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Alles ist erleuchtet

Alles ist erleuchtet

Titel: Alles ist erleuchtet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Safran Foer
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rein.
    Er hörte schlurfende Schritte. Jemand machte sich am Türschloss zu schaffen.
    Safran? Es war Listas Mutter.
    Hallo, sagte er. Ist Lista da?
    Sie ist in ihrem Zimmer, sagte die Mutter und dachte, was für ein netter Junge Safran doch war. Geh nur hinauf.
    Ich bin's, sagte er und öffnete die Tür.
    Was ist los?, fragte Lista. Sie sah so viel älter aus als vor drei Jahren im Theater, dass er sich fragte, ob sie sich nun so verändert hatte oder er. Komm rein. Komm rein, sagte sie. Setz dich. Was ist los?
    Ich bin ganz allein, sagte er.
    Du bist nicht ganz allein, sagte sie und drückte seinen Kopf an ihre Brust.
    Doch.
    Nein, bist du nicht, sagte sie. Du fühlst dich nur allein.
    Wenn man sich allein fühlt, ist man auch allein. Das ist es doch gerade.
    Ich werde dir was zu essen machen.
    Ich will nichts essen.
    Dann trink etwas.
    Ich will nichts trinken.
    Sie massierte seine leblose Hand und dachte an das letzte Mal, als sie sie berührt hatte. Nicht der Tod hatte sie so zu dieser Hand hingezogen, sondern die Unerforschlichkeit. Die Unerreichbarkeit. Er würde sie nie ganz und gar, mit jeder Faser, lieben können. Er konnte nie ganz besessen werden, und er konnte nie ganz besitzen. Ihre Sehnsucht wurde entflammt durch die Nichterfüllung ihrer Sehnsucht.
    Du heiratest bald, Safran. Ich habe heute Morgen die Einladung bekommen. Macht dir das solche Sorgen?
    Ja, sagte er.
    Du brauchst dir aber keine Sorgen zu machen. Vor der Hochzeit ist jeder nervös. Ich war auch nervös. Und mein Mann ebenfalls. Und Zoscha ist ein so nettes Mädchen.
    Ich kenne sie gar nicht, sagte er.
    Sie ist wirklich sehr nett. Und schön.
    Glaubst du, ich werde sie mögen?
    Ja.
    Werde ich sie lieben?
    Möglicherweise. Über die Liebe sollte man keine Voraussagen machen, aber es ist sehr gut möglich.
    Liebst du mich?, fragte er sie. Hast du mich je geliebt? Damals, in der Nacht mit all dem Kaffee?
    Ich weiß es nicht, sagte sie.
    Hältst du es für möglich, dass du mich geliebt hast?
    Er strich mit seiner gesunden Hand über ihre Wange und ihren Hals und schob sie dann unter den Kragen der Bluse.
    Nein, sagte sie und schob seine Hand weg.
    Nein?
    Nein.
    Aber ich will es. Wirklich. Und nicht deinetwegen.
    Darum können wir es nicht tun, sagte sie. Ich hätte es nie tun können, wenn ich gedacht hätte, du wolltest es.
    Er legte den Kopf in ihren Schoß und schlief ein. Bevor er abends nach Hause ging, gab er Lista das Buch, das er mitgenommen hatte - »Hamlet«, mit einem purpurroten Rücken - , das er aus dem Regal gezogen hatte, um etwas in der Hand zu halten.
    Zum Behalten?, fragte sie ihn.
    Du wirst es mir eines Tages zurückgeben.
    Von alldem wussten mein Großvater und das Zigeunermädchen nichts, als sie zum letzten Mal miteinander schliefen, als er ihr Gesicht berührte und über die zarte Unterseite ihres Kinns strich, als er ihr so viel Aufmerksamkeit widmete wie ein Bildhauer seiner Frau. Gefällt dir das?, fragte er sie. Sie strich mit den Wimpern über seine Brust und ließ diesen Schmetterlingskuss seinen Körper hinauf wandern, über den Hals und bis zu der Stelle, wo das linke Ohrläppchen ansetzte. Gefällt dir das?, fragte sie ihn. Er zog ihr die blaue Bluse über den Kopf, er löste ihre Halsketten, er leckte ihre haarlosen, verschwitzten Achselhöhlen und strich mit den Finger von ihrem Hals bis zum Nabel. Er zeichnete mit der Zunge Kreise um ihre karamellfarbenen Brustwarzen. Gefällt dir das?, fragte er sie. Sie nickte und bog den Kopf zurück. Er leckte an ihren Brustwarzen und wusste, dass das hier, das alles, ganz falsch war; vom Augenblick seiner Geburt bis zu diesem Tag war alles ganz falsch gelaufen - es war nicht das Gegenteil des Richtigen geschehen, sondern schlimmer: Es war immer haarscharf am Richtigen vorbeigegangen. Sie öffnete mit beiden Händen seinen Gürtel. Er hob den Hintern an, damit sie ihm die Hose und Unterhose abstreifen konnte. Sie nahm seinen Penis in die Hand. Sie wollte so sehr, dass er sich gut fühlte. Sie war davon überzeugt, dass er sich noch nie gut gefühlt hatte. Sie wollte die Quelle seiner ersten und einzigen Lust sein. Gefällt dir das? Er legte seine Hand auf ihre und führte sie. Sie zog Rock und Slip aus, nahm seine leblose Hand und presste sie zwischen ihre Beine. Ihr dichtes, schwarzes Schamhaar war gelockt, gewellt. Gefällt dir das?, fragte er, obgleich sie seine Hand führte, als wollte sie mit Hilfe einer Buchstabentafel eine Nachricht übermitteln. So führten sie

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