Alles über Elfen (German Edition)
ihre Zeit, und die Zeit der Elfen ist vorüber. Was bedeutet das für uns? Die etwas bedrückende Erkenntnis, dass auch wir Menschen eines Tages womöglich nur noch in den Mythen und Legenden jener Geschöpfe weiterexistieren, die uns nachfolgen werden, sobald unsere Zeit abgelaufen ist.
Ein weiterer mahnender Aspekt der Elfen ist der, dass einen selbst schier unvorstellbare Zaubermacht nicht davor feit, sich gleichsam der Arroganz der eigenen Macht hinzugeben und so die eigene Auslöschung herbeizuführen. Viele der Dinge, die uns in alten Geschichten über Elfen als wundersam und zauberhaft erscheinen, sind Teil unserer eigenen Alltagswelt geworden. Wir haben Türen, die sich von alleine öffnen und schließen. Wir können nahezu überall helle Lichter erstrahlen und fröhliche Musik erklingen lassen. Wir haben die technischen Möglichkeiten, an Orten zu leben, an denen menschliches Leben eigentlich nicht möglich ist. Wir können Krankheiten und Verletzungen heilen, die noch vor wenigen Generationen tödlich gewesen wären. Doch wir verfügen zugleich über die Mittel, unsere gesamte Art binnen kürzester Zeit vollständig auszurotten. Wir sind dazu gezwungen, darauf zu vertrauen, dass niemals jemand diese Mittel auch tatsächlich zum Einsatz bringen wird. Aber wenn selbst manche Elfen nicht weise genug waren, ihre eigene Hybris zu zügeln, was verheißt das dann für uns Menschen?
Und so sind die Elfen beides: Mahnung und Vorbild. Falls wir sie denn wirklich nur erträumt haben sollten, verkörpern sie nichts anderes als unser eigenes widerstreitendes Wesen. Wir alle hegen den Wunsch nach einem sorgenfreien Dasein in einer Gesellschaft, in der all unsere materiellen und emotionalen Bedürfnisse befriedigt werden. Und wir spüren alle zugleich die Furcht, dass dieser Wunsch niemals wahr werden könnte und am Ende doch alles vergänglich und damit auch von vornherein dem Untergang geweiht ist.
Eines sollten wir darüber jedoch nicht vergessen: Wenn es uns gelungen ist, solche Geschöpfe wie die Elfen zu erschaffen, was hält uns dann davon ab, die Träume, für die sie stehen, wahr werden zu lassen? Und noch viel wichtiger: Wer zieht die Grenzen zwischen Wirklichkeit und Traum, wenn nicht wir? [Plischke: Ich bin ganz gerührt. So viel echtes Gefühl hätte ich ihm gar nicht zugetraut. Christiansen: Für mich ist die tröstliche Aussage hier, dass die Spitzohren lange nicht so perfekt sind, wie nur zu gern behauptet wird. Ach ja, und natürlich, dass es sie womöglich gar nicht gibt. Das wäre natürlich die allertröstlichste Variante.]
Wachen und Träumen – Die Elfen als Hüter der Schwelle des Fassbaren
Eine durch und durch faszinierende Möglichkeit, um die Elfen und ihre besondere Sicht auf die Welt zu erklären, die an dieser Stelle noch dringend erörtert werden muss, ist folgende: Unter Umständen leben die Elfen nur in unseren Träumen.
Nun könnte man berechtigterweise fragen, wo da der Unterschied dazu liegt, dass Elfen nur Produkte der menschlichen Vorstellungskraft sind. Ich werde versuchen, das einmal auseinanderzuklamüsern. Die Idee hier ist, dass es Elfen gibt, aber ihre Heimat in einer Daseinsebene liegt, zu der wir Menschen in wachem Zustand niemals gelangen können. Nur im Schlaf – oder genauer gesagt – im Traum ist es uns möglich, in Kontakt mit den Elfen zu treten. Klingt ein wenig nach zu viel LSD, aber wir finden schon bei Altmeister Tolkien dezente Hinweise darauf, dass er diese Möglichkeit zumindest nicht ganz ausgeschlossen hat:
Der Hobbit Pippin kommt sich bei den Elfen nach eigenen Angaben vor wie in einem Wachtraum.
Einer seiner Halblingkollegen fühlt sich beim Lauschen des Elfengesangs immer mehr in einen traumartigen Zustand versetzt.
Und von einem weiteren Hobbit erfahren wir, dass er sich bei den Elfen die Augen reibt, als ob er sichergehen wolle, auch ganz wach zu sein.
Auch wenn wir uns bestimmte Teile unseres Wissens über Elfen und Träume vergegenwärtigen, tritt hier eine auffällige Verbindung zutage:
Erstbegegnungen mit Elfen finden häufig nachts statt – also zu jener Tageszeit, da die meisten Menschen eigentlich schlafen und es bisweilen etwas schwierig ist, zwischen Wachen und Träumen zu unterscheiden.
All die Dinge, die einem in einem Elfenreich sonderbar oder wundersam dünken, wären in einem Traum nichts wirklich Außergewöhnliches.
Das Gefühl eines großen Zeitverlusts nach einem Aufenthalt in einem Elfenreich ließe sich ebenfalls durch das
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