Alles Gold Der Erde
Salon Roulette. Er soll ihn richtig bandagieren. Und ihn«, schloß er und wies mit dem Daumen auf Pollock, »ihn schleift ihr hier 'raus.«
Während Duke Handtücher holte, um Pollocks Blut zu stillen, sorgte sich Troy weiterhin um Marny. Schwerfällig und sanft zugleich, denn sie hing auf ihm wie auf einer Krücke, half Troy ihr ins Schlafzimmer. Norman folgte ihnen. Troy drückte sie in einen Armsessel und sagte in tröstlichem Ton:
»Wir schaffen diesen Mann fort, Marny. Er ist nicht schwer verwundet. Daran wird er nicht sterben.«
»Zu schade«, bemerkte Norman.
Marny fragte sich selbst nicht, ob sie sich darüber freuen solle, daß sie Pollock nicht tödlich verletzt habe, oder ob sie ihren Schuß bedauern müsse. Sie war viel zu wacklig auf den Beinen, um sich überhaupt irgend etwas zu fragen. Sie sah so schwach aus, wie sie sich fühlte, und Troy meinte zu Norman:
»Du solltest ihr besser Brandy holen.«
Norman ging hinaus. Troy legte die beiden Pistolen auf Marnys Frisierkommode und kehrte in das andere Zimmer zurück. Durch die offene Tür konnte Marny beobachten, wie die beiden Schwarzbärte sich den Captain unter die Arme klemmten und ihn hinauszerrten. Norman trat mit einer Flasche Brandy ein und goß ihr ein Zahnputzglas voll. Als er auf sie zukam, sah er den Armeecolt. Er nahm ihn in die Hand. »Ist er mit dem Ding da auf dich losgegangen, Marny?« Sie nickte.
»Was hat er gewollt?«
»Ich sollte die Safes aufmachen.«
»Diebischer Drecksack«, meinte Norman. »Was ist in diesen Menschen gefahren? Er zählt doch zu den angesehensten Bürgern. Wenigstens tut er so. Na, das zeigt wieder mal, daß du keinem über den Weg trauen darfst.«
Norman seufzte, als er über diese menschliche Verkommenheit nachdachte. Marny griff nach ihrer Pistole und zog sie näher zu sich heran. Sie rechnete nicht damit, die Waffe heute nacht noch einmal zu gebrauchen. Es war ihr aber doch lieber, den kleinen Colt bei der Hand zu haben.
Norman blieb bei Marny, bis Troy meldete, daß Dr. Wardlaw Pollocks Verletzung behandelt habe. Die Schwarzbärte hatten seine Taschen durchsucht und alle Schlüssel an sich genommen, um jenen zu finden, mit dem er Marnys Tür geöffnet hatte. Alsdann hatten sie Pollock in eine Schubkarre geladen und zu seinem Hotel transportiert. Als Warnung hatten sie ihm ans Herz gelegt, daß jeder im Calico-Palast Beschäftigte den Befehl erhalten habe, ihn sogleich niederzuschießen, falls er die Schwelle noch einmal übertreten sollte.
Die Spieler saßen längst wieder an ihren Tischen. Schießereien waren in San Francisco etwas so Alltägliches, daß sie eigentlich bloß Leute interessierten, die unmittelbar betroffen wurden. »Ich nehme nicht an, daß du heute nacht noch Lust auf ein Spielchen hast, Marny.«
»Nein, die habe ich wirklich nicht«, antwortete sie und ließ sich von seinem enttäuschten Gesicht nicht beeindrucken. »Ich würde Kendra gern sehen, sobald sie heimkommt. Und bis dahin möchte ich am liebsten allein sein.«
Norman gab nach. Er und Troy gingen davon.
Marny zog ihr schwarzes Satinkleid und ihre Salonschuhe aus. Statt dessen streifte sie ein weiches Wollkleid über. Nachdem sie das Zahnputzglas von neuem gefüllt hatte, machte sie es sich in dem Lehnsessel bequem. Wenn sie ihren Drink geschlürft hatte, wollte sie sich die Karten legen, um herauszufinden, ob sie Pollock auch in Zukunft noch zu fürchten habe oder ob sie nun von ihm in Frieden gelassen werde.
Jemand klopfte an die Tür. Kendra kam herein. Marny fand daß Kendra noch nie so gut ausgesehen habe wie jetzt. »Wo steckt Hiram?« fragte sie.
»Er wartet. Er ist nicht mitgekommen, weil Norman uns gesagt hat, du möchtest mich allein sprechen. Soll er doch kommen? Er wird es verstehen, wenn du ihn nicht sehen willst.«
»Selbstverständlich will ich ihn hier haben. Mich haben nur die vielen Leute aufgeregt, die hier herumgerannt sind, das war alles. Du und Hiram, ihr werdet eine Erholung für mich sein.«
Kendra holte Hiram. Er lächelte sie warm an und umfaßte ihre Hand fest. »Können wir etwas tun?« erkundigte er sich dann.
Marny nickte zu Kendra hinüber. »Sie haben euch wohl erzählt, was geschehen ist?«
»Nicht in allen Einzelheiten. Die haben wir gar nicht erst abgewartet. Aber du brauchst uns jetzt nichts zu sagen. Du mußt vor allem über den Schock hinwegkommen.«
»Mich fröstelt ein wenig«, gestand Marny. »Und ich habe auch noch ein bißchen Angst. Der Wind ist heute sanft. Wenn Sie
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