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Alles Boese mir vergib

Alles Boese mir vergib

Titel: Alles Boese mir vergib Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Meinke
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du aufs Skanderborg-Festival?“
    Livs kleiner Bruder war wahnsinnig in die Höhe geschossen, lang und dünn. Er hatte seine Haare schwarz gefärbt und trug ein T-Shirt mit einer Werbung für Aeroflot. Ich wurde Zeuge einer weiteren Carl-Philip-Verwandlung. Als ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, saß er bei der Party irgendeiner Teenie-Braut auf der Treppe vor dem Haus, die Hose vollgekotzt und mit kleinen Speichelresten an der Unterlippe.
    „Hab ich noch gar nicht drüber nachgedacht.“
    „Ich geh hin.“
    „Du gehst doch nicht ganz allein auf ein Festival, oder?“
    „Nein, ich …“ Er wirkte ein bisschen geniert. „Ich geh mit ein paar Freunden hin.“
    „Mein liebes Bruderherz hat die Erlaubnis bekommen, mit seinen neuen Freunden von der Bernadotteschule UND seiner Tante UND ihrer Familie auf das Festival zu gehen. UND unter der Bedingung, dass er auch bei den lieben Verwandten wohnt und dass ich mitkomme.“
    „Ich werde versuchen, mich so weit wie möglich von denen fernzuhalten. Matti aus meiner Klasse kommt auch mit ein paar Freunden – ALLEIN“, sagte er und blickte seine Schwester an. „Mit denen werde ich abhängen.“
    „Tja, könnte gut sein, dass ich da auftauche“, antwortete ich. Ich dachte sogleich an die Möglichkeit, das Roskilde-Ding noch einmal durchzuziehen und mit ein paar Tausendern in der Tasche zurückzukommen.
    „Das ist doch nichts für dich“, entgegnete Liv. „Und mach bloß nicht dasselbe wie beim letzten Mal!“
    „Was hat er denn gemacht?“, fragte ihr kleiner Bruder.
    „Gar nichts. Er hatte nicht alle Tassen im Schrank“, antwortete sie.
    Carl-Philip lief plötzlich aus dem Zimmer und kam kurz darauf mit einem Festivalprogramm zurück.
    „Warum lädst du dein Telefon nicht auf?“, fragte Mateus.
    „Hab einfach nicht dran gedacht.“ Mateus nahm mein Handy und schloss es an Livs Ladegerät an.
    „Sieht doch sehr vernünftig aus“, sagte ich, als ich das Programm sah. Ich war beeindruckt. Ich dachte immer, es handle sich um ein Familienfestival. Zwar war Big Fat Snake dabei und ein Haufen anderer Schrott, aber es gab auch durchaus die eine oder andere brauchbare Gruppe. Wir gingen die Bandnamen durch.
    „Dann könntest du ja das Zelt von Majse und mir aufbauen“, schlug Liv vor. Sie lachte. „Das war nur ein Witz! Du willst doch nicht ernsthaft aufs Skanderborg gehen, Nick?“
    „Majse?“
    „Ja, Majse und ich machen einen Mädelsausflug. Ohne dich.“
    „Warum sollte ich nicht hingehen? Trentemøller , Spleen United , Mikael Simpson . Das ist doch geil. Und ich werde nichts anderes machen.”
    „Fett, dass es dir gefällt“, sagte Carl-Philip.
    „Entschuldige, aber was ist das denn bitte?“ Mateus. Er tippte auf meinem Handy herum. „Was zum Henker treibst du eigentlich gerade?“ Erst hockte er ruhig da. Dann schien irgendein Groschen zu fallen. Er stand auf.
    „Was ist DAS?“ Er schleuderte mir das Handy gegen die Brust. Er hatte die Anruferliste geöffnet.
    „Warum hast du Borstes Telefonnummer?“
    „Ich hab ihn neulich zufällig getroffen. Wir haben ein bisschen geplaudert. Nummern ausgetauscht.“
    „Ich kann ja wohl eins und eins zusammenzählen“, sagte er. „Dann kriegst du dein Hasch also von Borste, diesem Drecksack.“ Er sah kurz zu Carl-Philip rüber. „Fuck you, Mann.“
    „Das Lied von Anna David?“, fragte ich.
    „Nein, Nick. Fuck you. FUCK YOU! “
    „Bis nachher, Liv“, sagte er und ging. In Livs Zimmer wurde es still. Sie zeigte seufzend auf die Tür.
    „Carl-Philip?“ Er trollte sich sofort.
    „Verdammt noch mal“, sagte sie. „Was machst du nur?“ Ich wurde traurig. Liv durchschaute mich. Vielleicht war sie neben meiner Schwester der einzige Mensch, der kapierte, wer ich war.
    „Ich versuche, mein Leben auf die Reihe zu kriegen.“
    „Dann solltest du dich von Borste fernhalten.“
    „Er hat jetzt Frau und Kind. Damals stand er unter einem Wahnsinnsdruck. Jeder hat eine zweite Chance verdient.“
    „Ja, hoffentlich“, meinte sie. „Schiebetür hat erzählt, dass du im Fælledpark mit einem Kind auf den Schultern rumgelaufen bist.“
    „Das war Borstes Tochter.“
    „Spielst du den Babysitter für deinen Kidnapper?“
    „Er hat das alles hinter sich gelassen.“
    „Stockholm-Syndrom“, sagte sie.
    „Hä?“
    „Stockholm-Syndrom – wenn die Geiseln sich in ihre Entführer verlieben.“
    „Er hat sich wirklich verändert.“
    „Aber er verkauft dir Pot, oder? Er mag vielleicht aus dem Ganzen

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