Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
spontanen Tour durchs Haus. Und? »Na klar.« Er führt uns in die Küche, zieht sie strahlend hervor
und hält die Tatwaffe drohend in die Höhe. Erschlagen, aber nur von der Wucht des starken Kaffees, fahren wir weiter zu dennächsten Pools. Vereinzelt kommen uns luxuriöse Campingwagen entgegen. »Wir Isländer lieben es eben gemütlich«, sagt Anna,
»seit einigen Jahren wird es immer populärer, durch die Heimat zu reisen.« Am liebsten von einem Event zum nächsten, dafür
fahren sie manchmal Hunderte Kilometer: zu den Djúpavík-Tagen in die Westfjorde, dem Dalvík-Fischtag im Norden und dem Musikfestival
Bræðslan in Borgarfjörður eystri; jede Gemeinde schafft sich ein besonderes Wochenende, Festival oder sogar Museum.
An dieser Stelle im Nationalpark Þingvellir driften die eurasische und die nordamerikanische Kontinentalplatte auseinander
Gründe ein Museum
Museen zu gründen ist ein beliebtes Hobby der Isländer; es wird vor allem von liebenswerten und bisweilen kauzigen älteren
Herren betrieben. Der eine verfügt über die größte Plattensammlung Islands, der andere hängt in seiner Scheune alte Werkzeuge
auf und erklärt sie zur kostbaren Sammlung, doch das wohl skurrilste Museum hat sich Sigurður Hjartarson, ein pensionierter
Lehrer für Geschichte und Spanisch, geschaffen. In Húsavík, einer Stadt im Norden Islands, leitet der bald 7 0-Jährige das Isländische Phallologie-Museum – seine Ausstellung ist gespickt mit abgeschnittenen Tierpenissen. Einige prangen an den
Wänden, andere glibbern in formalingefüllten Einmachgläsern vor sich hin. In den vergangenen Jahrzehnten sammelte Sigurður
über 270 Exponate von mehr als neunzig Arten. Die meisten bekommt er geschenkt, nur den Elefantenphallus kaufte er ein. Wer hat den
längsten? Wer den kleinsten? Diese Fragen können hier ganz offen gestellt werden. Die Antwort: Der längste ist vom Pottwal,
er wiegt über siebzig Kilound misst 1,70 Meter. Der kleinste stammt von einem Hamster und ist kaum zu erkennen.
Robben, Eisbären, Pferde, Füchse, sie alle ließen unfreiwillig ihr bestes Stück. Es gibt auch eine Spezies, die sich als Spender
anbietet: Einige Männer versprachen Sigurður, nach ihrem Ableben dem Museum ihren Penis zu vermachen, für sie steht schon
jetzt ein leeres Glas in den Ausstellungsräumen bereit und kündigt an, wessen Glied eines Tages hier ruhen wird. Der Museumsgründer
selbst spendet sein Exemplar natürlich ebenfalls. Das Phallus-Museum von Húsavík ist sicherlich das seltsamste Museum Islands,
wenn nicht gar der Welt.
Auch im Hólmavíker Museum für Hexerei und Magie entdecken die Besucher Außergewöhnliches und Irritierendes: zum Beispiel die
nábuxur, Leichenhose (zum Glück jedoch keine echte). Glaubt man der Legende, stammen die nábuxur aus der Haut eines verstorbenen
Mannes, der noch zu Lebzeiten sein Einverständnisgab. Nach seinem Tode wurde er nachts ausgegraben und die Haut von der Hüfte abwärts in einem Stück abgezogen, damit sie später
auch gut sitzt. Um seinen Zweck zu erfüllen, musste der Leichenhosenträger einer armen Witwe an Weihnachten oder Ostern eine
Münze stehlen. Diese trug der Mann dann in einem der Hoden, der als Geldsack diente. »Anschließend musste er ein magisches
Zeichen auf ein Papier zeichnen und es ebenfalls einstecken«, erklärt Sigurður Atlason, Siggi genannt, mit tiefer Stimme und
großem Pathos. »Sodann hatte der nábuxur-Träger immer ausreichend Geld.« Der Reichtum war übrigens nur den Männern gegönnt.
Siggi erklärt eine Leichenhose
In der Region um Strandir gibt es zahlreiche Legenden, besonders im 17. Jahrhundert herrschte ein ausgeprägter Glaube an die Magie, die auch Hexenverfolgungen nach sich zog. »Nie mehr wurden so
viele Menschen hingerichtet wie zu dieser Zeit«, weiß der Museumsbetreiber. »Viel« ist in Island natürlichimmer ein relativer Begriff. Es waren 21 Personen: zwanzig Männer und eine Frau.
Des Hexers Torfhaus in der Abenddämmerung
Um vollends in die Vergangenheit einzutauchen, fahren wir zu einem 25 Kilometer entfernten Landhaus des Hexers, der zweiten Stätte des Museums. Auf einer Anhöhe im Bjarnarfjörður thront das grasbewachsene
Torfhaus. Der 4 9-jährige Siggi hat sich nun schwere Lederfelle umgehängt, er trägt eine beige Filzmütze, auf deren Stirnhöhe ein altes Symbol prangt:
der Ægishjálmur, Helm des Ægis. Es existiert in verschiedenen Formen, eine
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