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Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters

Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters

Titel: Allein unter Muettern - Erfahrungen eines furchtlosen Vaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tillmann Bendikowski
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Kindergartenfeste sind nun mal Höhepunkte vorschulischer Festkultur und als solche unbedingt ernst zu nehmen. Und zum festen Bestandteil eines solchen Festes gehört die Klage derjenigen, die zum Schluss noch da sind. Das Fest ist gefeiert, die Kinder schon würgend daheim, fast alles ist weggeräumt, da versichern sich die letzten Mütter noch schnell ihrer Exklusivität: »Ja, ja, am Ende sind es doch immer dieselben, die aufräumen.« (Ich habe mir schon überlegt, diesen Spruch auf ein T-Shirt drucken zu lassen, das wäre bestimmt ein Verkaufsschlager.) Dabei ist es völlig egal, wie viele helfende Eltern wirklich da sind – diese Bemerkung muss einfach sein, um zu zeigen, dass Mutter sich auch für den Kindergarten aufopfert. Wenn jetzt ein Vater rasch aufspränge und fragte: »Kann ich denn noch irgendwas helfen?«, er erntete nur ein müdes »Ach, lassen Sie mal«. Im Leiden der letzten Aufräumenden vollendet sich das Schicksal der Kindergartenmutter.
    Wer sich da nicht nach einer Flasche Bier, einer dunklen Sauna und einigen existenziellen Fragen in tröstender Dunkelheit sehnt, hat kein Herz. Ja, das Leben ist kein Wunschkonzert, und man kann nicht immer lustig sein. Und doch bietet der Kindergartenalltag auch hübsche Perlen der Unterhaltung, wenn man sich der Mühe unterzieht, sich zu bücken und sie aufzuklauben. Solche Perlen sind die längst in Mode gekommenen Kindergarten-Freundebücher, Alben von einer erstaunlich selbstbewussten Schlichtheit: Auf ihren Umschlägen tollen alberne Häschen oder drollige Kätzchen herum, in ihrem Inneren aber verlangen sie gebieterisch nach klaren Bekenntnissen. Hier muss jedes Kind in die Rubriken eintragen, was Volkszähler beglücken würde: »Ich heiße«, »Ich binJahre alt«, »Meine Mama heißt«, »Mein Vater heißt«, »Ich bincm groß und wiegekg«; es folgen Lieblingsbücher und -filme, zuweilen Berufe der Eltern oder die biologische Zuordnung der gegebenenfalls gehaltenen Haustiere. Sorgsam ausgefüllt werden die Seiten zumeist von der Mutter; sie hat das Kind im Laufe des Tages selbstverständlich noch gewissenhaft gewogen und vermessen.
    Diese unschuldig daherkommenden Freunde-Bücher bilden den ersten Baustein des Lebens in einem sozialen Netzwerk – Facebook für Vorschulkinder könnte man sie nennen, wobei die Nutzer eigentlich mehr die Eltern sind. Wer ein solches Buch durchblättert (und das tut nun wirklich jeder, der nur einigermaßen neugierig ist), kann nicht nur die fein säuberlichen Handschriften der Mütter bewundern (noch nie habe ich eine Väter-Handschrift darin entdeckt), sondern auch einen tiefen Einblick in die Familien des Kindergartens bekommen: was die Kinder am liebsten spielen (»mit Playmobil« die Fantasielosen, »Verkleiden« die Ambitionierten, meistens die Mädchen), was sie gerne essen (Pizza und Eis die Normalos, Mango und »Mamas leckeren selbstgemachten Kräuterfrischkäse« die kleinen Gourmets, interessanterweise auch meistens Mädchen) und wer ihre besten Freunde sind. Jetzt heißt es genau hinschauen! Ganz wichtig: Gehört mein Kind zu diesen besten Freunden? Wenn nein, weshalb hat es dieses komische Freundebuch überhaupt in die Hand gedrückt bekommen? Wollen die Eltern mehr Nähe zwischen den Kindern? Suchen sie Kontakt zu uns? Oder handelt es sich – schlimme Vorstellung – um eine Verwechslung?
    Manchmal erfährt man aus diesen Büchern auch, dass der Papa ein Fan von den »Böhsen Onkelz« ist. Na ja. Lustiger wird es da schon, wenn auch die Erzieherinnen den Fragenkatalog ausgefüllt haben. Wenngleich sie von Berufswegen ihre Antworten vorsichtig abwägen (nur zufällig fällt mein Blick dann aber immer auf die Rubrik »Ich wiege …«), schaue ich doch gerne sicherheitshalber nach, ob beim Lieblingsbuch nicht »Das Schweigen der Lämmer« auftaucht, ihr Lieblingslied nicht gerade »Schwarz-braun ist die Haselnuss« ist oder sie immer schon davon geträumt hat, einmal nackt auf dem Fahrrad durch die Stadt zu fahren. Sicher ist sicher. Sie lachen? Einmal erzählte mir mein Sohn, ein anderer Kindergartenvater besäße echte Handschellen. »Dabei ist der nicht einmal Polizist. Was macht der dann mit den Handschellen, Papa?« In solchen Momenten bin ich froh, dass ich kein Finne bin und solche interessanten Dinge auch bei helllichtem Tage und klarem Kopf erfahre. Soziale Netzwerke sind doch was Schönes!

GUTER MOND
    Eines Tages erzählte mir einer meiner Söhne vom Pferd seiner Kindergärtnerin. Es war tot.

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