ich mir den linken Daumennagel eingerissen. Daraus konnte eine Blutvergiftung entstehen. In meinen Grabstein könnten sie dann meißeln:
ER VERRECKTE AN DER GARTENARBEIT.
Mama seifte mir die Hände im Küchenwaschbecken ein, und ich fluchte, weil das Wasser zu heiß war.
»Jetzt langt’s mir aber!« rief sie. »Du mit deiner permanenten Scheißlaune! Und ich koch noch extra Tee und wasch dir hier die Pfoten! In deinem Alter hat mir die Gartenarbeit auch keinen Spaß gemacht, aber ich hab mich trotzdem nicht aufgeführt wie der letzte Mensch!«
Meine Fotos von der Goldenen Hochzeit waren alle verwackelt, bis auf eins, und auf dem kuckte Tante Dagmar – na, sagen wir mal: nicht besonders intelligent. Um es mal höflich zu formulieren. Damit hätte man sie glatt erpressen können: Zehntausend Mark in bar, oder dieses Bild wird in Hannover riesengroß an jeder Litfaßsäule plakatiert!
Auf dem Foto, das ich von Michael Gerlach bei seiner Abreise aufgenommen hatte, sah man weiter hinten einen Typen in einer blauen Unterhose herumstehen, neben einem Waggon. Bis auf die Unterhose war der Typ nackt. Was war denn das für einer?
Das mit Abstand schlechteste Foto hatte Michael selbst verbrochen: Von mir erblickte man da nur den Haarschopf und dahinter ein verwischtes Stück vom Zeitschriftenregal.
In Aschaffenburg waren zwei katholische Pfaffen zu sechs Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden, weil sie ein Mädchen umgebracht hatten, das angeblich von Dämonen namens Nero und Hitler besessen gewesen war. Anneliese Michel. Verhungert und verdurstet war die, unter den Augen ihrer Eltern, während die beiden Experten ihre schwachsinnigen Rituale zur Teufelsaustreibung durchgeführt hatten.
Mama schüttelte sich. »Exorzismus! Daß es sowas überhaupt noch gibt im zwanzigsten Jahrhundert!«
Ihn wundere das nicht, sagte Papa. »Im zwanzigsten Jahrhundert hat’s noch ganz andere Sachen gegeben.«
Wie ich von Mama wußte, trat Alfred Hitchcock in jedem seiner Filme in einer kleinen Nebenrolle auf, und ich war gespannt, wie er dieses Kunststück in »Das Rettungsboot« fertiggebracht hatte, denn laut Programmvorschau spielte dieser Film von Anfang bis Ende in besagtem Rettungsboot, und Hitchcock befand sich nicht an Bord. Er tauchte dann auf der Reklameseite einer im Boot herumliegenden Zeitung auf, als Modell für ein Schlankheitsmittel.
Raffiniert! Alfred Hitchcock hatte mehr Tricks in petto als jeder andere Regisseur.
Am vorletzten Spieltag ging der HSV gleich zu Beginn mit 1:0 gegen Gladbach in Führung, und es sah böse aus, bis in der zweiten Halbzeit der Knoten platzte. Nachdem Bonhof ausgeglichen hatte, revanchierte sich der HSV zwar sofort mit dem 2:1, aber dann schossen Nielsen, Kulik und Heynckes aus allen Rohren. Endstand 2:6! Gladbachs Torverhältnis hatte sich damit enorm verbessert. Köln hatte gegen Stuttgart zur gleichen Zeit nur knapp mit 2:1 gewonnen. Der Tabellenstand sagte alles:
1.
Köln
81:41 Tore
46:20 Punkte
2.
Gladbach
74:44 Tore
46:20 Punkte
Wenn Gladbach am letzten Spieltag gewann und Köln verlor oder auch nur unentschieden spielte, war Gladbach Meister. Wenn aber auch Köln gewann, und sei es nur mit 1:0, mußte Gladbach mit mindestens elf Toren Vorsprung siegen, um Meister zu werden.
Gemeinerweise war Köln am letzten Spieltag beim Tabellenletzten zu Gast, dem Absteiger St. Pauli, einer besseren Schießbude, während Gladbach Borussia Dortmund erwartete, und das noch nicht einmal daheim, sondern auf neutralem Boden im Düsseldorfer Rheinstadion, weil sich das Stadion am Bökelberg im Umbau befand. Und Bonhof hatte sich so schwer verletzt, daß man mit ihm nicht rechnen durfte. Es war wieder
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