Alles über Elfen (German Edition)
Ernährungsweise dürfte gerade Elfenhasser in Wallung versetzen, denn die Peris sättigen sich angeblich nur an Blütenduft. [Christiansen: Das ist ja noch eine Ecke schräger, als den Morgentau von Blumen zu lecken oder nur Löwenzahnsalat und ähnliche Grässlichkeiten zu verspeisen. Das ist ja so, als würde man behaupten, Zwerge würden sich mit Kohlenstaub und dem Funkeln von Gold und Edelsteinen ihren charakteristischen Ranzen anfressen.] Zu jener Zeit wird auch darauf verwiesen, dass die Peris in einer eigenen Welt leben – selbstverständlich eine magische, mit Städten aus Juwelen oder Ambra. [Christiansen: Wer würde denn in einer Stadt wohnen wollen, die aus vergammelten Klumpen eines Sekrets gebaut ist, das aus dem Magen-Darm-Trakt eines Pottwals stammt und mit dem die unverdaulichen Bestandteile der Nahrung, wie etwa Krakenschnäbel, umhüllt werden? Plischke: Die Legende entstand vermutlich zu einer Zeit, in der man noch nicht wusste, woher das Ambra eigentlich kommt. Und riechen tut es ja gut …]
Peris waren im vorvergangenen Jahrhundert ausreichend beliebt, um in gleich zwei bis heute nicht in Vergessenheit geratenen musikalischen Werken eine Titelrolle zu ergattern: Robert Schumanns Oratorium Das Paradies und die Peri von 1843 quillt wenig überraschend vor christlicher Spiritualität schier über. [Plischke: Die ganze Nummer beruht allerdings auf einem höfischen Roman von Thomas Moore namens Lalla Rookh aus dem Jahr 1817. Streng genommen ist es eine Sammlung von vier Versdichtungen, die durch eine Rahmenhandlung miteinander verknüpft sind. Selbige spielt am Hofe des Khanats von Buchara (grob gesprochen im heutigen Usbekistan). Wir haben ja bereits schon davon erfahren, dass Erzählungen aus dem Orient maßgeblich zum Elfenbild des 18. und 19.Jahrhunderts beigetragen haben.] Hier ist die Peri eine Fee, die das Ergebnis einer Tändelei zwischen einer Sterblichen und einem gefallenen Engel ist. [Christiansen: Entgegen vieler anderslautender Darstellungen gibt es eine ganze Menge Hinweise darauf, dass Engel unterhalb der Gürtellinie anatomisch wesentlich korrekter gebaut sind als eine Ken-Puppe. Plischke: Vielleicht sprießt dort aber auch erst etwas, sobald ein Engel fällt?] Die Peri versucht, Einlass ins Paradies zu erhalten, was ihr letzten Endes dadurch gelingt – Vorsicht Spoiler! –, den vor den Toren Wache haltenden Engel mit Tränen zu bestechen, die einem Verbrecher über die Wangen gekullert sind, welcher beim Anblick eines betenden Jungen gewissermaßen zurück zu Gott fand.
Etwas heiterer geht es vierzig Jahre später in der Oper Iolanthe; or The Peer and the Peri von Gilbert und Sullivan zu. Für Dramatik ist natürlich auch hier gesorgt: Es wird das Ihnen inzwischen hinlänglich bekannte Motiv aufgegriffen, wonach es für eine Elfe keine kluge Entscheidung ist, sich mit einem Menschen einzulassen – in diesem Fall ist es sogar ausdrücklich verboten, und dieses Gesetz gilt auch und insbesondere für die Titelheldin des Stücks, die Feenkönigin Iolanthe. Da sie dagegen verstößt, wird sie folgerichtig verstoßen, und die Handlung dreht sich im Wesentlichen dann darum, ob und wie sie es schaffen kann, in ihre alte Heimat zurückzukehren. Interessant ist hierbei, dass Iolanthe am Ende von mehreren Menschen begleitet wird, denen Feenflügel wachsen, als sie zu ihrem großen Aufzug aufbrechen – an winzige Elfen mit Schmetterlingsflügeln besteht in der Viktorianik kein Mangel, aber menschengroße Flatterlinge sind dann doch eher die Ausnahme.
Verwandtschaftsgrad mit den »klassischen« Elfen: An dieser Stelle scheint mir ein kurzes Zitat aus einem Damenkonversationslexikon von 1834 angebracht: »Sie sind elfenähnlich an Leichtigkeit und Lustigkeit, und doch sind sie hoch über die Elfennatur erhaben.« Das ist vielleicht ein bisschen dick aufgetragen, aber im Kern lässt sich dieser Behauptung nur schwer widersprechen.
Tennin
Verbreitung: Japan.
Die etymologische Wurzel des Namens dieser – ja, Sie ahnen es sicher schon – unfassbar liebreizenden Geschöpfe bedeutet ungefähr so viel wie »Botschafter des Himmels«. Der Umstand, dass sie sich offenbar nach Bedarf Schwingen wachsen lassen können, um sich nach getaner Botentätigkeit wieder in die Lüfte zu erheben, erinnert in vielem an Engel. Bevor man die Tennin allerdings allzu schnell dort einsortiert, sei darauf hingewiesen, dass auch die Elfen Europas früher oft in einer Rolle als Mittler zwischen Menschen und
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