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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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mal Rattengift hineinmischten.
    Ich hatte Lust, mir einen festen Job zu suchen, vielleicht in einer Lagerhalle. Irgendetwas mit einem Gabelstapler und einem großen Lunchpaket. Mit den anderen Jungs zusammensitzen, über die Chefs herziehen und über Frauen und Tätowierungen reden. Ich würde das Geschehene gern ungeschehen machen.
    SMS: Sind da. Komm bitte nicht zugedröhnt. Liv.
    Etwas schwer, an einem Dienstagnachmittag nicht zugedröhnt zu sein, nachdem man gerade einen Joint geraucht hat, der so lang gewesen war, dass er fast Stützstrümpfe gebraucht hätte. Ich schlenderte zu Liv, Carl-Philip, Tante Mühlhausen und ihren zwei Kindern Emil (18) und Karla (14) rüber. Folgender Anblick bot sich mir:
    Carl-Philip in einem Tokio-Hotel -T-Shirt (man kann schließlich nicht jedes Mal richtigliegen), auf seine Freunde wartend.
    Tante Mühlhausen, eine überraschend flippige Frau in den Vierzigern mit Trekkingsandalen und weißen Leinenklamotten.
    Emil mit neumodischem Pulli von Jack&Jones und blonden Strähnchen, freundlich und entgegenkommend. Ich trank das warme Bier, das er mir anbot.
    Karla in gestreiftem Baumwollkleid und mit zu viel blauem Lidschatten.
    Und Liv in Gummistiefeln und Jeans. Sie wirkte fast nervös.
    „Wann kommt Majse?“, fragte ich.
    „Sie jobbt noch in irgendeinem Imbiss hier auf dem Gelände, aber sie kommt in ein paar Stunden.“
    Der Himmel war bedeckt gewesen. Jetzt war er schwarz. Ich setzte mich ins Gras und aß Knäckebrot. Mit dem Roskilde-Festival hatte das nicht viel gemeinsam.
    „Carl-Philip trifft sich heute Abend mit seinen Freunden. Mit unseren Alten ist er noch immer total über Kreuz.“
    „Ist das nicht ein bisschen früh?“, fragte ich und musterte ihn kurz. Inzwischen hatte er einen echt wilden Look. Seine Züge waren noch immer weich, aber sein Blick ähnelte den Gewitterwolken über uns.
    „Tja. Vielleicht hat er sich von mir was abgeschaut. Übrigens hat er eine Gitarre bekommen. Eine E-Gitarre. Er hat sich irgendein Pedal besorgt und schrubbt jetzt zu Hause Metalriffs.“
    „Was sagen eure Alten dazu?“
    „Gar nichts. Sie hoffen wahrscheinlich, dass es nur eine Phase ist. Aber es sieht nicht so aus. Und dann die ganzen Sachen, die er anstellt, ohne dass meine Eltern etwas davon ahnen würden. Stell dir vor, kurz nachdem wir aus Los Angeles zurückgekommen waren, habe ich sogar Rizla-Papier in seinem Zimmer gefunden.“
    „Hey, ich habe ihm nichts verkauft, Ehrenwort.“
    „Nein, das ist mir schon klar. Ich habe es ihm unter die Nase gehalten. Er meinte, dass ich ihn ruhig verpetzen kann. Es war ihm scheißegal.“
    „Warum ist er so aggressiv?“
    „Keine Ahnung.“
    „Hast du eigentlich in letzter Zeit mal wieder mit Mateus gesprochen?“
    „Nein. Nicht so richtig. Wir haben mal kurz auf Facebook gechattet. Er ist … sehr mit Veronica beschäftigt. Du warst ja richtig nett zur ihr in Roskilde.“
    „Danke. Ja, ich habe beschlossen, dass Mateus selber herausfinden muss, dass sie eine Teufelin ist, die ihn zu Tode langweilen wird. Allmählich.“
    „Gute Strategie. Nicht jeder findet es cool, so abgefuckt zu sein wie wir beide, stimmt’s?“
    „Du bist ja wohl nicht abgefuckt.“
    „Doch. Ich verberge es nur besser als du.“ Ich fühlte mich geschmeichelt. Wir waren in derselben Kategorie. Vielleicht wollte sie ja … Vielleicht, vielleicht, vielleicht.
    „Scheiße, ich bin nicht abgefuckt. Ganz im Gegenteil, ich war noch nie so …“, stammelte ich.
    „War noch nie so … was?“
    „Ich schmeiß die Schule. Hab keinen Bock mehr.“
    „Sag mal, Nick, bist du bescheuert?“ Sie stand auf und holte noch zwei Dosen. Mir war schon ganz übel von dem vielen Bier.
    „Was macht ihr?“, krächzte Carl-Philip mit seiner Stimmbruchstimme.
    „Nick erzählt mir gerade, dass er die Schule schmeißen will“, antwortete sie vom Zelt herüber.
    „Cool“, sagte er und setzte sich. Er schaute zu seiner Tante, die mit Karla Backgammon spielte. Dabei leerte er den Rest meines Biers in einem Zug.
    „Das ist überhaupt nicht cool. Und das lässt du gefälligst sein.“ Sie zeigte auf die Bierdose. „Sonst fährst du sofort heim. Es ist total hirnrissig, das Gymnasium hinzuschmeißen.“
    „Dann erklär mir doch, warum du das hirnrissig findest“, sagte ich.
    „Weil es dir überhaupt nichts abverlangt und weil du keine besseren Pläne hast. Und weil es das Einzige ist, das dich davon abhält, krumme Geschäfte mit deinem neuen Freund Borste zu

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