Allen, Louise - Ballsaison in London (H218)
backen, was auch immer man damit backen mag, du kleiner Dummkopf. Ach, egal, wir lassen den Rest hier stehen, dann haben die Hausmädchen morgen früh etwas, worüber sie sich die Köpfe zerbrechen können.“ Er zog ein Taschentuch aus der Tasche, tauchte es kurz in das Glas und wandte sich Talitha zu. „Bleib still sitzen. So, das ist besser. Jetzt siehst du schon eher wie eine leicht erhitzte junge Dame aus und nicht mehr wie ein erschrecktes weißes Kaninchen.“
Talitha senkte die Lider. Es war ihr zu peinlich, seinen leicht amüsierten Blick zu erwidern. Nick stand auf und richtete seine Manschetten, dann betupfte er seine angeschlagenen Knöchel ebenfalls mit dem Taschentuch. „William, geh und sag deiner Mutter, dass es Tallie gut geht und sie sofort wieder herauskommt.“
Die Tür schloss sich, und es war lange still. Vorsichtig stand Talitha auf und strich sich das Kleid glatt. In dem Moment, in dem sie aus der Tür trat, würden die Leute sie ansehen und sofort wissen, dass sie noch ein paar Minuten zuvor in Nicks Armen gelegen hatte, in einer wilden Umarmung, und ihn mit allem Ungestüm geküsst hatte, dessen sie fähig war. Schamlos musste in großen Buchstaben auf ihrer Stirn stehen!
„Tallie“, rief er leise, eine Hand auf dem Türknauf.
„Ja?“
„Kannst du mir nicht sagen, was für ein Geheimnis du hast?“
Mit einem Ruck wandte Talitha sich ihm zu. Von allen Dingen, die er in diesem Moment hätte sagen können, war dies das Letzte, was sie erwartet hatte. „Nein!“, entfuhr es ihr laut. „Nein! Hast du mich deswegen geküsst? Dachtest du, ich wäre danach so verwirrt und berauscht, dass ich dir alles anvertraue? Nein!“ Bevor er sie aufhalten konnte, war Talitha bereits durch die Tür in den Flur gestürmt. Nach drei hastigen Schritten stand sie auf der Schwelle zum Ballsaal. Die Schritte hinter sich geflissentlich ignorierend, holte sie einmal tief Luft, zauberte ein höfliches Lächeln auf ihre brennenden Lippen und trat mit klopfendem Herzen ins Gewühl.
Sie bahnte sich ihren Weg zu Lady Parry und setzte sich an deren Seite, stets sorgsam auf ihr Lächeln bedacht. Nach einem überraschten Blick drückte ihre Anstandsdame ihr den Fächer in die Hand und verkündete lautstark, damit ihre Nachbarin es auch ja mitbekam: „Tallie, meine Liebe, wie oft habe ich dich vor diesen schnellen Tänzen gewarnt. Du siehst ja arg mitgenommen aus.“
„Ja, Tante Kate. Es tut mir leid, Tante Kate.“ Talitha bemühte sich, ruhig zu bleiben, während um sie herum amüsierte Damen ihren Übereifer belächelten.
William rettete sie schließlich, indem er sie bat, ihn in den Speisesaal zu begleiten. Entschlossen steckte er ihre Hand in seine Ellenbeuge und geleitete sie so fürsorglich durch die Menge, als wäre sie zerbrechlich wie feinstes Porzellan. Jeden Mann, der ihnen nahe kam, funkelte er so düster an, dass sie schließlich einen Tisch ganz für sich alleine hatten.
Mit vorgetäuschter Gelassenheit kostete Talitha von einem der delikaten Pastetchen. Sie bemühte sich um Haltung, in der Hoffnung, William würde sich dann ebenfalls beruhigen. Im Moment hatte sie das Gefühl, mit einem großen, scharfen Wachhund an einem Tisch zu sitzen. „Wo ist Lord Arndale?“
„Ich weiß es nicht. Ich glaube, er ist gegangen. Als er nach dir aus dem Zimmer kam, sah er jedenfalls aus wie sieben Tage Regenwetter. Und er war ziemlich kurz angebunden, weil ich gefragt habe, was er vorhat.“
„Was … was hat er gesagt?“
„Das ergab für mich absolut keinen Sinn.“ William runzelte die Stirn. „Er sagte, es sei an der Zeit, Maßnahmen zu ergreifen, und zumindest wüsste er jetzt, womit er es zu tun habe. Verstehst du, was er damit gemeint hat?“
„Nein.“ Talitha schüttelte den Kopf. „Es sei denn … William, er ist doch nicht Mr Hemsley gefolgt, oder?“
„Um ihn doch noch zu fordern? Nein, nicht ohne mich. Er muss mindestens einen Sekundanten haben, und ich bin der Einzige, der dafür infrage kommt, wenn er nicht ins Gerede kommen will.“ William bot Talitha eine Platte mit Konfekt an und stand auf, als sie den Kopf schüttelte. „Lass uns zurückgehen, ja? Denkst du, wir könnten noch einen Walzer zusammen tanzen, ohne dass die alten Schachteln sich über uns das Maul zerreißen?“
Talitha folgte ihm. Der Gedanke, sich in sicheren Armen zu befinden und an etwas anderes denken zu können als an Nicholas Stangate, erleichterte sie
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