Alles über Elfen (German Edition)
Merkmale auf, an denen man sie leicht von einem außergewöhnlich attraktiven Menschen unterscheiden kann. Ihre blasse Haut ist so glatt und ebenmäßig, dass sie zum einen an gut gepflegte, gesund glänzende Fingernägel erinnert, zum anderen wirft sie weder an den Ellenbogen noch an den Knien erkennbar Falten. Zudem scheint manchen Diwata das Philtrum – das kleine Doppelfältchen auf der Oberlippe – zu fehlen.] Eine enge Verbundenheit zur Natur und insbesondere zu Wäldern im Allgemeinen und Bäumen im Speziellen, wobei sich die Diwata offenbar als Hüter der unberührten Wildnis verstehen? Selbstverständlich gibt es auch die. Ein ausgeprägtes magisches Talent, das auch gerne einmal dafür eingesetzt wird, diejenigen zu bestrafen, die es wagen, sich auf irgendeine Weise an der Natur zu vergehen? Freilich.
Eine interessante Parallele existiert zu den Apsara und Gandharva: Viele Diwata werden zwar traditionell als weiblich wahrgenommen, doch sie haben in einigen Mythen und Legenden gewissermaßen »Ehemänner«, die sie auf buchstäblich elementarer Ebene ergänzen: Die »Enkanto« oder auch »Engkanto« [Plischke: Ich finde die Parallele zum Encantado aus Südamerika hier eigentlich viel erstaunlicher. Gelegentlich wird auch die Gesamtheit der Diwata als Encantadas bezeichnet. Noch dazu tauchen ab und an männliche Diwata als abstoßende Monstren auf, wo wir dann wieder bei der althergebrachten Dualität zwischen Licht- und Schwarzalben wären.] genannten männlichen Diwata leben im Wasser und achten dort darauf, dass wir Menschen keinen Unfug anstellen.
So exotisch die Diwata uns erscheinen mögen, so sehr sind sie fester Bestandteil der philippinischen Populärkultur. [Christiansen: So exotisch sind sie übrigens nicht mehr, weil sie inzwischen auch den Sprung in die westliche Populärkultur geschafft haben – sie tauchten schließlich 2008 auch erstmals in einem Superheldencomic aus dem Hause Marvel auf. ] Sie tauchen in verschiedenen Fernsehserien auf (unter anderem auch in einer Sitcom), und in einer dieser Produktionen werden sie auch mit spitzen Ohren gezeigt, was sie gleich noch einmal ein ganzes Stück elfischer macht. In den meisten dieser Umsetzungen und Neuinterpretationen alter Mythen bewohnen die Diwata zudem ihr eigenes Reich, in dem es – und das dürfte nun kein allzu großer Schock sein – ungemein magisch zugeht.
Verwandtschaftsgrad mit den »klassischen« Elfen: Die Diwata sind ein hervorragendes Beispiel dafür, wie ein Fabelwesen, das den Elfen ohnehin sehr nahesteht, in einer auch medial globalisierten Welt immer mehr jenem Elfenbild angeglichen wird, das durch Tolkien weite Verbreitung gefunden hat. Dass dies bei den Diwata indes derart problemlos möglich ist, spricht letztlich nur dafür, dass die Ähnlichkeiten von vornherein sehr groß gewesen sind. Nur noch ein kurzes Beispiel, um diese These zu untermauern: Ähnlich wie laut Tolkien Liebesbeziehungen zwischen Elfen und Menschen oft unter keinem guten Stern stehen, besagt so mancher philippinische Aberglaube, dass Diwata sich zwar sehr wohl recht häufig in Menschen verlieben, aber dass derlei Geschichten in der Regel tragisch enden (wenn auch in diesem Fall eher für den Menschen als für den Elfen). Oder anders gesagt: Die Diwata sind definitiv sehr, sehr nahe Verwandte der Elfen.
Orang-Bunian
Verbreitungsgebiet: Malaiischer Archipel.
So wie auf den Philippinen der Glaube an die Diwata alles andere als ausgestorben ist, zweifeln viele Bewohner Indonesiens, Malaysias und Singapurs kaum an der Existenz der Orang-Bunian. [Christiansen: Hört sich verdächtig nach Orang-Utan an. Plischke: Ist in gewisser Hinsicht auch gar nicht so weit weg, und Kollege Wolf hat anscheinend auch die Schreibweise entsprechend angeglichen. »Orang-Utan« bedeutet übersetzt in etwa so viel wie Waldmensch. »Orang-Bunian« heißt ungefähr »versteckter Mensch« oder auch »pfeifender Mensch«. Letztere Deutung finde ich besonders spannend, da sie mir auf die melodiöse, nahezu musikalische Sprache zu verweisen scheint, die man den Elfen nachsagt.] Selbst für den interessierten Laien sind Berichte über Begegnungen mit Orang-Bunian relativ leicht aufzuspüren – faszinierenderweise stammen viele dieser Erzählungen jedoch nicht aus irgendeiner grauen Vorzeit, sondern sind höchstens gerade einmal ein paar Jahrzehnte alt.
Die Antwort auf die Frage, wo man denn nun genau auf Orang-Bunian stoßen kann, ist zugegebenermaßen etwas verwirrend.
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