Alles ist erleuchtet
einander über ihre Körper. Sie steckte seine leblosen Finger in sich hinein und spürte einen Augenblick lang seine Taubheit, seine Lähmung. Sie spürte den Tod in ihren Körper und durch ihn hindurchgehen. Jetzt?, fragte er, Jetzt? Sie setzte sich auf ihn und spreizte die Beine zu beiden Seiten seiner Knie. Sie griff hinter sich und führte mit seiner leblosen Hand seinen Penis ein. Ist das gut?, fragte er. Ist das gut?
Sieben Monate später, am 18. Juni 1941, als deutsche Bomben den Himmel über Trachimbrod in kaltes Licht tauchten, als mein Großvater seinen ersten Orgasmus hatte, schnitt sie sich mit dem Messer, das durch das Schnitzen ihrer Liebesbriefe stumpf geworden war, die Pulsadern auf. Doch an diesem Tag, als er schlief und sein Kopf an ihrer Brust lag, über ihrem klopfenden Herzen, verriet sie sich durch nichts. Sie sagte nicht: Du wirst heiraten. Und sie sagte nicht: Ich werde mich umbringen. Sie sagte nur: Wie hast du deine Bücher geordnet?
26.Januar 1998 Lieber Jonathan!
Ich habe versprochen, nie mehr über das Schreiben zu äußern, weil ich dachte, dass wir jenseits davon sind. Aber ich muss mein Versprechen brechen.
Ich könnte dich hassen! Warum willst du deinem Großvater nicht erlauben, das Zigeunermädchen zu lieben und ihr seine Liebe zu zeigen? Warum hast du ihr erlaubt, diese schamvolle Sache mit seinem Vater zu machen? Wer befiehlt dir, auf eine solche Weise zu schreiben? Wir haben solche Gelegenheiten, Gutes zu tun, und trotzdem willst du unbedingt immer und immer wieder Böses tun. Ich wollte Klein-Igor diesen neuesten Teil nicht vorlesen, weil ich das nicht würdig für seine Ohren eingeschätzt habe. Nein, diesen Teil habe ich Sammy Davis jr. jr. gegeben, und sie hat das Richtige damit gemacht.
Ich muss eine simple Frage äußern, und die ist: Was ist los mit dir? Wenn dein Großvater das Zigeunermädchen liebt, und ich bin sicher, dass er das tut, warum geht er dann nicht mit ihr weg? Sie könnte ihn so glücklich machen. Und trotzdem lehnt er das Glück ab. Das ist nicht vernünftig, Jonathan, und es ist auch nicht gut. Wenn ich der Schriftsteller wäre, würde ich Safran dem Zigeunermädchen seine Liebe zeigen lassen und er würde sie nach Greenwich Schtetl in New York mitnehmen. Oder ich würde Safran sich selbst töten lassen, was die einzige andere wahrheitliche Sache wäre, die er tun kann, obwohl du dann nicht geboren worden wärst, was bedeuten würde, dass diese Geschichte nicht geschrieben werden könnte.
Du bist ein Feigling, Jonathan, und du hast mich enttäuscht. Ich würde dir nie befehlen, dass du eine Geschichte schreibst, die so ist, wie sie wirklich passiert ist, aber ich würde dir befehlen, deine Geschichte glaubensvoll zu machen. Du bist ein Feigling aus derselben Begründigung, warum Brod ein Feigling ist und Jankel ein Feigling ist und Safran ein Feigling ist - alle deine Verwandten sind Feiglinge! Ihr seid alle Feiglinge, weil ihr in einer Welt »zweiten Grades« lebt, wenn ich deine Worte benutzen darf. Ich habe keine Ehrfürchtung vor irgend] emand in deiner Familie, mit der Ausnahme deiner Großmutter, denn ihr alle seid in der Nähe der Liebe, aber ihr alle wollt von der Liebe nichts wissen. Ich habe das Geld beigelegt, das du mir vor kurzem geschickt hast.
Natürlich verstehe ich auf eine gewisse Weise, was du versuchst zu tun. Sicher gibt es so etwas wie eine Liebe, die nicht sein kann. Wenn ich zum Beispiel Vater informieren würde, wie ich Liebe verstehe und wen ich zu lieben sehne, würde er mich töten, und das ist nicht bloß ein Ausdruck. Wir alle entscheiden uns für Dinge, und wir alle entscheiden uns auch gegen Dinge. Ich möchte ein Mensch sein, der sich mehr für Dinge als gegen Dinge entscheidet, aber wie Safran und wie du entdecke ich, dass ich mich diesmal und das nächste Mal gegen etwas entscheide, von dem ich ganz sicher bin, dass es gut und korrekt ist, gegen etwas, von dem ich sicher bin, dass es etwas wert ist. Nichts von dem ist mühelos zu sagen.
Ich habe Großvater das Geld nicht gegeben, aber das war aus einer ganz anderen Begründigung, als du vorgeschlagen hast. Er war nicht überrascht, als ich es ihm sagte. »Ich bin stolz auf dich«, sagte er.
»Aber du wolltest doch, dass ich es dir gebe«, sagte ich.
»Ja, sehr«, sagte er. »Ich bin sicher, dass ich sie finden könnte.«
»Wie kannst du dann stolz sein?«
»Ich bin nicht stolz auf mich, sondern auf dich.«
»Du bist nicht wütend auf
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