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Alles auf Anfang Marie - Roman

Alles auf Anfang Marie - Roman

Titel: Alles auf Anfang Marie - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Schroeder
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offensichtlich den Teilnehmern das Leben erträglicher.
    Henning neben mir vibrierte jetzt spürbar, schaffte es aber immerhin, seine Heiterkeit völlig lautlos zu halten. Ich musste mir da ebenfalls ziemliche Mühe geben, zumal auch nach Abarbeiten aller Spanner noch nicht Schluss war, sondern eine weitere Diakassette eingelegt wurde, die unter anderem so faszinierende Exemplare wie den Blauen Eichenzipfelfalter (»Den würde ich nicht in meine Nähe lassen!«) vorstellte.
    Freund Büdenweis würde ich jedenfalls auch nicht in meine Nähe lassen. Ich fragte mich, was seine Frau zu seinem Hobby sagte   – ich vermutete, dass er eine hatte, denn er trug einen Ehering   – und ob sie wohl seine Begeisterung für Eichenzipfelfalter teilte. Vielleicht war sie aber auch froh, dass er seine Wochenenden mit der Kamera und/oder dem Schmetterlingsnetz im Wald verbrachte und die ganzen erbeuteten Insekten dann in vielen weiteren Stunden katalogisierte. Und dazu kamen natürlich noch die regelmäßigen Clubabende, bei denen er wiederum unterwegs war, um die Vorträge anderer Freunde zu hören.
    Ob es sich dabei immer um solche Kuriositäten handelte? Henning erzählte mir ja nicht jede Woche, was er dort erlebt hatte. Aber wenn nur ein Treffen pro Monat so ablief, dann musste man sich doch fragen, ob die Herren ein so unerfreuliches Zuhause hatten, dass sie sich freiwillig immer wieder auf solche Themen einließen.
    Kurz bevor mich absolute Verzweiflung überfiel und ich vor der Frage stand, ob ich den Saal verlassen oder meinen Lachkrampf an Ort und Stelle hinter mich bringen sollte, machte Freund Büdenweis zum Glück einen taktischen Fehler. Er bat nämlich, das Licht anzuschalten,weil er die Beschriftung des nächsten Magazins nicht erkennen konnte. Und diese Vortragslücke nutzte Präsident Bernhard geschickt wie ein Feldherr, der eine Schwäche in den feindlichen Reihen wittert. Bevor der Referent den Faden wieder aufnehmen konnte, hatte er bereits den überschwänglichen Dank des Clubs ausgesprochen, die obligatorische Flasche Grappa überreicht und das Thema des nächsten Meetings angekündigt: »Leben und Werk des Künstlers Egon Schiele«.
    »Das dürfte nicht so lang werden«, äußerte Hanno optimistisch. »Schiele ist schon mit achtundzwanzig gestorben.« Ich sah mich um, aber Freund Büdenweis war viel zu beschäftigt damit, seine Dias wieder zu verstauen, als dass er diese Bemerkung gehört und als Kritik gegen sich verstanden haben könnte.
    Freund Schmidt dagegen sah etwas ratlos aus. »Schiele gestorben? Ich dachte immer, das wäre ein Land in Südamerika.«
    Knut klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter. »Ein guter Grund, nächstes Mal wiederzukommen   – dann erfahren Sie mehr!«
    »Ich komme jedes Mal«, versetzte Freund Schmidt mit einer gewissen Selbstgerechtigkeit. »Im Gegensatz zu diesen jungen Männern, die meinen, sie müssten ständig durch die Weltgeschichte reisen und damit den Präsenzdurchschnitt senken!«
    Henning leerte sein Glas und zückte dann sein Portemonnaie, um unsere Rechnung zu bezahlen. Um uns herum waren bereits alle anderen hektisch im Aufbruch begriffen, vermutlich aus Angst, Freund Büdenweis könnte sich noch zu einer privaten Fortsetzung seines Vortrags entschließen und sie müssten sich weitere hundert Dias mit Faltern und Raupen ansehen, wenn sie nicht rechtzeitig den Raum verließen   – das war angeblich vor einpaar Jahren mal passiert, als jemand das ebenfalls sehr ausführliche Referat über die Details der Sixtinischen Kapelle zu sehr gelobt hatte.
    »Ich glaube, ich habe da gerade etwas Kritik an deinem Lebensstil gehört«, sagte ich grinsend zu meinem Mann. Ich war so aufgekratzt, weil ich diesen Vortrag überstanden hatte, ohne mich durch haltloses Kichern zu blamieren, und konnte kaum erwarten, mit Henning im Auto zu sitzen, wo wir unserer Heiterkeit endlich freien Lauf lassen konnten.
    Henning ging es wohl ähnlich. »Solange er mich als jungen Mann bezeichnet, kann er meinen Lebensstil kritisieren, wie er will.« Er gab der jungen Bedienung ein Trinkgeld und schob mich nach draußen.
    »Sag mal«, sagte ich beim Anschnallen zu ihm, »wer lädt eigentlich solche Leute zu euch ein?«
    »Das wüsste ich auch gern«, sagte er. »Ich glaube eher, die kommen über einen wie die biblischen Plagen.«
    »Damals gab es aber Heuschrecken und Frösche statt Zipfelfalter und Lappenspanner«, gab ich zu bedenken. Und dann fingen wir beide an zu lachen wie zwei alberne

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