Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
mit Wegwerfutensilien arbeiten, gab aber dann doch mehr über meinen angestrebten umweltfreundlichen Lebensstil preis, als ich beabsichtigt hatte. »Wenn es dir damit ernst ist, warum ziehst du dann nicht raus aufs Land?«, fragte ein Bekannter erstaunt.
Ein anderes Mal erzählte ich einem sehr liberalen Freund – einem Gleichgesinnten, von dem ich annahm, dass er dieselbenWerte vertrat wie ich –, dass ich herauszufinden versuchte, wie man in New York umweltfreundlich leben könne.
»Vergiss es. Das ist unmöglich«, sagte er entschieden. »Vielleicht klappt so was auf dem Land, irgendwo im Wald, wie bei Henry David Thoreau, oder auf einer Farm, wo du dein eigenes Gemüse anbauen kannst. Aber in New York? Nie im Leben.«
Hatte er damit womöglich recht?, fragte ich mich. Machte allein die Tatsache, dass ich im Zentrum einer Großstadt lebte, meine ganze Idee sinnlos?
Ich hoffte, nicht. Über die Hälfte der Weltbevölkerung lebt mittlerweile in Städten. Laut einer Statistik der Vereinten Nationen ziehen jeden Tag 180 000 weitere Menschen in die Stadt. Und heutzutage bestimmen die Stadtbewohner die Konsumgewohnheiten für den Rest der Welt. Die Leute kaufen, was Großstadtbewohner kaufen. Das gesamte Verteilungssystem für landwirtschaftliche Erzeugnisse und Konsumprodukte ist auf die Bedürfnisse der Städter zugeschnitten. Wenn die nicht lernen, ihre ökologischen Spuren zu reduzieren, dann sieht es wirklich übel für uns aus.
Die gute Nachricht ist, dass in Städten, vor allem in solchen wie New York, sehr viele Menschen auf vergleichsweise engem Raum leben, wodurch vieles effizienter genutzt wird. Die Leute müssen nicht so viel fahren. Nicht jedes Haus braucht einen eigenen Heizkessel. Waren werden an ein zentrales Lager geliefert, anstatt über weite Strecken verteilt zu werden. Die umliegende Landschaft bleibt ungestört. Wir nutzen Transportmittel, Gebäude und Rohstoffe gemeinsam. Bemerkenswerterweise liegt der durchschnittliche Pro-Kopf-Ausstoß von CO2 in New York bei nur 29 Prozent im Vergleich zum gesamten Land.
Auf der anderen Seite produzieren Städter, weil so viele von ihnen dicht beieinander leben, riesige Mengen von Umweltgiften. Aufgrund der Autoabgase, die achtzig Prozent der Luftverschmutzung von Manhattan ausmachen, haben die Bewohner der Insel das höchste Risiko im ganzen Land, an Krebsformen zu erkranken, die durch Chemikalien inder Luft ausgelöst werden. New Yorks Einwohner verursachen jedes Jahr vier Milliarden Tonnen Müll und schleusen über eine Milliarde Hektoliter Abwasser in die Kanalisation. Und trotz unserer Effizienz sind wir für nahezu ein Prozent der weltweiten Treibhausgase verantwortlich.
»Wie kann jemand wie Sie, der in einer der dreckigsten Städte der Welt lebt, das Wort ›Umwelt‹ überhaupt nur in den Mund nehmen?«, wurde ich im Verlauf meines Experiments häufig gefragt. Wenn derjenige aus einer ländlichen Gegend in der Umgebung von New York kam, entgegnete ich: »Wie fänden Sie es denn, wenn wir acht Millionen in Ihre Nachbarschaft ziehen würden, um als Selbstversorger zu leben? Wäre das Ihrer Meinung nach eine umweltschonendere Variante?«
Für den Planeten ist es viel besser, wenn wir Städter bleiben, wo wir sind. Viele Umweltschützer wären sogar froh, wenn mehr Leute – vor allem die, die ein Haus am Stadtrand haben und ständig pendeln – in die Städte ziehen würden. Doch so effizient die Städte überall auf der Welt auch sein mögen, was Energie- und Rohstoffverbrauch angeht, müssen wir noch sehr viel besser werden.
Was ich herausfinden wollte, war, inwieweit jeder Einzelne von uns dazu beitragen kann, besser zu werden, anstatt die Verantwortung allein der Regierung und der Stadtverwaltung zu überlassen. Aber was mein Experiment betraf, war ich überzeugt, dass es sehr viel sinnvoller war auszuprobieren, was man in einer der größten Städte der Welt tun kann, als sich das Motto »Zurück aufs Land« auf die Fahne zu schreiben.
Diese Grundideen – in der Stadt bleiben und maßvoll leben, ohne sich mit Askese zu strafen – bildeten sozusagen die Philosophie, auf der ich meinen Sieben-Stufen-Plan aufbaute.
Sich Philosophien auszudenken, war eine Sache. Praktische Umsetzungsmethoden dafür zu finden, die nicht mit dem Scheitern meiner Ehe endeten, war eine ganz andere.
An jenem Tag, als ich mir wider alle guten Vorsätze mit Klopapier die Nase geputzt und dadurch mein Töchterchen geweckt hatte, fand ich heraus, dass es
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