Alles öko!: Ein Jahr im Selbstversuch (German Edition)
und keinen Anlass sehen, etwas zu unternehmen.
Das Ganze ähnelt ein wenig der Geschichte von Buddha. Sein Vater, der König, wollte seinen Sohn um jeden Preis vor dem Wissen um das Leid beschützen. Deshalb durfte sein Sohn niemals etwas zu sehen bekommen, das ihn beunruhigen könnte. Und so wuchs Buddha in dem Glauben heran, das einzige Lebensziel bestünde in der Suche nach Freude und Genuss. Er stellte sein Lebens niemals in Frage, denn er hatte nie einen Anlass dazu. Er lebte so, wie es ihm beigebracht worden war – bis er eines Tages den Palast verließ.
Da sah er zum ersten Mal Kranke und Alte und Tote. Er erkannte, dass all dies jedem Menschen irgendwann zustieß. Dass wir alle früher oder später leiden. Wenn wir alt werden und sterben, fragte er, was ist dann der Sinn desLebens? Wenn die Freuden, die wir suchen, nicht von Dauer sind, welche Bedeutung haben sie dann? Welchen Wert haben all die Freuden und Reichtümer, die ich im Palast genieße, wenn sie mir eines Tages genommen werden?
Buddha war aus seiner Selbstzufriedenheit aufgerüttelt worden und machte sich auf die Suche nach einem besseren Leben. Und zumindest der Legende nach fand er es.
Vielleicht können die Umwelt- und die hinzugekommene Wirtschaftskrise für uns in der westlichen Welt der Weg aus dem Palast sein, das Erkennen des Leidens um uns herum. Vielleicht bringt es uns ebenfalls dazu, uns zu fragen: Was ist dieses Leben? Wozu ist es gut? Was ist seine Bedeutung? Wie sollen wir leben?
Vielleicht rüttelt es uns so weit auf, dass wir uns auf die Suche nach einem besseren, sinnvolleren, erfüllteren Leben machen – für uns selbst und unseren Planeten.
Hier ist eine Frage zum Thema Fortschritt, die mich beschäftigt: Wenn wir immer bessere Handys produzieren können, diese jedoch nicht von einem immer besseren Verständnis von uns selbst und unserem Platz in diesem Universum begleitet sind, können wir das dann wirklich Fortschritt nennen? Wenn wir geboren werden und unser Leben damit verbringen, von einem Spielzeug zum nächsten zu wechseln, ohne uns je die großen Fragen zu stellen, ist das dann Fortschritt oder einfach nur Ablenkung?
Wenn wir unser Leben unter die Lupe nehmen und zu dem Schluss kommen, dass es unser Daseinszweck ist, dafür zu sorgen, dass alle im Urlaub mit Jetskis herumflitzen können und den Rest des Jahres in SUVs, schön. Es ist unser Leben und unser Planet. Solange wir gemeinsam und bewusst diesen Entschluss fassen, ist alles in Ordnung.
Natürlich können wir alles, was wir haben, auf den Kopf hauen, eine Riesenparty veranstalten, und dann Licht aus. Ich finde nur, wir sollten zumindest lange genug aus unserem Dämmerschlaf aufwachen, um uns bewusst dafür zu entscheiden. Und ja, es ist unsere Entscheidung. Nicht dieder Regierung oder des Big Business. Die Entscheidung liegt ganz allein bei uns.
Falls wir tatsächlich aufwachen, bezweifle ich allerdings, dass wir uns für die Party entscheiden. Mark Vonnegut, Kurt Vonneguts Sohn, wurde verrückt und landete in der Psychiatrie. Metaphorisch gesprochen, verließ er den Palast. Er musste aufwachen. Er musste sich ein paar schwierige Fragen stellen. Deshalb antwortete er, als sein Vater ihn fragte, wozu wir hier sind, nicht: um mit Jetskis und SUVs durch die Gegend zu flitzen. Sondern er sagte: »Wir sind hier, um uns gegenseitig zu helfen, das Ganze durchzustehen, was immer es auch sein mag.«
Es heißt, aus einer friedlichen Seele entsteht ein friedlicher Mensch. Aus einem friedlichen Menschen entsteht eine friedliche Familie. Aus einer friedlichen Familie entsteht ein friedliches Dorf. Aus einem friedlichen Dorf entsteht ein friedliches Land. Aus einem friedlichen Land entsteht eine friedliche Welt.
Was bedeutet das? Nun, wenn ich die Welt verändern will, muss ich als Erstes mich selbst verändern.
Es gibt übrigens eine ganze Schule moderner Umweltschützer, die die Rettung des Planeten nicht gern mit all diesen Fragen nach dem Sinn des Lebens verbinden wollen, zu denen ich offenbar von Natur aus neige. Sie meinen, das sei kontraproduktiv und würde die Leute eher davon abschrecken, ökologisch aktiv zu werden.
Außerdem glauben sie – und da stimme ich ihnen zu –, dass der menschliche Geist nach Ausdehnung und Erweiterung trachtet und dass alles, was nach Askese und Verzicht riecht, wie es bei der Öko-Bewegung der 1970er Jahre der Fall war, der menschlichen Natur widerstrebt. Sie ziehen es vor, genau wie ich, sich der Herausforderung zu
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