Alles ganz Isi - Islaendische Lebenskunst fuer Anfaenger und Fortgeschrittene
dieser Tiere aus gesehen habe, überwand ich
trotz Unerfahrenheit und Tierhaarallergie meine Bedenken. Von Weitem sehen sie ja auch niedlich aus. Islandpferde, die manchmal
Ponys genannt werden, sind zwar recht klein, als ich jedoch im Sattel saß, kam mir ihre Körpergröße von 1,30 Meter plötzlich sehr hoch vor. Nach zehn Minuten stieg ich freiwillig wieder ab. Die anderen aus der Gruppe trotteten langsam
davon.
Islandpferde haben neben den klassischen Gangarten noch einen besonderen Schritt: den Tölt. Damit können sie selbst bei widrigem
Untergrund so gut wie erschütterungsfrei laufen, sogar über huckelige Lavafelder, wo man zu Fuß leicht umknickt, trippeln
sie leichtfüßig hinweg. Du kannst auf ihrem Rücken problemlos eine Tasse Tee trinken, ohne etwas davon zu verschütten, erzählen
die Isländer gerne. Auf ihre robusten Freunde lassen sie nichts kommen, das hindert sie allerdings nicht daran, auch sie auf
ihren Speiseplan zu setzen.
Die ausdauernden Pferde halfen den Wikingern vor über 1100 Jahren, die Vulkaninsel zu besiedeln. Damals gab es natürlich noch keine Wege oder Brücken, dafür aber neben Gletschern viele
Berge, abgelegene Fjorde und unendliche Weiten, die die Neuankömmlinge erkunden wollten. Die Siedler brachten die kleinwüchsigen
Kraftpakete mit nach Island, sie waren eine Kreuzung aus germanischen und keltischen Ponys.
Die Pferde trugen die ganze Last – die Reiter, das Hab und Gut der Wikinger, die Handelswaren und später Treibholz. Selbst
bei Schneesturm brachten die Tiere Reiter und Güter sicher ans Ziel. Man sagt, sie spüren, wo der Weg gut begehbar ist. Und
so vertrauen bis heute viele blind ihren Islandpferden, die nicht nur mutig, sondern auch sozial und eigenständig sind. Im
Sommer leben sie halbwild in kleinen Herden.
Nach einer Stunde sehe ich aus der Ferne die Gruppe zurückkommen. Die lange Mähne der Pferde weht im Wind … trippel, trappel, trippel, trappel … tölten sie sicher und flink durch das unberührte Gelände. Die Pferde schnaufen jetzt kräftig. So ruhig Islandpferde sonst
meist sind, wer sie einmal laufen sieht, weiß, wie temperamentvoll sie sein können. Vielleicht werde ich es eines Tages doch
noch mal ausprobieren – und wenn ich dafür vorher im Meer Mut tanken und eine Antiallergikum einwerfen muss.
Reden, Feiern und Tauchen
Kein Ort erfüllt die Isländer mit so viel Stolz wie Þingvellir, die »Ebene der Volksversammlungen«. Seit dem Jahre 930 trafen
sich die gleichgestellten Goden und Bauern hier jeden Sommer für zwei Wochen auf dem Lavafeld am Nordufer des Sees Þingvallavatn.
Während der Versammlungen wurden im Alþingi, einem der ältesten Parlamente der Welt, Recht gesprochen und Gesetze beschlossen.
Die Redner standen dabei mit dem Gesicht zur Wand am »Gesetzesfelsen«, durch die besondere Akustik des Ortes waren ihre Worte
auf dem weitläufigen Gelände überall gut zu hören. Bis heute gilt Þingvellir als bedeutendster Platz Islands, hier wurde am
17. Juni 1944 die Republik ausgerufen, und hier werden die großen nationalen Jubiläen gefeiert.
Der wunderschöne Nationalpark ist auch ein beliebtes Ausflugsziel. Hier driften die eurasische und die nordamerikanische Platte
jedes Jahr um ein paar Millimeter auseinander. So können die Besucher das wandelbare Gebiet zwischen den Kontinentalplatten
erkunden – die Spaziergänger überirdisch und die Taucher unterirdisch im Þingvallavatn, dem größten See Islands. Ein Tauchausflug
in der dortigen Silfra-Schlucht ist auch deshalb einzigartig, weil man im glasklaren Wasser rund einhundert Meter weit sehen
kann.
Bei der Tour mit Anna sehen wir am Wegesrand nicht nur verstreut einige Islandpferde, sondern auch abgelegene Höfe und die
wenigen Landhotels. Eines davon ist das rustikale Hotel Bjarkalundur. In Island ist es mittlerweile legendär, denn dort wurde
die zweite Staffel jener Comedy-Serie gedreht, mit der Jón Gnarr, der heutige Bürgermeister von Reykjavík, große Erfolge feierte.
Hier produzierte Sagafilm die zweite Staffel ›Dagvaktin‹ (Tagesschicht), in der Georg voller Wut seine üble Chefin erschlägt.
Wir trinken in Bjarkalundur eine Tasse Kaffee, alles sieht genauso aus wie in der Serie. Der junge Angestellte erzählt, dass
seit der Ausstrahlung von ›Dagvaktin‹ viele Isländer im Hotel Halt machen. »Die meisten fragen, ob wir die Original-Pfanne
haben«, erzählt er bei seiner
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