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Alles Fleisch ist Gras

Alles Fleisch ist Gras

Titel: Alles Fleisch ist Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Mähr
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nun aber: konkret?«
    »Ich kann dir dabei nicht helfen, dieses Hopfner-Problem zu lösen.« Dann erzählte er alles, was er schon vor einer Stunde hätte erzählen sollen. Was er auch getan hätte, wenn Weiß gefragt hätte. Wie es gegangen war mit der Kur und so weiter. Aber Weiß hatte eben nicht gefragt, sondern gleich von Hopfner, dem Monster, angefangen.
    Anton Galba erzählte von den Träumen, vom Scheitern der Beziehung zu Helga Sieber, von der Kur in Bad Tatzmannsdorf.Die tatsächlich geholfen hatte. Ein bisschen. Vielleicht nur, weil Bad Tatzmannsdorf so weit weg war von Dornbirn. Geholfen dahingehend, dass die Träume seltener wurden und kürzer. Und dass er das nicht riskieren könne: dass sie wieder häufiger werden. Dass ihn das in die Psychiatrie bringen würde und dann ins Gefängnis – oder in eine Kombination von Psychiatrie und Gefängnis. Und Weiß auch.
    Während dieser Erzählung schritten sie nebeneinander über eine ebene Riedfläche, im Winterhalbjahr durchnässt vom stehenden Wasser, jetzt ganz trocken. Gelbes Riedgras zischelte unter ihren Schuhen. Nathanael Weiß hatte ihn kein einziges Mal unterbrochen und keine Zwischenfrage gestellt. Je länger Ing. Galba redete, desto mehr spürte er etwas wie Befreiung von einem lang anhaltenden Druck. Es wurde ihm leichter ums Herz. Nicht nur ums Herz. Er fühlte sich leichter, körperlich; er schien die scharfen, trockenen Stengel unter seinen Füßen nicht mehr so stark zusammenzudrücken; er gewann dadurch ein, zwei Zentimeter an Höhe. Dadurch, dass er nicht mehr so tief ins trockene Gras einsank.
    Als er geendet hatte, sagten sie beide lange Zeit nichts. Galba wusste, dass alles davon abhing, wer als Erster sprechen würde. Das durfte nicht er selber sein. Denn dann hätte er verloren. Weiß musste sprechen. Wenn Weiß als Erster das Wort ergriff, hatte Weiß verloren. Wer jetzt sprach, akzeptierte den anderen Standpunkt. Nicht gleich und unter Protest und vielen Verbiegungen. Aber endlich doch.
    Weiß brach das Schweigen. Er schien über das Reden und Schweigen ähnlich zu denken wie Anton Galba. Denn er sagte: »Also gut.« Dann eine Pause. Dann noch einmal: »Also gut.« In den Pausen, dachte Galba, wälzt er Gedanken.
    »Du hinderst mich nicht daran«, sagte Weiß dann. Nicht der Hauch, aber wirklich nicht der allerzarteste Hauch einerFrage lag in diesem Satz. Es war eine reine, hundertprozentige Feststellung, wie sie aus reiner, hundertprozentiger Überzeugung geboren wird.
    »Nein«, sagte Galba, »natürlich nicht. Ich will nur nichts mehr davon hören.«
    »Schau zu, dass du von diesen Träumen wegkommst«, sagte Weiß.
    »Klar«, sagte Galba.
    »Warst du schon einmal auf Gomera?«, fragte Weiß.
    »Nein, wieso? Was hat das mit diesem Hopfner zu tun?«
    »Nichts, gar nichts. Warum sollte es? Hast du nicht grad gesagt, du willst nichts mehr davon hören?«
    »Ja, hab ich, ich versteh nur nicht …«
    »Was gibt’s da zu verstehen? Ich frag dich, ob du schon einmal in Gomera warst – die Kanareninsel. Und du fragst, was das mit Hopfner zu tun hat. Also fängst du selber davon an. Du bist fixiert auf diesen Hopfner, das ist nicht normal. Du solltest zum Arzt gehen …« Aber da konnte Weiß das Lachen nicht mehr zurückhalten, und Anton Galba lachte auch, nicht, weil so lustig war, was Weiß erzählte (das war es nicht), sondern, weil es sich so gehörte. Nie war etwas, was Weiß von sich gab, besonders lustig. Wenn Galba nicht lachte, hätte er ihn mit der Nase auf dieses Manko gestoßen, das musste nicht sein.
    Galba erfuhr, dass Adele nach Gomera wollte und Weiß nur widersprüchliche Erfahrungsberichte über Gomeraurlaube bekommen hatte. Von ganz mies bis wunderbar. Galba konnte zu diesen Berichten keine eigenen Erfahrungen beisteuern, dafür aber einen des Kollegen Amann, der von Gomera eher mittelbegeistert gewesen war, aber, fügte Galba hinzu, wohl doch vor allem wegen seiner Frau, deren Idee dieser Urlaub gewesen war, weil nämlich der Kollege Amann dazu neige,alles schlechtzumachen, was nicht auf seinem eigenen Mist gewachsen war, so dass man, dies in Rechnung stellend, eher davon ausgehen könne, dass es dem Amann auf der Insel gefallen habe. Weiß bemerkte, wie erstaunlich viele Leute doch schon auf Gomera gewesen seien, und dass man von einem Geheimtipp wahrlich nicht mehr sprechen könne, und Galba gab zu bedenken, dass ebendies natürlich auch als Vorteil gewertet werden solle, weil dann schon vom Vorhandensein einer

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