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Alles Fleisch ist Gras

Alles Fleisch ist Gras

Titel: Alles Fleisch ist Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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quatschen, sondern arbeiten, jeder an seinem Platz. Dann würden sie schon sehen, wie sie sich anstellte … nicht immer, beileibe, er war gern bereit, das zuzugeben. Ganz einfach: Wenn sie immer so wäre, wie sie manchmal war, dann wäre er schon vor Jahren pleitegegangen. Hopfner war ein alteingesessener Familienbetrieb, da musste alles wie am Schnürchen laufen, einfach alles, sonst ging es nicht. Es ging einfach nicht. Er hatte nicht so viele Angestellte wie die großen Ketten, er hätte sich das nicht leisten können – und er hatte seinen Laden in der Innenstadt trotz der immer massiver werdenden Konkurrenz halten können; ja, dir gehört ja das Haus, hörte er von Kollegen, da ist es dann ja leicht … Schwachköpfe.
    Seit seiner Kur gab sich Maria auch mehr Mühe, das musste man zugeben, keine Frage, sie riss sich am Riemen, es war nichts mehr vorgefallen. Bis auf das eine Mal, und dann war sie weggelaufen. Wegen so einer kleinen Auseinandersetzung. Lief weg von einem Tag auf … Blödsinn, praktisch von einer Minute auf die andere, um halb zwei hatten sie sich gestritten, die Hand war ihm ausgerutscht, ein bisschen, er hatte sie eh nicht richtig erwischt, mehr gebrüllt als früher, aber wenigerhandgreiflich – er hatte sich, das wusste er noch genau, eingebremst, sie absichtlich verfehlt, also halb verfehlt, aber eingebremst stimmte schon, das war ihm früher nie gelungen, der Rücken war besser, keine Frage, damit hing es zusammen, dass er sich mehr unter Kontrolle hatte … Das hätte sie doch anerkennen können, aber nein, was tut sie? Rennt weg. Um zwei war sie noch da, Viertel nach war sie weg, kein Mensch wusste, wohin, keiner hatte sie gesehen. Angeblich. Ob irgendwas von ihren Sachen fehle, wollten die Polizisten wissen. Schon daran konnte man sehen, was das für Schwachmaten waren bei der Polizei – als ob er wüsste, welche Sachen sie hatte! Worum sollte er sich denn noch alles kümmern? Den Betrieb führen, die Buchhaltung und alles und dann noch wissen, wie viele Mäntel und Hosen seine Frau hatte? Und selbst, wenn er das gewusst hätte, rein theoretisch: Wie hätte er in dem Chaos sagen sollen, was fehlt? Daran lag es ja, dass sie keine Ordnung halten konnte, weder in seinen Sachen noch denen von den Kindern, erst recht nicht in ihren eigenen. Das war ein Haushalt, in dem man nichts fand, nicht auf Anhieb. Man musste alles erst immer suchen. So war sie eben. Das brachte ihn zur Weißglut.
    Und jetzt dieser anonyme Wichser mit dem Brief. Das heißt – eigentlich müsste er ihm dankbar sein, wenn man es genau betrachtete. Eine Warnung. Immerhin eine Warnung. Und sehr konkret. Wer und was.
    Er glaubte jedes Wort. Er hatte Nathanael Weiß kennengelernt. Der Mann war verrückt, klarer Fall. Im zivilen Leben unfähig, sich zu erhalten. Aber beim Staat … Wo sollten diese Zivilversager auch sonst hin , sagte Klaus Gruber immer. Der hatte eine Autowerkstatt. Die einen zu dumm, die anderen unbrauchbar wegen irgendwelcher Macken. Und Karrieristen natürlich. Politik.
    Dabei ein Schrank, eins neunzig, mindestens, zwanzig Kilo schwerer als er selbst und durchtrainiert. Auf Staatskosten. Und komplett verrückt. Wer reagiert denn so auf berechtigte Vorhaltungen, er soll, bitteschön, die Finger von seiner Frau lassen? Durfte man das jetzt nicht mehr sagen, hätte er es sich vielleicht gefallen lassen sollen, dass der seine Frau anbaggert, bloß, weil das Arschloch von der Polizei ist? Seine Gnaden, der Herr Inspektor … oder was immer. So weit kommt es noch. Nein, nein, dieser Weiß hatte sie nicht alle, und deshalb war ihm auch zuzutrauen, was in dem Mail stand. Er würde seine Maßnahmen treffen.

    *

    Wenn man kein Observationsteam zur Verfügung hatte, war es schwer, über das Woher und Wohin einer Zielperson Bescheid zu wissen. Und observieren konnte Chefinspektor Weiß den Hopfner nicht, mit welchem Grund auch? Seine Frau war verschwunden, die Ermittlungen hatten nicht die Spur einer Beteiligung Hopfners ergeben – auch nicht für die zurückliegende eigentliche Ursache dieses Verschwindens, Hopfners Gewalttätigkeit, die seine Frau schließlich dazu getrieben hatte, den letzten Ausweg zu suchen, wovon die Polizei ja immer noch ausging. Sie hatte es eben nur vertrackter angestellt und war allein aus diesem Grund noch nicht gefunden worden.
    Tatsächlich hätte eine Beobachtung Hopfners nichts Auffälliges ergeben. Er stand in seinem Laden, bediente die Kunden, beaufsichtigte die Angestellten und

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