Allein gegen die Zeit
begann sich zu drehen.
„Was hast du genommen, um dich zu immunisieren?“, herrschte Lasinski ihn an.
Ben versuchte sich aus dem Eisengriff des Assistenten zu befreien. „Lassen Sie mich los!“
Lasinski stieß Ben erneut gegen die Wand. „Na los, rede!“
Ben stöhnte auf. „Ich hab gar nichts genommen!“
„Nimmst du irgendwelche Medikamente?“
Ben schüttelte den Kopf.
„Hast du irgendwelche Allergien?“, brüllte Lasinski und packte Ben noch fester. Dabei rutschte Bens Pullover herunter und gab einen roten Fleck an seinem Hals frei.
„Was ist das?“, fragte Lasinski atemlos.
„Ein Bienenstich“, antwortete Ben.
„Sieht entzündet aus“, murmelte der Assistent. „Von wann ist der?“
„Von heute Morgen.“
Lasinski ließ von ihm ab und wich zurück. „Nein! Nein! Nein! Nein!!!“, schrie er plötzlich außer sich und stürmte zur Tür. Dort drehte er sich noch einmal um. Die Blicke von Ben und dem Assistenten trafen sich. Ben sah, dass Lasinski unter Schock stand. Dann ging der Assistent nach draußen, knallte die Tür zu und schloss Ben wieder in sein Gefängnis ein.
Unruhig lief Sophie im Turm auf und ab. Ihr Gehirn lief auf Hochtouren. „Es sind die Bienen!“, stieß sie nach einer Weile aufgeregt hervor und rannte zu Leo. „Du hast doch gesagt, dass du mit Ben zusammen in der Kammer warst. In der die Orchideen losgegangen sind. Das ist doch so, oder?“
Leo hatte die Augen geschlossen. Aber sie schien Sophie zu hören und nickte schwach. Sophie beugte sich zu ihr hinunter. „Und dann haben bei dir die Symptome angefangen, nicht wahr?“
Leo hauchte etwas, was Sophie nicht verstehen konnte.
„Gleich danach sagt sie“, übersetzte Jonas, der näher dran saß.
„Das heißt, Ben war eine Stunde lang infiziert. Genauso wie Leo.“ Sophie stand wieder auf. „Aber als wir uns getroffen haben, ging es ihm gut.“
„Ja, und was heißt das jetzt?“, fragte Jacky, die ebenso wenig wie die anderen verstand, worauf Sophie hinauswollte.
„Ben wurde doch heute Morgen von einer dieser komischen Bienen gestochen“, rief Sophie aufgeregt. „Und jetzt denkt doch mal nach! Das Bienenvolk, das hier die Blumen bestäubt, muss doch zwangsläufig mit den Sporen in Kontakt gekommen sein. Wahrscheinlich haben die Bienen so eine Art Immunität gegen das Zeug entwickelt.“
„Du meinst, als Ben gestochen wurde, hat ihn das immunisiert gegen die Sporen?“, rief Jonas.
„Ich glaube, ja“, antwortete Sophie.
„Das heißt, die Bienen sind so was wie ein Gegenmittel“, folgerte Jacky hoffnungsvoll.
Özzi hatte sich endlich aus seiner Erstarrung gelöst. Er sprang auf und legte den Arm um Sophies Schulter. „Sophie, du bist genial!“
Auch die anderen jubelten auf. Sophie lächelte verlegen. Es war ihr fast ein bisschen peinlich, so sehr im Mittelpunkt zu stehen. Rasch wies sie mit ihrem Blick zur Treppe, die zur zweiten Ebene des Turms führte. „Von außen habe ich vorhin am Turm ein Bienennest gesehen. Wir müssen nach oben! Vielleicht kommen wir von da irgendwie an die Bienen heran!“
Özzi nickte breit grinsend. „Aye-aye, Chef!“
Kurze Zeit später hatten sich alle auf der großen Plattform unter der Kuppel des Turms eingefunden. Jonas bettete Leo behutsam auf seine Jacke. Er hatte sich einen waghalsigen Plan ausgedacht.
Vom Rand der Plattform aus nahm er das Bienennest mit dem Fernglas ins Visier. Es hing etwa fünfzehn Meter über dem Boden an einem Mauervorsprung. Unterhalb des Turms konnte er Männer in Schutzanzügen beobachten, die versuchten, Bienen am Turm einzufangen, und mit ihrer Beute hastig zurück zur Basis liefen.
„Deine Theorie mit den Bienen scheint goldrichtig zu sein, Sophie!“, rief Jonas. „Wie weit sind die anderen mit dem Seil?“
Lenny schüttelte ungläubig den Kopf. „Und du willst wirklich da runterklettern?“
Jonas zuckte angespannt mit den Schultern. „Hast du ’ne bessere Idee?“
Inzwischen hatten alle begriffen, dass Jonas sich nicht davon abbringen lassen würde. Miri, Jacky, Sophie und Lenny halfen zusammen, einige Seilstücke aneinanderzuknoten, die sie im unteren Raum gefunden hatten. Diese verknüpften sie mit dem Bergsteigerseil aus Özzis Rucksack. Özzi schnitzte währenddessen mit einem Messer ein Loch in seine Plastikflasche – offenbar eine seiner berühmten Spontanerfindungen.
Leo beobachtete ihn aus halb geschlossenen Lidern. Özzi war voll in seinem Element. Wenn er an etwas bastelte, war er hoch konzentriert
Weitere Kostenlose Bücher