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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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raus sein mittlerweile. Aber stattdessen hat er dich reingezogen, stimmt’s?“
    „Ich hab das im Griff.“
    „Es geht hier um deine Zukunft!“, sagte sie. Meine Traurigkeitverschwand mit einem Schlag. Zukunft. Das langweiligste Wort auf Erden.
    „Wir sehen uns dann auf dem Skanderborg“, sagte ich.
    „Ich weiß nicht, ob es eine gute Idee ist, dass du kommst, Nick.“
    „Klar doch.“ Ich nahm meine Jacke. „Bis dann.“
    Kaum war ich aus dem Haus, rief ich Borste an. Er war gerade von der Arbeit gekommen und hatte Lust, mit mir feiern zu gehen. In mir kochte und brodelte es. Ich wollte mich einfach nur abschießen.
    Ich erinnere mich noch, wie ich zur Tür reinkam. Er schob gerade Pizzas in den Ofen. Ich erinnere mich auch, dass ich rief: „Ich will mich verdammt noch mal zuballern!“
    Und er sagte etwas von „Borstes Medizinschrank“.
    Ich wachte in einer S-Bahn in Køge wieder auf. Zusammengekauert auf einer Sitzbank. Ein Putzmann stupste mich mit seinem Wischmopp an. Ich setzte mich auf und starrte ihn an. Er starrte zurück.
    „Wach auf. Du stehst auf dem Abstellgleis.“
    Da konnte ich es nicht mehr zurückhalten. Eine zähe Masse presste sich durch meine Speiseröhre nach oben. Ohne Würgereiz. Lautlos verließen zwei Liter Mageninhalt meinen Körper. Es klatschte vor mir nieder, bis auf die Sitze und die Schuhe des Mannes. Einer klugen Eingebung folgend rannte ich durch den Zugwagen bis zur nächsten Tür und drückte auf den Not-Öffnungsknopf. Der Mann schwang seinen Mopp vor sich her, sodass die Fransen kalt und nass gegen mein Kinn schlugen. Dieser Psychopath zielte doch tatsächlich auf meinen Kopf. Ich lief den Bahnsteig hundert Meter weit runter, bis ich micherneut erbrach. Aber ich erinnerte mich nur, dass ich zur Tür reingekommen war und dass Borste die Pizzas in den Ofen geschoben hatte. In meiner Tasche befand sich jetzt eine Tüte mit einer Menge kleiner Pillen und eine Tafel schwarzes Haschisch in Ritter-Sport-Größe. Mir schien, als wäre ich für das Skanderborg-Festival gerüstet.

Matrosenmasche
    Die Fahrgäste im Zug nach Skanderborg setzten sich zusammen aus:
    Lustigen Gymnasiasten.
    Einer Gruppe von Pädagogikstudenten.
    Einigen Sandalen tragenden Dreißig- bis Vierzigährigen mit ihren Bälgern, die verschwitzt und schreiend und splitternackt herumrannten.
    Dem einen oder anderen älteren Herren.
    Einem Ehepaar, das aussah, als hätte es vorübergehend seine Grillbude geschlossen, um einen Ausflug zu machen.
    Einem Ehepaar, das vorübergehend sein Steuerberaterbüro geschlossen hatte.
    Zwei Zielgruppen glänzten durch Abwesenheit: hübsche Frauen und Leute, denen man Hasch verkaufen konnte.
    Ich schloss mich den angehenden Pädagogen an. Sie hatten zwei riesige Kuppelzelte, die nebeneinander wie Helens Silikonmöpse aussahen. Ich schlug mein Lager ein paar Zelte weiter auf.
    Es ging gut los. Zwei entspannte zwanzigjährige Typen, die neben mir campten, rauchten mit mir einen Joint und wollten wissen, ob ich ihnen noch ein paar besorgen könnte. Und zwar gleich Joints. Sie wollten nicht selber drehen. Also hockte ich mich ins Zelt und baute sorgfältig vier Tüten. Sie kauften je eine.
    Am Tag nach meinen Erlebnissen im nächtlichen Kopenhagen hatte ich mit Borste gesprochen. Er kam gar nicht mehr aus dem Lachen heraus. Er erklärte pädagogisch, dass wir eine Line Koks gezogen hätten und dass ich offenbar darauf beharrt hätte, noch mehr Amphetamin auszuprobieren. Dann hätte ich weiterziehen wollen. Er habe eine Tüte für Skanderborg gepackt, und ich hätte ihm erzählt, wie leicht es für mich sei, das Zeug zu verhökern. Er hätte mir auch geraten, nach Hause zu fahren. All das stand in einem Dokument, das nicht mehr auf meiner Festplatte gespeichert war. Aber er erklärte mir sehr genau, was er mir gegeben hatte: Haschisch, Ecstasy, Amphetamine und eine große Portion Kokain, das Ganze zu einem Einkaufspreis von 41000 Kronen.
    Plötzlich wurde mir bewusst, dass ich ihm Geld schuldete. Einen irren Betrag.
    „Aber“, meinte er, „du kannst den Preis selbst bestimmen und so viel verdienen, wie du willst.“ Zum damaligen Zeitpunkt hatte sich das bestimmt wie eine gute Idee angehört. Jetzt saß ich hier im Zelt mit Stoff für 41000 Kronen. Ecstasy hatte ich noch nicht einmal selbst ausprobiert, nur einmal mit Mateus war ich kurz davor gewesen. Ich hatte eine Pille geschluckt und gleich wieder herausgewürgt. Aber mir war klar, dass die holländischen Labore durchaus

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