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Alles bestens

Alles bestens

Titel: Alles bestens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Beate Doelling
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Wasser wie Phoenix der Asche. Die Sonne stand hinter ihr und beleuchtete ihre Konturen. Ich musste die Augen zukneifen, so sehr blendete sie mich.
    Als ich die Augen wieder aufmachte, sah ich, dass sie etwas in der Hand hielt, eine andere Hand, klein und patschig, zu einem Kind gehörend, irgend so einem Hosenscheißer mit Windel. Ich überlegte, ob es wohl ihr Kind sein könnte. Das wäre biologisch möglich gewesen, aber das traute ich ihr nicht zu. Sie war nicht viel älter als ich, vielleicht 17 , allerhöchstens 18 .
    Aus ihren hochgesteckten Haaren und dem Bikini tropfte das Wasser auf den Kleinen. Er gluckste fröhlich über diesen Regen. Sie säuselte ihm Zärtlichkeiten zu, als wäre sie seine verdammte Mutter.
    Sie war es zum Glück nicht! Das bekam ich ziemlich schnell heraus, obwohl ich mir gerade vorstellen wollte, dass es doch ihr Kind war und ich sein Vater. Echt, Leute, manchmal bin ich kaum zu halten. Im Nu hab ich eine Familie am Hals. Ich kann mich ganz schnell in etwas reinsteigern und schon wird es Realität.
    Lehrer stehen auf so was nicht. Lehrer brauchen Fakten wie andere Leute Nikotin. Aber mir tut das Abdriften gut. Leider hält mein Glück nie lange, denn kaum betrachte ich etwas näher, kommen mir auch schon erste Zweifel, so wie jetzt. Ich fragte mich: Würde ich überhaupt ein Kind zeugen können, mit Ohren, Rippen, Beinen, allem Drum und Dran? Meine Mutter behauptet nämlich, ich könnte es nicht. Wegen meinem Handy. Ich sollte mein Handy nicht in die Hosentasche stecken. So ein Scheißding würde strahlen und Männer unfruchtbar machen, weil die Strahlungen auf die Hoden einwirkten; sie wies mich fast täglich auf diese potenzielle Gefahr hin.
    »Na«, sagte sie dann immer und schmunzelte überlegen, wenn ich gerade mit meinem Handy das Haus verlassen wollte. »Läufst du wieder mit deinem Eierkocher durch die Gegend?«
    Ehrlich, es geht doch nichts über Mütter mit Humor!
    Als Sandra triefend vor mir stand – in dem Moment wusste ich noch nicht, dass sie Sandra hieß –, beobachtete ich die Wassertropfen, die an ihren Wölbungen entlangliefen, und die Gänsehaut, die ihre Härchen erigierte, schaute auf die Brustwarzen, die sich brombeerfarben durch den grünen Stoff drückten, und legte mich auf den Bauch. Ich hatte meinen Eierkocher nicht dabei, war also voll zeugungsfähig, obwohl ich damals noch Jungfrau war, potenziell unschuldig, und es noch genau 43 Stunden lang bleiben sollte.
    Sandra trocknete sich ab und der kleine Hosenscheißer watschelte neben ihr her wie eine besoffene Ente. Als er sah, dass Sandra mir zulächelte, nahm er das sofort als Aufforderung, mit mir Bekanntschaft zu machen.
    Nun muss ich sagen, dass ich nicht gerade der größte Kinderfan aller Zeiten bin. Ich habe auch nichts gegen sie. Kinder muss es ja geben, heute mehr denn je, denn nur Kinder können die Welt noch retten. Sie sind die Hoffnungsträger, wie unsere Politiker es gerne ausdrücken. Ich habe also nichts gegen unsere Hoffnungsträger, aber ich kann wunderbar leben, wenn sie mir nicht zu nahe kommen mit ihren Marmeladenpfoten und Scheißwindeln und ihrem ewigen Gebrabbel.
    Der Kleine war inzwischen aber sehr nah.
    »Hallo«, sagte ich. »Ich bin Hannes. Aber du kannst auch Ritschi zu mir sagen.«
    Er schleuderte mir seinen Schnuller entgegen, so ein abgelutschtes Ding mit aufgedruckten Enten drauf, und ließ sich auf die Windel plumpsen. Dann schleuderte er einen Schokoladenkeks hinterher und fing an, Gras auszureißen und mir auf die Beine zu legen. Ich sah nur den Schokoladenkeks. So ein runder Prinz mit Füllung. Mir schoss das Wasser in den Mund, in die Nase, selbst die Augen tränten wie verrückt.
    »Luka!«, sagte Sandra, als sie endlich mit Abtrocknen fertig war und, in Handtücher geschlungen, sich vor mich kniete und den kleinen Speckarsch zu sich heranzog. »Nicht den Onkel ärgern, hörst du!«
    Da war mir klar, dass sie keine Französin sein konnte. Eine echte Französin würde doch niemals Onkel zu so einem sympathischen jungen Mann wie mir sagen! Da musste etwas Osteuropäisches mit im Spiel sein.
    »Du kannst mich ruhig duzen«, sagte ich und fragte sie, wo sie herkam. Reden tat gut und lenkte von Schokokeksen ab.
    »Aus der Ukraine«, sagte sie. »Ich heiße Sandra.« Ihr nasser Pony klebte an der Stirn. Sie hatte honigbraune Augen, völlig ungeschminkt.
    Das haute mich fast gar nicht vom Hocker, und ich grübelte mir die Birne wund, wann ich das letzte Mal ein ungeschminktes

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