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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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in irgendeinem Billig-Krimi zum Thema internationaler Terrorismus über diesen Namen gestolpert war. Sie war keine Terroristin. Aber sie, ihr Körper und ihr Humor waren wie ihr Kuss.
    Ich wurde vom sanften Trommeln des Regens auf die Zeltplane geweckt. Mouna war weg. Ich schloss wieder die Augen und träumte mich zurück zu einer Wanderung, die ich einmal mit meinem Großvater unternommen hatte. Drei Tage, nur er und ich. Damals hatte der Regen auch auf die Zeltplane getrommelt. Es war zu der Zeit, als ich die Schule gewechselt hatte. Ich hatte heimlich mitgehört, wie meine Mutter und mein Großvater über die Wanderung redeten, kurz bevor wir den Zug nach Åstorp nahmen.
    „Rede mal mit ihm“, sagte meine Mutter zu meinem Großvater.
    „Er wird schon selbst darüber reden, wenn er Lust dazu hat“, erwiderte mein Großvater.
    „Aber wenn nicht, dann musst du es zur Sprache bringen. Er vermisst seinen Vater. Aber mit mir will er ja nicht darüber reden.“
    „Ihr Frauen wollt immer nur reden“, sagte er.
    Wir sprachen überhaupt nicht über meinen Vater auf dieser Wanderung. Wir schnitzten Wanderstäbe und backten Brot auf heißen Steinen. Ich kletterte auf Bäume, hoch, sehr hoch. Und mein Großvater feuerte mich an. Ich half ihm bei vielen Dingen, weil er ja nur einen Arm hatte. Ich bin sicher, dass mir das half. Aber wir redeten überhaupt nicht über meinen Vater.
    Ich verließ das Zelt und die beiden Kiffer vom Vortag stürzten sich sofort auf mich. Sie mussten wie Hyänen um das Zelt geschlichen sein. Sie kauften zehn Gramm.
    „Hast du auch noch was anderes?“, fragte der eine.
    „Weiß nicht. Was brauchst du denn?“, fragte ich.
    „Was halt so geht, Mann.“
    „Speed?“
    „Super.“
    „Kommt in einer Stunde wieder“, sagte ich. Ich wollte vor den beiden nicht meinen ganzen Vorrat offenlegen.
    Ich aß ein Stück Toast und wog den Stoff ab. Für ein Gramm mussten sie dreihundert Kronen bezahlen. Pünktlich auf die Minute standen sie wieder auf der Matte und kauften zwei Gramm. In meinen Augen war das eine Riesenportion. Mir war das alles nicht ganz geheuer. Nach einer weiteren Stunde kamen sie noch einmal und kauften zehn Pillen für 1500 Kronen. Zehn Pillen … Sie wirkten nicht gerade wie die größten Tänzer.
    Ich schaute bei Liv, Tante Mühlhausen und den beiden zahmen Teenagern vorbei, die Käsebrote zum Frühstück aßen. Wir plauderten kurz, aber Liv war schon auf dem Sprung, sie wollte Majse an ihrer Imbissbude einen Besuch abstatten, also ging ich wieder zurück und nahm noch eine Mütze voll Schlaf. Mouna weckte mich. Die Pädagogen gingen auf ein Konzert. Ich war natürlich dabei. Wir saßen unter ihrem Pavillon, während rundherum der Regen herabprasselte. Mouna legte ihren Kopf auf meinen Schoß. Ich hatte mich verliebt, das war so sicher wie das Amen in der Kirche. Ich hatte eindeutig nicht die richtige Kleidung für Regenwetter an. Sie trug auch nur ein T-Shirt und sah fantastisch aus. Kurz blitzte das Bild ihrer Brüste vor meinem inneren Auge auf. Ich glaube, viele Jungs verwechseln „scharf sein“ mit „verliebt sein“. In diesem Augenblick war ich beides. Während ich Muster auf ihre Stirn zeichnete, lächelte sie mit geschlossenen Augen. Wir tranken Bier und Drinks. Wir rauchten ein paar Joints. Die Wirkung all der Rauschmittel strömte direkt in meinen Unterleib. Die Lust, auf ein Konzert zu gehen und dänische Rockmusik anzuhören, wurde komplett überblendet von der Lust, Mouna sämtliche Klamotten vom Leib zu reißen. Als wir auf den Festivalplatz gingen, war mir ganz schwindelig vor Glück.
    Wir standen beim Konzert ganz hinten. Ich schmiegte mich eng an Mouna, und sie bewegte sich lasziv zur Musik. Vielleicht hätte ich in diesem Moment, genau da, mein Leben total umstülpen, Pädagoge werden und mit Mouna ein entspanntes Hippieleben führen sollen, in dem wir Musik machten, auf unserem Bauernhof malten und jeder einem Halbtagsjob nachginge, damit ausreichend Zeit für die Kinder bliebe. Ihre Brüste würden nach drei, vier Mal Stillen ein bisschen hängen, doch das würde mir nichts ausmachen, weil ich vielleicht die Geheimratsecken meines Vaters geerbt hatte und selbst ein wenig gealtert war, aber in der Gegend würde man uns kennen, und die Kinder aus dem Viertel würden immer zum Spielen kommen, weil wir Ziegen im Garten und vielleicht ein Pferd hielten.
    „Nick? Is nicht wahr. Nick?“ Zufrieden vor mich hin schwelgend drehte ich mich um. Rie.

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