Allein gegen die Hölle
Yaqui«, sagte er.
»Ich kann allein auf mich aufpassen«, knurrte der Riese. »Einen einzigen Gefallen könntest du mir tun.«
»Welchen?«
»Ich möchte gern deine Schrotflinte haben.«
Lassiter nickte grinsend. »Wenn du mir deine Winchester dafür gibst. Ich hab meine in den Bergen verloren.«
»Okay.« Chaco erhob sich. »Sag der Frau, dass wir reiten.«
Lassiter schüttelte den Kopf. »Wir sind schon zu lange auf den Beinen, Chaco. Ich brauche Schlaf. Gönn uns ein paar Stunden Ruhe. Du kennst dich in diesem Land aus, sodass wir auch in der Nacht zum Rio Grande reiten können.«
Der Yaqui zögerte einen Moment, dann nickte er und sagte: »Ich könnte auch ein bisschen Schlaf gebrauchen.«
***
Sie waren noch in der Nacht losgeritten und hatten die ersten zehn Meilen bereits hinter sich gebracht, als die Sonne aufging.
Lassiter fühlte sich ausgeruht wie lange nicht mehr. Es hatte ihm nichts ausgemacht, auf der Liege zu schlafen, auf der der Tote gelegen hatte. Cherry war wieder von einer Sekunde zur anderen eingeschlafen, nachdem sie sich auf ihrem dünnen Heulager ausgestreckt hatte. Der Yaqui hatte es vorgezogen, draußen im Schatten der Hütte zu kauern und die Umgebung im Auge zu behalten.
Irgendwann entdeckte Chaco abseits der Straße die Spuren einer Reitergruppe. Er war überzeugt, dass sie von den Mördern seiner Familie stammten, die also auch diesen Weg genommen hatten, der auf die Furt des Rio Grande zuführte, an dessen nördlichem Ufer Fort Hancock lag. In der Nähe des neuen Armeecamps gab es eine kleine Ortschaft von vielleicht einem Dutzend Bretterbuden, dessen Bewohner früher vom Schmuggel über den Grenzfluss gelebt hatten und nun das Fort versorgten.
Seit sie die Stute bei sich hatten, in deren Sattel Sherilyn Channing ritt, hatte Lassiter einige Mühe mit dem Palomino, weil das Tier offensichtlich rossig war. Cherry hielt sich deshalb immer ein paar Yards hinter dem Hengst und Chacos Wallach.
Da ihre Pferde ebenfalls ausgeruht waren, schafften sie die fünfzig Meilen bis zum Rio Grande mit einigen Rastzeiten bis zum frühen Abend.
Der große Fluss führte zurzeit wenig Wasser, sodass sie keine Schwierigkeiten hatten, die Furt hinter sich zu bringen. Am nördlichen Ufer erwartete sie eine dreiköpfige Armeepatrouille. Die Soldaten musterten den riesigen Yaqui in seiner martialischen Ausrüstung misstrauisch, doch als sie hörten, dass die junge rothaarige Frau Sherilyn Channing war, ließ man sie unbehelligt zur kleinen Ortschaft reiten.
Sie brachten ihre Pferde im Mietstall unter. Ein Hotel gab es in dem Kaff nicht, aber eine Witwe vermietete ein Zimmer in ihrem Haus, in dem Cherry die Nacht verbringen konnte. Lassiter und Chaco würden im Stroh des Mietstalls schlafen.
Der Yaqui war irgendwann verschwunden, doch Lassiter war sich sicher, dass Chaco am nächsten Morgen wieder auftauchen würde, denn er wusste, dass seine Chance, einen Kampf gegen Brian Abbotts Revolvermänner zu überstehen, um einiges größer war, wenn er Lassiter an seiner Seite hatte.
Der große Mann hatte Cherrys Einladung angenommen, das Abendessen bei der Witwe mit ihr zusammen einzunehmen. Die ältere Lady ließ sie allein, nachdem sie das Dessert serviert hatte.
»Ich kann immer noch nicht glauben, dass Brian Abbotts Männer Chacos Familie abgeschlachtet haben«, murmelte Cherry, nachdem Lassiter sich einen Zigarillo angezündet hatte.
»Sie waren aber vor drei Tagen hier, das hat Chaco im Store erfahren.«
Sie nickte. »Wenn es stimmt, wird mein Vater ihn entlassen«, sagte sie gepresst.
Lassiter erwiderte nichts. Gareth P. Channing III. war ein mächtiger Mann, der seinen Reichtum nicht durch Menschenfreundlichkeit angesammelt hatte. Reiche Männer hatten oft die Angewohnheit, ganz verrückt danach zu sein, noch reicher zu werden. Die Aussicht auf eine Mine mit einer dicken Ader aus reinem Gold war für solche Männer schon ein Grund, sämtliche Skrupel beiseite zu lassen.
»Du kennst Abbott näher?«, fragte er.
Sie nickte. »Er war öfter in unserem Haus in Midland«, sagte sie. »Er ist ein höflicher Mann. Es heißt, dass er sehr schnell mit seinem Revolver sein soll.«
»Mich interessiert eher, wie sein Verhältnis zu deinem Vater ist«, sagte Lassiter. »Ist er loyal?«
»Absolut«, sagte sie bestimmt.
»Könntest du dir vorstellen, dass Abbott hinter dem Rücken deines Vaters Geschäfte auf eigene Faust macht?«
Sie wollte etwas erwidern, als sie begriff, was die Frage des großen
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